Handschuhe sind wichtig. Die streifen sich alle gleich über. Und sehr vorsichtig muss man sein. Aber sonst erntet man Kopfschütteln. Tote Körper anzufassen – warum soll das ein Problem sein? „Das ist doch normal, also, finde ich“, sagt Yannick (elf Jahre), und Hannah (zwölf) hat da „auch kein Problem mit!“, wie sie sagt. Schließlich sind sie Mitglieder der „Mumien-Arbeitsgemeinschaft“ des Ludwig-Frank-Gymnasiums, und die spielt eine besondere Rolle bei der neuen Mumien-Ausstellung der Reiss-Engelhorn-Museen.
Derzeit sieht im Zeughaus alles sehr nüchtern aus. Es brennt das, wie Direktor Wilfried Rosendahl sagt, gleichmäßig grelle „Putzlicht“. Überall stehen Kisten, Kartons, liegt Verpackungsmaterial herum, sieht man Vitrinen – teils leer, teils schon gefüllt und daher mit aufgeklebten Papierbahnen abgedunkelt. Nach und nach werden derzeit die Mumien angeliefert, die hier ab September zu sehen sind.
Besondere Kooperation
Mittendrin: die Schüler des Ludwig-Frank-Gymnasiums. Das Museum und die Schule verbindet eine „ganz hervorragende Kooperation“, lobt Rosendahl. Lehrerin Katy Oberländer dagegen dankt, wie entgegenkommend die Museumsleute die Fünf- und Sechstklässler informieren. „Sie haben uns sehr intensiv an den Vorbereitungen teilhaben lassen, über die wissenschaftliche Untersuchungen aufgeklärt, die Labore gezeigt“, so Oberländer. Nun sei es für die Schüler „spannend und faszinierend, so nah ’dran zu sein am Aufbau einer Ausstellung und dann sogar an einer Mumie!“
„Ich habe vorher noch nie eine Ausstellung gesehen, die gerade erst aufgebaut wird“, sagt daher auch Lennard (elf) stolz. „Voll gut und interessant“ sei daher der Museumsbesuch, bekräftigt Yannick wieder.
Schließlich bezieht Direktor Rosendahl sie auch intensiv ein. Mal zieht er da das Packpapier zur Seite, mal deckt er dort eine Kiste ab oder schließt eine Vitrine auf. Vorsichtig und mit Handschuhen dürfen die Kinder dann die Exponate anfassen und sie erfahren auch ausführlich deren Geschichte.
Mal ist es nur ein Abguss eines mumifizierten Dinosaurierfusses aus der Kreidezeit, mal auch eine Originalmumie oder zwei Moorleichen. „Schon toll, das sind Dinge, die vergessen sie für ihr Leben nicht mehr“, lobt Lehrerin Oberländer die Kooperation, während ihre Schüler 30 000 Jahre alte mumifizierte Mammuthaut in Händen halten. „Ist die eeeecht?“, gibt es anfangs Zweifel, aber Rosendahl bestätigt das nicht nur, sondern mahnt auch, vorsichtig damit umzugehen.
Dabei ist der Besuch der Schüler in der entstehenden Ausstellung kein Selbstzweck. Sie wollen, „dass auch andere Kinder mehr darüber erfahren, weil es spannend ist“, formuliert es Hannah. Damit sind gleich zwei konkrete Aufgaben verbunden. Für das Begleitprogramm der Ausstellung haben sie ein Kinderquiz erarbeitet, was eine Mumie ist, wie sie entsteht, worin der Unterschied zur Plastination besteht und warum auch noch heute – in trockenen und gut durchlüfteten Dachböden oder Kellern – mumifizierte Tierleichen entstehen können.
„Von Gleichaltrigen erarbeitet – die sind so nah dran, das ist perfekt“, freut sich Rosendahl. Und nicht allein die Reiss-Engelhorn-Museen setzen auf die Kooperation mit den Schülern des Ludwig-Frank-Gymnasiums, auch „Geolino“.
Für „Geolino“ aktiv
Da neben der Zeitschrift „Geo“ dessen Kindermagazin ebenso groß in die Berichterstattung über die Mannheimer Mumienforscher einsteigen will, hat die Redaktion das Thema mit den Schülern aufbereitet. „Die Kinder so einzubeziehen, machen wir zum ersten mal“, so Redakteur Lucas Riemer. Mumienforschung sei aber „für Kinder und Erwachsene ein gleichermaßen spannendes Thema“ und anhand der Ausstellung in Mannheim „sehr greifbar zu vermitteln“. Dazu seien die Schüler „gut aufgeschlossen und sehr aktiv“ gewesen: „Die waren echt gut dabei!“, lobt Lucas Riemer von „Geolino“.
Info: Fotostrecke und Dossier unter morgenweb.de/rem
Die Ausstellung
- Die neue Ausstellung „Mumien – Geheimnisse des Lebens“ findet vom 16. September bis 31. März 2019 im Museum Zeughaus der Reiss-Engelhorn-Museen statt.
- Sie knüpft an die erste Mannheimer Ausstellung zu dem Thema, die 2007/08 200 000 Besucher angelockt hatte und dann auf Welttournee zu acht Stationen in den USA sowie zehn weiteren Orten in ganz Deutschland, Italien, Luxemburg, den Niederlanden, in Ungarn und der Schweiz ging, wo zusammen drei Millionen Besucher gezählt wurden.
- Sie präsentiert zahlreiche weitere Exponaten und viele neue wissenschaftliche Erkenntnisse.
- Gruppenführungen kann man schon jetzt im Infobüro unter Telefon 0621/293-3771 buchen. pwr
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