UMM

Pflegefestival in Mannheim: Interaktives Mitmachen erwünscht

Die Universitätsmedizin Mannheim (UMM) präsentiert auf ihrem Open-Air-Event „UMM-Denken“ die vielfältigen Möglichkeiten der Pflegeberufe.

Von 
Waltraud Kirsch-Mayer
Lesedauer: 
Die Pflegekräfte aus Neonatologie, Neurologie, Intensivpflege, Notaufnahme, Anästhesie gaben seltene Einblicke. © UMM

Mannheim. Ob „Neuronen Rave“, „Pressure Droppers“ oder „Heartbreakers“ – sie erweisen sich bei einem „Open-Air-Happening“ der besonderen Art als Hit. Die Universitätsmedizin Mannheim hat ihr fünftes Pflegefestival „UMM-Denken“ erstmals ins Freie verlegt. Vor dem schmiedeeisernen Pariser Tor stellen Fachteams an neun Zeltstationen die Vielseitigkeit ihrer Arbeit vor. Dazu laufen Filme.

Bereits erfahrene Fachkräfte haben sich so einiges einfallen lassen, um Auszubildenden, aber auch anderen jungen Interessierten die facettenreichen Einsatzgebiete in der medizinischen Pflege näherzubringen – interaktives Mitmachen erwünscht, wie Pflegedirektor Rayk Oemus-Diehl betont. Und so wird im Zelt der Stroke Unit als spezialisierte Schlaganfalleinheit ein blutroter Luftballon zu heißen Rhythmen zirkulierend von Hand zu Hand gereicht. Bis ein weißer Luftikus, Symbol für ein verstopfendes Gerinnsel, den Fluss des Lebens jäh unterbricht. „DJ Fast“ weiß natürlich, dass es nach dem Motto „Brain is time, Zeit ist Hirn“ gilt, entweder umgehend intravenös ein Medikament zu verabreichen, das den Blutpropf auflöst. Oder bei einem großen Gefäßverschluss einen Katheter-Eingriff über die Leiste vorzubereiten.

In dem Zelt der Intensiv-Anästhesie einige Meter entfernt demonstriert Beatrix Löhlein-Hejda an einer Hightech-Trainingspuppe, wie bei einem Kreislaufzusammenbruch eine künstliche Beatmung funktioniert: Solange dem intubierten „Gummi-Patienten“, dem eindrucksvoll Verletzungen aufgemalt wurden, genügend Luft zugeführt wird, blähen sich die sichtbaren Lungenflügel. Sie fallen freilich beängstigend in sich zusammen, sobald die Maschine abgestellt wird. „So verhält es sich auch in echt“, erklärt die Fachkraft.

Die Zeiten sind vorbei, als Pflege überwiegend weiblich war

An einem Tisch daneben müht sich eine junge Frau, einen Tubus in den Rachen einzuführen. Dass dies gar nicht so einfach ist, offenbart der schaurig eingerissene Mund des Übungskopfes. Einen „Escape Room“ hat schräg gegenüber die Intensivstation der Neurochirurgie eingerichtet. Üblicherweise gilt es in solcherart Abenteuer-Örtlichkeiten, nach entsprechenden Vorab-Infos irgendwelche Rätsel zu lösen. Das gilt auch hier. Beispielsweise soll herausgefunden werden, wie bei dem auf einem Tisch liegenden (Plastik-)Patienten der gefährlich hohe Druck im Kopf gesenkt werden kann. Wer am Ständer mit den vorbereiteten Infusionen statt zu den diversen Schmerzmitteln zur zuckerähnlichen Substanz Mannitol greift, entscheidet richtig: Weil damit Wasser aus dem Gehirngewebe in das Blut gezogen wird, wodurch sich das Hirnvolumen und damit der Druck im Schädel reduzieren.

Wer wollte, der durfte auch mal selbst zur Pflegefachperson werden: Dank Hightech-Puppen konnten die Besucherinnen und Besucher ganz direkte Eindrücke sammeln. © UMM

Zwischen Klinikum-Eingang und historischem Tor sind auch viele junge Männer zu sehen. Die Zeiten sind vorbei, als Pflege überwiegend weiblich war. „Bei uns auf der Intensiv ist das Verhältnis inzwischen ziemlich ausgeglichen“, kommentiert Beatrix Löhlein-Hejda. Auch diesmal hat die Pflegedienstleitung mit insgesamt 45 Akteuren das „Von Kopf bis Fuß“-Festival mit viel Herzblut organisiert, um den Berufsneulingen spannend, aber auch realistisch Anregungen für Hospitationen innerhalb der UMM zu geben – schließlich können nicht alle Stationen absolviert werden.

„Wir haben insbesondere Auszubildende eingeladen, die schon eine Weile dabei sind“, erläutert Anja Ternes, Bereichsleitung der anästhesiologischen Intensivstationen. Sie weiß, dass beim Pflegenachwuchs der Respekt vor technischen Arbeitsfeldern besonders groß ist. Und Maximilian Ruppert, Pflegerischer Departmentleiter Notfall und Intensiv, betont: „Natürlich wollen wir auch mögliche Berührungsängste abbauen und über Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten für Pflegende informieren.“ Beispielsweise gibt es am Klinikum ein einjähriges Traineeprogramm speziell für angehende Intensivpflegekräfte.

Thema ist auch, wie man ausgebildete Kräfte im Beruf halten kann

Als Star, jedenfalls bei Selfies mit dem Smartphone, erweist sich ein als Pfleger verkleidetes Skelett – lässig mit Zigarette im Mund und einem riesigen Mobilfunkgerät unterm knochigen Arm. „Oma wird staunen“, unkt eine Pflegeschülerin, die der Journalistin erzählt, sich besonders für die Kinderchirurgie zu interessieren. Auch wenn sie das Bild von der offenen Bauchdecke eines Neugeborenen „krass geschockt“ habe. „Aber das Faszinierende ist ja, dass man dagegen etwas tun kann.“

Bei dem Pflege-Festival geht es natürlich vor allem darum, dem Nachwuchs jene Bereiche zu präsentieren, die individuell besonders ansprechen: Ob nun die Erstversorgung in der Notaufnahme herausfordert oder mittels künstlicher Lunge, der ECMO-Methode, eine Atembrücke ins Leben aufrechterhalten wird. Als Thema bewegt freilich auch, ausgebildete Kräfte möglichst lange im Beruf zu halten. Schließlich ist die Aussteigerquote seit Jahren hoch. Hingegen lautet die Botschaft einer von der Hans-Böckler-Stiftung herausgegebenen Studie mit dem vielsagenden Titel „Ich pflege wieder, wenn …“: Bei verbesserten Arbeitsbedingungen könnte in Deutschland mit rund 300.000 zusätzlichen Vollzeitkräften gerechnet werden, die entweder in den erlernten Beruf zurückkehren oder die wegen starker Belastung reduzierte Arbeitszeit wieder aufstocken.

Freie Autorin

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen

VG WORT Zählmarke