Mannheim. Es ist eine Demonstration, die wie eine Provokation wirkt. Zumindest wenn es nach Lutz Pauels geht. Als Vorsitzender der Werbegemeinschaft City vertritt er die Interessen vieler Händlerinnen und Händler sowie Gastronomien in den Mannheimer Quadraten. „Mit drei Weihnachtsmärkten hat Mannheim eine große Strahlkraft in der Region. Der Nutzungsmix aus Handel, Gastronomie und Events ist in dieser Zeit herausragend. Leider wollen bestimmte Gruppen diese Strahlkraft für sich nutzen und mit Demonstrationen die Weihnachtsatmosphäre stören.“, beklagt sich Pauels.
Was der Vorsitzende meint, ist der pro-palästinensische Demomarsch, der am Wochenende durch die Innenstadt gezogen ist. Doch nicht wie gewöhnlich am Samstagnachmittag, sondern am Freitagabend – am Black Friday. Einem Tag, der traditionell als Beginn der Weihnachtseinkaufsaison gilt und mit teilweise verlockenden Rabatten zum Einkaufen einladen soll. Ein Tag, der laut Pauels als Umsatzträger wichtig für den städtischen Handel sei. „Er ist nicht mehr so überragend wie am Anfang. Trotzdem gibt es Geschäfte, die länger offen haben. Da kommen viele Menschen in die Innenstadt“, erklärt der Vorsitzende.
Black Friday ist wichtig für den städtischen Handel in Mannheim
Unter dem Motto „Red Friday“ wollte die Gruppe Free Palestine während des Black Friday den Fokus auf den Nah-Ost-Konflikt legen. „While you are shopping, bombs are dropping“ (zu dt. Während du einkaufst, fallen woanders Bomben) lautete einer der zahlreichen Ausrufe, der auf die humanitäre Krise in Palästina und im Libanon aufmerksam machen sollte. Nach Angaben der Organisatorinnen und Organisatoren auf ihrer Instagram-Seite sind seit Beginn der Gewalt über 45 000 Zivilistinnen und Zivilisten ums Leben gekommen. Insbesondere die Blockade des Gazastreifens durch Israel sowie deutsche Waffenexporte stehen im Zentrum der Kritik.
Die Demonstration begann um 18 Uhr an der Alten Feuerwache und führte durch die Innenstadt. Laut Angaben der Polizei nahmen rund 200 Menschen an dem Marsch teil. Während der Demonstration kam es zeitweise zu Beeinträchtigungen im öffentlichen Nahverkehr. Die Polizei begleitete den Zug über die gesamte Zeit, um den Ablauf zu sichern.
Der Umstand, dass Free Palestine den Black Friday auserkoren hat, ist für Pauels „volle Absicht“. Und noch eine Sache stört ihn. „Es ist schon schlimm genug, dass die Demonstranten das Einkaufen stören und die Leute nicht mehr in die Gastronomie gehen“, sagt der Vorsitzende. Dass sich Free Palestine jetzt noch Weihnachten aussuche und die Weihnachtsmärkte störe, sei für Pauels ein Schuss über das Ziel hinaus.
Mannheims Handel beklagt sich nicht zum ersten Mal über pro-palästinensische Demos
In einer gemeinsamen Stellungnahme beklagen sich neben der Werbegemeinschaft City auch die Industrie- und Handelskammer Rhein-Neckar (IHK) sowie der Handelsverband Nordbaden über den Zeitpunkt der Demonstration. „Es ist völlig legitim, für seine politischen Ansichten und Forderungen zu werben – auch öffentlich. Es gilt aber auch, auf die legitimen Interessen der Innenstadtwirtschaft und der Besucher Rücksicht zu nehmen. Die Veranstalter müssen sich immer überlegen, ob sie mit ihren Aktionen ihren eigenen Anliegen schaden. Die Vorweihnachtszeit hat für viele Menschen eine große Bedeutung, was von allen respektiert werden sollte“, heißt es darin von Manfred Schnabel, Präsident der IHK Rhein-Neckar.
Auch der Vizepräsident des Handelsverbands Nordbaden Hendrik Hoffmann schlägt den gleichen Ton an. „Viele Innenstadtbetriebe hoffen in diesen wirtschaftlich herausfordernden Zeiten auf starke Umsätze im Weihnachtsgeschäft. Eine gesperrte Innenstadt und Demonstrationszüge halten Menschen indes davon ab, in die Innenstadt zu kommen. Die Einschränkungen für ÖPNV-Nutzer und Autofahrer waren erheblich“, so Hoffmann.
Tatsächlich ist am Freitagabend in der Innenstadt einiges los. Doch wirklich stören lassen sich die meisten Besucher und Passanten von der Demonstration nicht. Auf den Weihnachtsmärkten am Paradeplatz und am Wasserturm, an denen der Marsch vorbeiläuft, bekommen die meisten Menschen wenig vom pro-palästinensischen Trubel mit. Durch die Geräuschkulisse auf den Märkten ist wenig zu hören. Hier und da gibt es ein paar interessierte Blicke. Zwei ältere Frauen, die gerade am Essen sind, geben zu, dass sie sich ein wenig gestört fühlen. Ansonsten hört man wenige Beschwerden.
Bereits Mitte dieses Jahres beklagte sich Mannheims Handel über die zahlreichen pro-palästinensischen Demonstrationen. „Der Frust bei Händlern und Gastronomen, vor allem bei Besuchern ist riesengroß“, sagte damals Pauels, betonte aber, dass der Handel und er weder die Demonstrationen an sich politisch bewerten noch am Grundrecht auf Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit rütteln wollten.
Free Palestine weist Kritk an Demonstrationen zurück
Free Palestine wies Pauels‘ Kritik damals als schamlos, unverschämt und falsch zurück. Angesichts der Lage in Gaza sei es wichtig, sich auch in Mannheim „für Gerechtigkeit“ einzusetzen. „Die Bedeutung dieses Ziels steht in keinem Verhältnis zu ihrem ,Komfort’ und der vermeintlichen ,Frustration’ oder ,Vertreibung’ von Kunden“, teilte die Gruppe Mitte des Jahres auf Anfrage mit.
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