Historisches

Peter Petersen muss Johanna Geissmar weichen

Den nationalsozialistisch vorbelasteten Reformpädagogen will kaum jemand als Namensgeber, aber Diskussionen gibt es im Vorfeld über die neue Benennung

Von 
Bertram Bähr
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Johanna Geissmar. © JGG

Seinen Namen hatte das 1972 gegründete „Gymnasium auf der Schönau“ 1975 von der Peter-Petersen-Hauptschule übernommen, deren Räume es nutzte. Aber besonders glücklich waren die Lehrer am „PPG“ eigentlich nie darüber. In den 1990er Jahren geriet der Reformpädagoge Petersen (1884-1952) dann verstärkt in die Kritik, da ihm antisemitische und rassistische Äußerungen nachgewiesen wurden.

Nachdem die braune Vergangenheit von Petersen bekannt geworden war, wurde lange Zeit zunächst recht theoretisch über einen neuen Namen diskutiert. Doch erst nachdem die NS-Vergangenheit des Pädagogen einer breiten Öffentlichkeit bekannt war, habe sich die Politik eingeschaltet, so der frühere Schulleiter Ingo Leichert vor neun Jahren. Sein Nachfolger Roland Haaß, 24 Jahre an der Schule und seit sechs Jahren der „Direx“, erinnert sich: Die Offenheit für eine Namensänderung sei immer groß gewesen.

Aber wer sollte Pate oder Patin werden? Insgesamt 32 Vorschläge standen im Raum, neben einer Ortsbezeichnung (etwa Gymnasium auf der Schönau) galten zwei Persönlichkeiten als Favoritinnen: Bertha Benz und Johanna Geissmar. Letztere hatte Geschichtslehrer Martin Geipel ins Spiel gebracht. Und konnte überzeugen. „Sie war geborene Mannheimerin und Opfer des Nationalsozialismus. Und sie steht für Menschlichkeit und Hilfsbereitschaft“, brachte es Ingo Leichert auf den Punkt. Offiziell änderte sich der Name der Schule Anfang 2014.

„Engel von Gurs“

Roland Haaß nennt gleich drei Gründe dafür, wie gut die Wahl zum Schulprofil passt: Geissmar war als Medizinerin naturwissenschaftlich geprägt, als Musikerin hochbegabt und in hohem Maße sozial engagiert. Die jüdische Kinderärztin wurde am 7. Dezember 1877 in Mannheim geboren und am 14. August 1942 in Auschwitz ermordet. Im Internierungslager von Gurs in Südfrankreich half sie ihren Mithäftlingen unter menschenunwürdigen Bedingungen, wurde zum „Engel von Gurs“. Die Möglichkeit, in die USA zu emigrieren, schlug sie aus, blieb freiwillig bei den bedrängten Menschen. Ihre Opferbereitschaft ging schließlich so weit, dass sie freiwillig ihre Patienten auf dem Transport ins KZ Auschwitz begleitete.

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