Mannheim. Absolut unstrittig, Christian Specht ist ein Mann. Das auch sprachlich zu verdeutlichen, scheint dem Christdemokraten wichtiger zu sein als seinem SPD-Vorgänger Peter Kurz. Denn aus der Geschäftsordnung für die Bezirksbeiräte soll die geschlechtsneutrale Formulierung „der/die Oberbürgermeister/in“ durchgängig gestrichen werden. Als Ersatz ist an insgesamt 13 Stellen „der Oberbürgermeister“ vorgesehen. Also eine Art antizyklisches Gendern. Doch an etwaigem Unmut darüber liegt es sicher nicht, dass Specht diese Beschlussvorlage im Gemeinderat nun schon zum zweiten Mal kurzfristig von der Tagesordnung genommen hat. Zur Begründung sagte das Stadtoberhaupt, erst müssten noch einige Missverständnisse ausgeräumt werden.
Öffentliche Kritik an den Änderungsplänen kam zunächst von den Grünen. Ihre „Bezirksbeirät:innen“ (da ist das Gendern obligatorisch) beklagen in einem offenen Brief an den Oberbürgermeister, der habe sie in seine Reformpläne überhaupt nicht eingebunden. Sie seien nicht mal vorab informiert, sondern durch die fertige Beschlussvorlage für den Gemeinderat quasi vor vollendete Tatsachen gestellt worden.
In dieses Horn stößt nun auch die SPD, die einen – nun ebenfalls vertagten – Änderungsantrag eingebracht hat. Eine derartige Reform an den Bezirksbeiräten als Betroffenen vorbei zu machen, sei ihm völlig unverständlich, sagt SPD-Fraktionschef Reinhold Götz dem „MM“. Ebenso, dass die Pläne zwei Mal einfach so auf die Tagesordnung gesetzt worden seien, ohne sie im Ältestenrat des Gemeinderats zu erläutern.
„Ohne Belang“, ob Sitzungen öffentlich sind oder nicht?
Auch inhaltlich sind sich die Grünen aus den Bezirksbeiräten und die SPD in ihrer Kritik weitgehend einig. Sie richtet sich vor allem gegen eine neue Befugnis des Oberbürgermeisters. Auf dessen Entscheidung hin soll künftig auf die Beratung eines Themas im betroffenen Stadtteil-Gremium verzichtet werden können, wenn dazu Anträge oder Anfragen aus dem Gemeinderat vorliegen und sich somit einer der Ausschüsse damit befassen wird. Hier ist nun die Befürchtung, dass auf diese Weise unliebsame Debatten im Bezirksbeirat unterbunden werden.
Kritisiert wird auch die geplante neue Formulierung in der Geschäftsordnung, dass es „nicht von Belang“ sei, ob es sich bei den mindestens drei Sitzungen der Bezirksbeiräte pro Jahr um öffentliche oder um nicht-öffentliche handele. Da fehle es an der notwendigen Transparenz der Beratungen.
Wie sinnvoll es sein kann, wenn sich sowohl Gemeinderatsausschüsse als auch der zuständige Bezirksbeirat mit einem Thema befassen, hat sich laut Götz bei den überarbeiteten Fahrbahn-Umbau im Speckweg gezeigt. CDU-Kollege Claudius Kranz hält jedoch auf Anfrage dagegen, natürlich gebe es dafür auch das eine oder andere positive Beispiel. Aber generell sei es schon sinnvoller, parallele Tätigkeiten zu vermeiden. Und an einigen Stellen schrieben die geplanten Änderungen ohnehin nur fest, was bereits gängige Praxis sei.
Grünen-Fraktionschefin Nina Wellenreuther sieht den Entwurf der neuen Geschäftsordnung ebenfalls nicht so negativ. Er sorge in einigen Punkten für klare Zuständigkeiten. Deutliche Kritik äußert sie aber an der unterbliebenen Einbindung der Bezirksbeiräte. Das missfällt auch Kranz, der sich ebenfalls eine vorherige Debatte im Ältestenrat oder im Hauptausschuss gewünscht hätte.
Spechts Sprecher kündigt jetzt Gespräche mit allen Beteiligten an
Nun soll alles nachgeholt werden. Spechts Sprecher teilt dem „MM“ mit, die Verwaltung werde „das Gespräch mit den Bezirksbeiräten und den Fraktionen suchen“, um Missverständnisse auszuräumen, Kritik sowie Verbesserungsvorschläge aufzugreifen und umzusetzen.
Gleichwohl klingt auch Unverständnis über den Unmut bei SPD und Grünen-Bezirksbeiräten an. Es handele sich nur um eine leichte Überarbeitung der Geschäftsordnung, die einen Überblick über die geltende Rechtslage schaffe und in Zweifelsfällen Orientierung biete, so Spechts Sprecher. Er betont auch, der Oberbürgermeister messe den Bezirksbeiräten eine sehr hohe Bedeutung bei. Seit seinem Amtsantritt arbeite er daher daran, sie bei ihrer Tätigkeit besser zu unterstützen.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Pläne für Mannheimer Bezirksbeiräte müssen besser erklärt werden