Mannheim. Nach einer Stunde sind bereits drei Autos sichergestellt, als am Karfreitag die Ermittlungsgruppe Poser der Verkehrspolizeiinspektion des Polizeipräsidiums Mannheim auf den Kapuzinerplanken Fahrzeuge kontrolliert. Gezielt haben es die Beamten auf die Wagen abgesehen, die der Tuner-Szene zuzuordnen sind - also Autos oder auch Motorräder, „die durch Technik und Optik aufgerüstet worden sind“, wie Einsatzleiter Ralf Mayer erklärt. Anders als bei den Posern, die „vor allem vor Frauen angeben wollen“, handele es sich bei Tunern eher um Technikbegeisterte.

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Während die Polizisten auf den Kapuzinerplanken die Wagen und Motorräder genau unter die Lupe nehmen, fahren zwei ihrer Kollegen in der Innenstadt mit dem Motorrad herum. Ihre Aufgabe: auffällige Fahrzeuge zur Kontrolle zu bringen. Eines davon ist ein Mercury Marquis von 1977. Der US-Schlitten ist ihnen vor allem durch seinen lauten Sound aufgefallen. Nach kurzer Zeit stellt sich der Grund heraus: Die Abgasanlage wurde manipuliert. Der Oldtimer wird sichergestellt und zur Verkehrspolizei in die Hochuferstraße gebracht. Dienstag wird die Zulassungsstelle entscheiden, wie es mit dem Wagen weitergeht.
Seit acht Jahren gibt es die Ermittlungsgruppe Poser bei der Verkehrspolizeiinspektion in Mannheim: „In dieser Zeit haben wir mehr als 700 Fahrzeuge sichergestellt“, berichtet der Einsatzleiter. Im vergangenen Jahr waren es 135. Aufgrund des kalten Wetters sind an diesem Karfreitag nicht so viele Tuner unterwegs wie in den Vorjahren.
„Car Friday“ als Saisonauftakt
Der Karfreitag wird in der Szene als „Car Friday“ bezeichnet und gilt als Auftakt zur neuen Saison. Daher nutzt die Polizei diesen Tag, um sich zu präsentieren und den Tunern zu verdeutlichen, dass die Beamten sie im Blick halten. So werden die Polizisten im Laufe des Tages nicht nur auf den Kapuzinerplanken zu finden sein, sondern etwa auch in Heidelberg und am Hockenheimring.
Jonas Poetsch ist mit seiner Harley-Davidson unterwegs, als er in die Kontrolle gerät. „Das ist das erste Mal, dass mir das passiert. Ich bin schon etwas nervös“, sagt er. Nach außen wirkt er hingegen ganz entspannt, wenn er sich mit Alexander Zorko unterhält, der sein Motorrad überprüft. Die Harley ist mit einem Auspuff von Dr. Jekill & Mr. Hyde ausgestattet. „Der Einbau ist erlaubt, die Nutzung im Straßenverkehr aber nicht, sondern nur auf der Rennstrecke“, erklärt Ralf Mayer. Die Anlage ist mit einem Schalter ausgestattet, der den Sound der Harley noch einmal um einige Dezibel erhöht - aufgrund der dann entstehenden Lärmbelästigung ist dies untersagt. Nach der kurzen Kontrolle kann sich Jonas Poetsch seinen Helm wieder aufsetzen und seine Fahrt fortsetzen.
Immer wieder blicken die Beamten in den Motorraum von Autos oder schauen unter der Karosserie nach. In der Hand immer auch den Fahrzeugschein des Wagens. Den Beamten ist dabei die Eintragung in den Feldern U1 und U2 wichtig. Dort steht, wie laut das Fahrzeug bei einer bestimmten Drehzahl sein darf. Mit einem Messgerät überprüfen sie die Lautstärke. Der Fahrer eines Audi A7 hat Glück. Während sein Wagen laut Fahrzeugschein 84 Dezibel laut sein darf, sind es bei der Messung 89 Dezibel. „Fünf Dezibel liegen in der Toleranz“, sagt Mayer. Aufgefallen war das Diesel-Fahrzeug, weil es klang wie ein Benziner.
Wenig später steht ein weiteres Fahrzeug genau wegen dieser Auffälligkeit am Straßenrand. Und in der Tat: Die Beamten finden ein Soundgerät, das den in der Szene wenig beliebten Diesel-Sound in das Geräusch eines V8 verwandelt. Da die Soundanlage über ein Steckmodul verfügt und nicht fest installiert ist, kann der Fahrer weiterfahren - vorausgesetzt natürlich er hat das Steckmodul zuvor entfernt.
Verständnis auf beiden Seiten
Einen Baseballschläger, den Stiel einer Axt und einen zentimeterdicken Stock hält ein Beamter in den Händen. Die Gegenstände hat er bei der Kontrolle im Kofferraum gefunden. Zu ihrer Sicherheit nehmen die Beamten Gegenstände dieser Art für die Zeit der Überprüfung an sich. Dass die Situation eskalieren könnte, ist an diesem Nachmittag angesichts der sich entwickelnden Fachgespräche über die Fahrzeuge nicht zu befürchten.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Poser in Mannheimer Innenstadt: Probleme nur verlagert?