Mannheim. Anfangs war noch von 2020, dann von Frühjahr 2022 die Rede, sogar noch im Mai vom 15. September. Aber nun ist klar, dass sich dieser Termin nicht halten lässt. Das NS-Dokumentationszentrum im Marchivum im Ochsenpferchbunker wird, wie jetzt Marchivum-Direktor Ulrich Nieß bestätigt, erst Anfang Dezember eröffnet. Vom 2. bis 4. Dezember ist ein Eröffnungswochenende mit freiem Eintritt geplant.
Als 2014 der Gemeinderat entschied, das damalige Stadtarchiv im Ochsenpferchbunker anzusiedeln, wertete er es gleichzeitig mit einem neuen Namen und neuen Aufgaben auf. Mit dem Titel Marchivum sollte es zu einem Erlebnis- und Forschungsort der Stadtgeschichte werden. Als das Archiv 2018 dann Büros, Lesesäle und Depots bezog, blieben zwei Etagen hinter den dicken Betonwänden komplett leer – bewusst. Im Erdgeschoss wurde im November 2021 die Stadtgeschichtliche Ausstellung eröffnet, während im ersten Obergeschoss das Dokumentationszentrum über die Zeit des Nationalsozialismus entsteht.
Mehrere geplante Fertigstellungstermine ließen sich aber nicht halten – wegen der Probleme, die es derzeit auf vielen Baustellen gibt: Kostensteigerungen und Materialmangel beziehungsweise Lieferprobleme. Zusätzliche Mittel in Höhe von 800 000 Euro hat der Kulturausschuss bereits im Mai bewilligt. Ein Großteil wird aber durch Spenden aus dem Freundeskreis Marchivum und vor allem durch 687 000 Euro der Alfred Landecker Foundation, gegründet von den Erben der früheren Inhaber der Firma Joh. A. Benckiser, abgedeckt.
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Modern und multimedial
Was dem Marchivum aber nach wie vor sehr zu schaffen macht, sind die fehlenden Halbleiter und andere Teile für Projektoren, denn das NS Dokumentationszentrum soll – wie schon die Stadtgeschichtliche Ausstellung in vorbildlicher Weise – auf modernstem Niveau multimedial und interaktiv gestaltet werden. Das Konzept haben Nieß und sein Team mit der Berliner Arbeitsgemeinschaft Tatwerk/finke.media sowie dem kanadischen Medienspezialisten Stacey Spiegel als Creative Director von PWL erarbeitet.
„Was hat das mit mir zu tun?“ lautet das Motto der Ausstellung. Sie soll auf einer Fläche von etwa 600 Quadratmetern zeigen, was passiert, wenn eine Demokratie durch eine Diktatur abgelöst wird, wie sich aufkommender Extremismus und Fanatismus auswirken. Dabei umspannt die Ausstellung den Zeitraum von der Weimarer Republik 1918 zur Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 über den Zweiten Weltkrieg und seine katastrophalen Folgen für Mannheim bis hinein in die Gegenwart. Lebensschicksale von Opfern wie auch Tätern sollen eine große Rolle spielen, wobei Besucher an besonderen Recherchestationen die Biografien von Verfolgten und Tätern der NS-Diktatur erkunden können. Widerstandsgruppen in Mannheim spielen ebenso eine große Rolle wie die Judenverfolgung.
Ein Raum erzählt die Geschichte des Ochsenpferchbunkers für bis zu 7500 Menschen von seiner Entstehung 1940 bis 1943 mit Hilfe von Zwangsarbeitern bis zur Nachkriegszeit, als er zunächst als Ersatz für durch Bombardierung verlorenen Wohnraum herhalten musste und später infolge des Kalten Kriegs zum ABC-Bunker ausgebaut wurde. Schon seit 2008 diente er dem damaligen Stadtarchiv als Außendepot.
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