Die Nummer 3 ist von außen ein etwas schmuckloser Flachbau im Hinterhof. Ebenerdig sind Garagen untergebracht – über einen Eingang und eine Treppe gelangen Mitarbeiter und Besucher in den ersten Stock. Hier in der Elisabethstraße in der Oststadt – in unmittelbarer Nähe zu Christuskirche und Wasserturm – hat die CDU Mannheim ihr Domizil. Und die Junge Union. Und Nikolas Löbel als Bundestagsabgeordneter. Und zwei seiner Firmen sind hier auch untergebracht: die Projektmanagement GmbH und die Löbel pr.event.marketing. Auf Schildern an der Eingangstür ist das so zu lesen.
Auf der Etage über den Garagen arbeiten neben Löbel – wenn er nicht gerade in Berlin als Bundestagsabgeordneter die Stadt Mannheim vertritt – sein persönlicher Referent, Stadtrat Thomas Hornung, sowie Kreisgeschäftsführerin Mareike Pilz. Wer dort noch arbeitet und wie groß eigentlich das vom CDU-Kreisverband angemietete Objekt ist, wollte Pilz dieser Redaktion „aus datenschutzrechtlichen Gründen“ nicht sagen.
In den vergangenen Wochen haben sich einige CDU-Mitglieder verstärkt gefragt, ob bei den Untervermietungen alles sauber abgelaufen sei. Nutzt die Projektmanagement GmbH von Nikolas Löbel tatsächlich ein eigenes Büro? Gibt es überhaupt Mietverträge? Wenn ja, zahlt der Bundestagsabgeordnete, Stadtrat und Kreisvorsitzende mit seinem Unternehmen überhaupt Geld an den CDU-Kreisverband, der die Räumlichkeiten 2016 angemietet hatte? Und ganz grundsätzlich: Ist es überhaupt geschickt von einem gewählten Volksvertreter, dass er Privates mit seiner politischen Arbeit räumlich derart stark vermischt?
Fotos nicht erlaubt
Manche der sehr erbosten Parteimitglieder beantragten beim Kreisverband deshalb unter anderem Einsicht in die Rechenschaftsberichte der Partei. In der Hoffnung, dass sie dort Antworten auf ihre Fragen finden. Löbels Antwort: Einsicht gibt es nur in der Geschäftsstelle – und nur unter Aufsicht. Fotografieren und das Anfertigen von Kopien sei nicht erlaubt. Er argumentiert damit berechtigterweise mit dem Parteirecht, das die Einsichtnahme von Parteimitgliedern in die Rechenschaftsberichte stark einschränkt.
Unter denjenigen, die in die Bücher schauen wollen, ist auch Löbels Vorgänger als Bundestagsabgeordneter in Berlin, Egon Jüttner. Er hat bisher noch keinen Termin für eine Einsichtnahme gehabt. Chris Rihm, Stadtrat und bis Montagabend einer von drei stellvertretenden Kreisvorsitzenden der Partei, hatte Ende September nach einem Termin gefragt und ihn für den 12. Oktober erhalten. Andreas Pitz, Beisitzer im Kreisvorstand, durfte ebenfalls am 12. Oktober Einsicht nehmen.
Auch die Redaktion hatte darum gebeten. Diesen Wunsch lehnte der Kreisverband ab.
Darüber hinaus schickte der „Mannheimer Morgen“ dem CDU-Kreisverband einen Katalog mit 17 Fragen zur Geschäftsstelle in der Elisabethstraße. Kreisgeschäftsführerin Mareike Pilz teilte daraufhin mit, dass die Räume der CDU-Kreisgeschäftsstelle Mannheim im Jahr 2016 auf Beschluss des CDU-Kreisvorstandes Mannheim angemietet worden seien. Eine Untervermietung durch den CDU-Kreisverband sei vertraglich möglich und werde seit 2016 praktiziert. Zur Zeit bestünden Mietverträge zur Untervermietung an folgende Untermieter: seit 2016 an die Junge Union Mannheim, seit 2017 an den Mannheimer Bundestagsabgeordneten Nikolas Löbel zur Einrichtung eines Wahlkreisbüros und seit 2019 an die Löbel Projektmanagement GmbH. Jeder Untermieter verfüge über separate Büroräume. Küche, Flur, Toilette und Besprechungsraum stünden zur gemeinschaftlichen Nutzung zur Verfügung.
Die am Hausschild angegebene Löbel pr.event.marketing gibt es laut Pilz nicht mehr. Bei Löbel pr.event.marketing handele es sich um ein seit 2013 bestehendes und angemeldetes Nebengewerbe von Nikolas Löbel, das nunmehr Teil der Löbel Projektmanagement GmbH sei. Den Raum für seine Projektmanagement GmbH nutze allein Löbel.
Monatliche Mietzahlungen werden laut Pilz seit Beginn der Mietverhältnisse an den Kreisverband geleistet. Dies könne anhand des Mietvertrags und von Kontobelegen dokumentiert werden. Die angefragte Einsicht wolle man dem „MM“ allerdings nicht gewähren.
Eine Sachkostenaufteilung sei ebenfalls geregelt. Dabei seien die einzelnen Büroräume räumlich sowie die digitale Infrastruktur technisch voneinander getrennt. Flur, Besprechungsraum, Küche und Toilette würden gemeinschaftlich, jedoch nicht zeitgleich genutzt.
Für das Wahlkreisbüro des Abgeordneten, für die CDU-Geschäftsstelle sowie für die Löbel Projektmanagement GmbH bestehen nach Angaben der Kreisgeschäftsführerin jeweils separate und voneinander getrennte Infrastrukturen in Form von Telefon und PC-Ausstattung (unter anderem Computer, Drucker, Kopierer). Die Kosten für Strom und Internet würden als Teil der Nebenkosten auf die Mieter umgelegt.
„Sollte man nicht machen“
Zuvor hatte Nikolas Löbel den Firmensitz seiner GmbH in seiner damaligen Privatwohnung angemeldet. Dort habe ein Mietvertrag zur Untervermietung zwischen der GmbH und Löbel für ein separat eingerichtetes Büro zur Heimarbeit bestanden. „Hierfür zahlte die GmbH eine monatliche Miete an Herrn Löbel. Diese Mieteinnahmen hat Herr Löbel ordnungsgemäß als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung in seiner persönlichen Steuererklärung aufgeführt und versteuert“, so Mareike Pilz.
Der renommierte Verfassungsrechtler und Parteienforscher Hans Herbert von Arnim (Speyer) beurteilt Zusammenlegungen von Partei und Abgeordneten generell kritisch. „Bei solchen Zusammenlegungen – und hier auch noch von dem Unternehmen des Abgeordneten – besteht immer die Möglichkeit und auch die Versuchung, Schmu zu machen“, sagt er, ohne den konkreten Fall in Mannheim genau bewerten zu können. Zum Beispiel, indem der Abgeordnete die Miete bezahle oder indem die Mitarbeiter des Abgeordneten direkte Parteiarbeit machten, „was sie nicht dürfen. Das wäre verdeckte Parteienfinanzierung.“
Sein Schluss: „Eine solche Zusammenlegung mit einer Firma sollte man nicht machen.“ Jedenfalls sei es für die politische Kultur immer sehr nachteilig, wenn Privat- und Parteiinteressen derart miteinander verwoben würden.
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