Justiz

Prozess um Wurfattacke in Mannheim: So lief der erste Prozesstag

Prozessbeginn in Mannheim: Ein 19- und ein 20-Jähriger müssen sich wegen versuchten Mordes verantworten, weil sie Gegenstände auf Fahrzeuge geworfen haben sollen. Die Verteidiger kündigen ein weitgehendes Geständnis an

Von 
Jessica Scholich
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In der Untermühlaustraße in der Mannheimer Neckarstadt-West sollen zwei junge Männer Gegenstände auf vorbeifahrende Fahrzeuge geworfen haben. © Thomas Tröster

Mannheim. Als Slavi M. am Donnerstagmorgen den Gerichtssaal 1 des Mannheimer Landgerichts betritt, beginnt er zu weinen. Und auch den Angehörigen des 20-Jährigen kommen die Tränen, als sie ihn erblicken. Geknickt setzt er sich auf den Stuhl zwischen seine beiden Verteidiger. Er trägt einen schwarzen Pullover, seine dunklen Haare sind ordentlich nach hinten gekämmt. Nach ihm betritt Aleksi A. den Saal. Der 19-Jährige wirkt gefasst, lehnt sich im Stuhl zurück. Neben ihm nimmt eine Dolmetscherin Platz, die ihm das Gesagte der Verhandlung ins Bulgarische übersetzen wird, da seine Deutschkenntnisse „nicht gut“ seien, wie er erläutert.

Seit Sommer dieses Jahres befinden sich die beiden bulgarischen Staatsangehörigen in Untersuchungshaft. Sie sollen im Mai und Juli 2022 in sechs Fällen Gegenstände auf vorbeifahrende Fahrzeuge in der Mannheimer Untermühlaustraße geworfen haben. Nun hat der Prozess gegen die jungen Männer begonnen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen versuchten Mord vor.

Wurfattacke in Mannheim: Zettel mit Beleidigungen an Hantelscheibe

Laut Anklageschrift, die Staatsanwalt Peter Lintz zu Beginn des Prozesses verliest, sei neben einem Zimmermannshammer, einem Stein und einem unbekannten Gegenstand in drei Fällen eine zwei Kilogramm schwere Hantelscheibe geworfen worden. Bei einem Pkw sei diese in der Scheibe eingeschlagen, wodurch der Fahrzeugführer Kratzer im Gesicht und an der Hand sowie einen Schock erlitten habe.

In einem weiteren Fall sollen die mutmaßlichen Täter einen handgeschriebenen Zettel an der Hantelscheibe befestigt haben. Auf dieser hätten mehrere Beleidigungen gegenüber der Polizei sowie die Aussage „Die Polizei findet uns nicht, sie ist zu langsam“ gestanden. An den beschädigten Pkws sowie einem Lkw sei ein Gesamtschaden von rund 11 000 Euro entstanden.

Im Anschluss an die Anklageverlesung kündigen die beiden Verteidiger von Slavi M. sowie der Verteidiger von Aleksi A. an, dass ihre Mandanten „weitgehend geständig“ sein werden. Am ersten von insgesamt acht Prozesstagen wolle man sich jedoch nur zur Person, nicht zur Sache selbst äußern.

Sein Mandant M. sei sehr nervös, so Rechtsanwalt Martin Nitschmann. Darum möchte er lieber Fragen zu seinem Werdegang beantworten, als selbst zu erzählen. M. antwortet während der Befragung leise und in kurzen Sätzen.

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Nach eigenen Angaben ist Slavi M. in Bulgarien geboren und mit sieben Jahren gemeinsam mit seinen Eltern nach Deutschland gezogen. Mittlerweile lebten diese jedoch getrennt, der 20-Jährige habe bis zu seiner Festnahme am 5. Juli 2023 bei seiner Mutter in Mannheim gewohnt. „Zu meinem Vater habe ich aber regelmäßig Kontakt“, sagt M. Seit rund anderthalb Jahren sei der Angeklagte zudem in einer Beziehung. Im Frühjahr 2024 werde er Vater, erzählt er.

Während seiner Schulzeit habe er Klassen wiederholen müssen und zwei Mal die Schule gewechselt. 2022 habe er die Schule endgültig verlassen - ohne Abschluss. „Sie hatten keine Lust mehr, oder?“, fragt der Vorsitzende Richter Joachim Bock, und M. bejaht. Danach habe er nicht gearbeitet. „Meine Mutter hat mich immer unterstützt und mir Geld gegeben.“

Im Gegensatz zu M. sei der Hauptwohnsitz von Aleksi A. nicht in Deutschland, sondern in Bulgarien. Seine Mutter lebe und arbeite jedoch in Mannheim und er komme sie hier besuchen, übersetzt die Dolmetscherin A.s Ausführungen. Er sitzt weit nach vorne gebeugt, stützt sich mit seinen Armen auf den Knien ab. Bei seinen Antworten blickt er der Dolmetscherin in die Augen.

Hauptsachbearbeiter der Mannheimer Polizei gibt Einblicke in Ermittlungen

In Bulgarien habe er dieses Jahr die Schule abgeschlossen, führt der 19-Jährige weiter aus. Zwischendurch sei er ein Jahr lang nicht zur Schule gegangen, weil er gearbeitet habe. Nach der Trennung von seiner Freundin vor zwei Jahren habe er begonnen, Drogen zu konsumieren. „Ich habe alles eingenommen, was ich gefunden habe“, erklärt er.

Ein Hauptsachbearbeiter der Mannheimer Polizei klärt über das Ermittlungsverfahren auf: Die Polizei habe zunächst gegen drei andere Tatverdächtige ermittelt. Aufgrund von DNA-Spuren auf den geworfenen Gegenständen konnten diese jedoch als Täter ausgeschlossen werden, so der Polizist.

Im Januar 2023 hätten mehrere DNA-Treffer die Mannheimer Polizei schließlich auf die Spur der beiden Angeklagten gebracht. Slavi M. sei rund sechs Monate später in seiner Wohnung festgenommen worden. Da sich A. zu diesem Zeitpunkt nicht in Deutschland befand, wurde international nach ihm gefahndet.

Angeklagter Aleksi A. stellt sich Mannheimer Polizei

„Als ich in Bulgarien erfahren habe, dass ich gesucht werde, bin ich zurückgekommen, um mich zu stellen“, erklärt A. dazu. Seine Mutter habe die Polizei daraufhin über seinen Aufenthaltsort in Mannheim informiert, an dem man ihn am 18. August 2023 widerstandslos festnehmen konnte, bestätigt der Polizist.

Zur möglichen Strafe der beiden Angeklagten könne man aktuell noch keine Angaben machen, so Staatsanwalt Lintz. Im Jugendstrafrecht seien aber maximal zehn Jahre Freiheitsstrafe vorgesehen. „Dabei spielt auch der Erziehungsgedanke eine Rolle.“ Der nächste Verhandlungstag ist der 9. Januar 2024.

Redaktion

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