Immobilien

Nikolas Löbel: „Ich mache Fehler und manchmal bin ich etwas ungeschickt“

Von 
Stefan Proetel und Karsten Kammholz
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„14 Euro kalt ist viel“: Nikolas Löbel über Mietpreise in seinem Haus in der Neckarstadt-Ost. © Christoph Bluethner

Im zweiten Teil unseres Interviews weist Nikolas Löbel eine Einflussnahme bei der GBG von sich, zeigt aber auch Verständnis, wenn Menschen ihn und sein Handeln kritisch sehen. Und er sagt, welchem Stadtteil er gerne auf die Sprünge helfen möchte.

>> Nikolas Löbel im Interview (Teil I): "Die GBG macht es ja auch"

Weder Gäste- noch Drehscheibenwohnungen der GBG sollen dauerhaft vermietet werden. Ihnen muss doch klar gewesen sein, dass Sie mit einer Dauervermietung entweder GBG-Mietern eine Wohnung wegnehmen oder Gästen, die sich für eine Kurzzeitvermietung in Mannheim interessieren.

Löbel: Das ist eine Frage für die GBG. Mein ehemaliger Mieter bringt jedoch alle persönlichen Rahmenbedingungen mit, um eine sozial geförderte Wohnung beziehen zu können. Und die GBG bietet tausende solcher Wohnungen an. Dann fragt man ganz bewusst – und vielleicht auch etwas naiv – bei der GBG an, ob eine Dauervermietung an diesen Mieter möglich sei. Die Antwort, das sei grundsätzlich unter Einhaltung der Vorschriften möglich, habe ich weitergegeben.

Wir haben es noch nicht so ganz verstanden. Sie wussten nicht, dass die Drehscheiben- und Gästewohnungen auf Zeit sind?

Löbel: Natürlich wusste ich das. Ich habe schließlich nur ein befristetes Mietverhältnis abgeschlossen, zunächst bis zum 31. Mai 2020, nach Verlängerung bis 31. Oktober 2020.

Sie wurden nicht stutzig, als Sie plötzlich feststellten, dass die dauerhafte Vermietung doch geht?

Löbel: Nein, wurde ich nicht. Ich weiß aber nicht, ob die Aussage „dauerhaft“ ausschließlich auf diese Wohnung bezogen war.

Aber das Angebot war ja schon sehr konkret: mit Angabe der Größe und des Mietzins.

Löbel: Die Angaben waren so konkret, wie sie sein mussten.

Ihr Rechtsanwalt Claudius Kranz schrieb an die Anwältin Ihres Mieters, dass der Mann sich in der Wohnung auch auf Dauer dort wohlfühle und Sie deshalb davon ausgehen, dass er in der Wohnung bleiben wolle. Das heißt doch, dass Sie gar nicht vorhatten, den Mieter in einer anderen Wohnung unterzubringen.

Löbel: Vielleicht hätte die GBG ihm auch eine andere Wohnung angeboten. Das weiß ich nicht. Ob Drehscheiben- oder dauerhafte Wohnung: Es gab diese grundsätzliche Aussage, und mit den vorliegenden Informationen hätte sich der Mieter bei der GBG bewerben können.

Wir bitten um Nachsicht, dass wir wirklich versuchen, es zu verstehen. Es geht ja auch darum, dass es für die Bürger verständlich ist.

Löbel: Es steht außer Frage, dass Sie es verstehen wollen und dass die Öffentlichkeit ein Anrecht hat zu verstehen, um was es geht. Ich kann nur wiederholen: Es gab kein Fehlverhalten und erst Recht keine Einflussnahme an irgendeiner Stelle.

Sie hatten bei der dauerhaften Anmietung der GBG-Wohnung nie den Eindruck, das könnte ihnen mal auf die Füße fallen?

Löbel: Nein, weil ich auf eine formlose telefonische Anfrage eine Antwort bekommen habe. Bei Interesse des Mieters hätte er ein normales Wohnungsgesuch bei der GBG gestartet, in der bestehenden Wohnung oder im Bestand.

Wie bewerten Sie, dass die GBG jetzt einiges in Bewegung setzt, um den Vorgang zu untersuchen?

Löbel: Die gleichen Personen, die seit Wochen eine politisch motivierte Kampagne im Internet gegen mich fahren, vor allem Herr Fontagnier und Herr Trüper, sitzen im GBG-Aufsichtsrat. Da kann ich mir schon vorstellen, dass diese Personen mit Nachdruck beim Geschäftsführer nachgefragt und Aufklärung gefordert haben. Sonst geht denen der Stoff für ihre Kampagne aus. Aber Herr Frings darf nach außen nicht so tun, als ob ich mir etwas zu Schulden hätte kommen lassen. Ich erwarte außerdem von einem Geschäftsführer, dass er sich zunächst einmal vor seine Mitarbeiter stellt und diese nicht öffentlich beschuldigt.

Haben Sie denn bei dem Thema Mietpreise irgendwann mal das Gefühl gehabt, das könnte in der Stadt für Diskussionen sorgen?

Löbel: Ich bin sensibel genug zu wissen: 14 Euro kalt ist viel. Dennoch werbe ich um Verständnis. Ich kann mich über die wirtschaftliche Realität auch nicht hinwegsetzen. Man muss, wenn man ein solches Haus mit Hilfe eines Darlehens erwirbt, einer Bank nachweisen, dass sich ein solches Objekt aus sich heraus trägt. Kaufen, Sanieren, Vermieten. Das ist der Prozess. Wenn Kauf und Sanierung teuer waren, kann ich nicht so günstig vermieten wie andere.

Die Frage war, ob Sie Diskussionen einkalkuliert hatten.

Löbel: Mir war bewusst, dass ich kritisiert werden würde. Deshalb versuche ich ja, den Mietpreis zu rechtfertigen.

Und bei den Kurzzeitvermietungen?

Löbel: Wohnen auf Zeit ist auch Wohnen.

Im Wahlkampf 2017 forderten Sie auf Plakaten unter anderem „mehr und bezahlbaren“ Wohnraum. Das widerspricht der Tatsache, dass Sie Gästen, die in Mannheim drei, vier Tage verbringen wollen, ein Angebot machen. Nicht die Mannheimer profitieren also, sondern andere.

Löbel: Nicht ich vermiete über Airbnb, sondern ich habe an eine Firma vermietet, die Wohnungen möbliert und weitervermietet. Dafür bekomme ich 13 und 14 Euro kalt pro Quadratmeter.

Warum ist es zwingend notwendig, Kurzzeitvermietungen anzubieten? Wenn Sie als Mandatsträger für diese Stadt auch eine Verantwortung dafür mit übernehmen wollen, dass es hier viel Wohnraum gibt und Sie sehenden Auges Wohnraum der klassischen Mannheimer Familie vorenthalten, verursachen Sie automatisch eine Debatte.

Löbel: Ich verstehe Ihr Argument. Natürlich ist mir bewusst, dass sich nicht jeder einen Mietpreis von 14 Euro pro Quadratmeter kalt leisten kann. Wenn dann jemand kommt, der gleich vier Wohnungen anmieten will, dann ist das ein gutes Angebot.

Nachvollziehbar. Gleichzeitig klingt es aber auch so, als sei die Bank ein Stück weit Mitschuld, dass Sie nicht anders vorgehen können.

Löbel: Eine Bank hat keine Schuld. Das ist die Marktsituation. Ich selbst habe nach dem Kauf einen Sachverständigen damit beauftragt, ein Verkehrsgutachten über mein Haus zu erstellen. Der Gutachter hat herausgefunden, dass ich zu teuer gekauft habe. Das hatte ich beim Kauf schon geahnt. Dennoch habe ich mich für den Kauf entschieden. Ich bin einfach nur mit den aktuellen Marktbedingungen konfrontiert wie alle.

Sie hätten ja damals in einem anderen Stadtteil etwas kaufen können, kein Baudenkmal daraus machen müssen, dadurch etwas günstiger sanieren und damit auch vermieten können. Sie hätten so vielleicht mehr Wohnraum geschaffen. Kam das nicht in Frage?

Löbel: Ich habe das Objekt privat von einem Makler angeboten bekommen. Ich bin kein Spekulant. Ich war froh, überhaupt ein solches Angebot zu bekommen. Auch habe ich kein Baudenkmal daraus gemacht – es war ja schon eines.

Wäre die Immobilie auf der Rheinau oder auf der Schönau gewesen, hätten Sie es dann auch gemacht?

Löbel: Ich habe mir vieles angeschaut, was ich in Mannheim tragfähig und attraktiv finde.

In Ihren Posts und Aussagen wird keine Erkenntnis bei Ihnen deutlich. Es seien die Journalisten Schuld, es gebe eine Kampagne von Links, es gebe möglicherweise ein Führungsversagen bei der GBG. Sagen Sie wirklich, Sie haben alles richtig gemacht?

Löbel: Das habe ich noch nie im Leben gesagt.

Aber es klingt so.

Löbel: Natürlich mache ich Fehler und manchmal bin ich etwas ungeschickt. Und natürlich ist Kritik gerechtfertigt und natürlich beschäftigt mich das, was Bürgerinnen und Bürger von ihrem Bundestagsabgeordneten denken. Aber ich versuche, offen und transparent zu sagen, warum ich das so mache. Die Kritik ist mir alles andere als egal. Sie geht mir auch sehr nah.

Welche weiteren Immobilienprojekte haben Sie geplant? Und haben Sie in der Vergangenheit schon andere Wohnungen oder Häuser gekauft, die Sie renovieren lassen?

Löbel: Das war meine erste Immobilie, die ich gekauft habe. Ich lebe hier, das ist meine Stadt, deshalb habe ich mich entschieden, hier zu kaufen.

Haben Sie etwas in Planung?

Löbel: Nein, aber ich würde wieder investieren, wenn das Angebot stimmt.

Ist es richtig, dass Sie bei Mietern in anderen Häusern geklingelt haben und nach ihrem Vermieter gefragt haben?

Löbel: (lacht). Ich habe mir natürlich schon mehrere Immobilien angeschaut und war bei Besichtigungen auch schon mit Eigentümern oder Maklern in Objekten zur Besichtigung. Bestimmt habe ich dann auch schon mal geklingelt.

Herr Löbel, wie schafft man in einer Stadt wie Mannheim mehr und bezahlbaren Wohnraum?

Löbel: Nicht durch Mietpreisbremse und Mietendeckel. Die sorgen vielleicht dafür, dass bestehender Wohnraum nicht noch teurer wird, aber sie schaffen nicht mehr bezahlbaren Wohnraum.

Sondern?

Löbel: Wir haben etwa 167 000 Wohnungen in der Stadt. Von 2011 bis 2019 ist der Bestand um 3,2 Prozent gewachsen. Letztes Jahr sind 670 neue Wohnungen dazu gekommen, der Bedarf ist aber um ein Vielfaches höher. Das zeigt, dass wir restriktiv den bestehenden Wohnraum beschränken, aber keine Anreize schaffen, neuen zu schaffen. Gemeinsam mit der CDU-Gemeinderatsfraktion habe ich Ideen eingebracht und diese beantragt, aber dafür leider nie politische Mehrheiten gefunden. Wir wollen neue Baugebiete ausweisen, untergenutzte Gewerbegebiete wie das Wohlgelegen dafür umwidmen. Das ist wohl einer der Stadtteile, der am meisten von der Bundesgartenschau 2023 profitieren wird. Warum geben wir ihm nicht eine neue Zukunft? Oder das Mühlfeld: Wir sollten dort, wo die DHBW ist, neues Planungsrecht schaffen, um tatsächlich einen Bildungscampus mit Wohnen zu ermöglichen. Die DHBW hätte dort gerne studentisches Wohnen. Dafür gab es keine Mehrheit. Friedrichsfeld und Seckenheim sind ja durch das Mühlfeld quasi vom Rest der Stadt abgeschnitten. Wir haben gefordert, Dachböden auszubauen, Anreize zur Nachverdichtung zu setzen. Auch dafür gab es keine Mehrheit. Wir müssen mehr Wohnraum schaffen, damit es günstiger wird. Nur wenn man das Angebot erhöht, sinkt der Preis.

Warum tut sich nichts?

Löbel: Weil wir eine Mehrheit im Gemeinderat haben, die glaubt, wenn man Mieten festschreibt, dann entsteht mehr bezahlbarer Wohnraum. Wir leben aber immer noch in einer sozialen Marktwirtschaft, Angebot und Nachfrage regeln den Preis. Wir haben noch ein paar Stellschrauben in der Stadt. Ich habe überhaupt nichts gegen die Existenz eines Gestaltungsbeirats. Aber dass dieser jetzt bei beinahe jedem Neubauvorhaben mitredet und dadurch auch Kostensteigerungen entstehen, das macht Bauen und damit Wohnen in Mannheim nicht günstiger.

Gibt es Städte in der Rhein-Neckar-Region mit vorbildlicher Wohnungspolitik?

Löbel: Das ist nicht nur ein Mannheimer Problem. Bundespolitisch ist es so: Wir brauchen jährlich 400 000 neue Wohnungen, bauen aber nur 280 000. Wir haben bundespolitisch, auch wir als CDU, lange nicht erkannt, dass wir die steuerliche Abschreibung auf Investitionen in den Mietwohnungsneubau erhöhen müssen und dass die Abkehr von der Förderung für mehr sozialen Wohnraum ein Fehler war. Wir brauchen mehr Wohnraum für die breite Mitte der Gesellschaft mit normalem Durchschnittseinkommen. Bund und Land haben dafür zu lange zu wenig Fördermittel bereitgestellt.

Einfluss auf die Fördermittel vom Bund können Sie selber nehmen.

Löbel: Ja. Wir haben das im Koalitionsvertrag niedergeschrieben. Was ich gern noch hätte: Dass wir die jährliche Abschreibung, die AFA (Absetzung für Abnutzung, die Red.), von 2 beziehungsweise 2,5 Prozent auf dann 2,5 oder 3 Prozent erhöhen. Dadurch könnten wir die richtigen Anreize setzen, damit Private mehr in Mietwohnungsbau investieren.

Die Kaufnebenkosten schrecken auch viele ab.

Löbel: Da haben wir ja schon was getan. Wir handeln differenziert. Ab dem 1. Januar 2021 werden die Maklerkosten für Ein- und Zwei-Familienhäuser zur Hälfte auf Käufer und Verkäufer aufgeteilt. Ich würde mir zudem wünschen, dass wir die Grunderwerbssteuer wieder senken.

Braucht es einen bundeseinheitlichen Satz?

Löbel: Wir rufen immer, wenn es zu teuer ist, nach einheitlichen Regelungen. Günstiger wird es durch mehr Einheitlichkeit aber nicht. Deshalb: In Baden-Württemberg wieder runter von den 5 Prozent!

Notarkosten?

Löbel: Das Notarwesen haben wir ja schon verändert.

Das ist ja ehrlicherweise der verrückteste Betrag.

Löbel: Ja. Für eine Stunde Vorlesen ziemlich teuer.

Wenn überhaupt.

Löbel: Wir müssen bundespolitisch endlich schlüssig handeln. Aber wir haben schon noch ein paar Stellschrauben in der Stadt. Ich habe überhaupt nichts gegen die Existenz eines Gestaltungsbeirats. Aber dass dieser jetzt bei beinahe jedem Neubauvorhaben mitredet und dadurch auch Kostensteigerungen entstehen, das macht Bauen und damit Wohnen in Mannheim nicht günstiger.

Der Bundestagsabgeordnete Nikolas Löbel

  • Nikolas Löbel wurde am 17. Mai 1986 in Mannheim geboren.
  • Abitur am Lessing-Gymnasium, danach Jura-Studium.
  • 2014: Bachelor of Arts (B.A.), Betriebswirtschaft (Business Administration am Steinbeis Center of Management & Technology der Steinbeis Hochschule Berlin).
  • 2019: Master of Science (M.Sc.) der Fakultät für Wirtschaftswissenschaft (Fernuni Hagen).
  • Seit 2015: geschäftsführender Gesellschafter bei der Löbel Projektmanagement GmbH, von 2017 bis 2019 bei der Immosites Projektentwicklung GmbH.
  • 2014 wird Löbel Kreisvorsitzender der CDU Mannheim, 2017 stellvertretender Vorsitzender der Gemeinderatsfraktion und direkt in den Bundestag gewählt.
  • Er ist dort ordentliches Mitglied im Auswärtigen Ausschuss und im Unterausschuss Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung sowie stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Kultur und Medien.
  • Löbel steht in der Diskussion um seine Immobilie und um die beste Wohnungspolitik in Mannheim Rede und Antwort: Am Donnerstag, 17. September, telefonisch in seinem Berliner Büro von 15 bis 17 Uhr (030/22 77 50 85). Am Samstag, 19. September, 10 bis 12 Uhr, auf dem Lindenhof-Markt (Meeräckerplatz). stp

Ehemalige Mitarbeit Ressortleiter Lokales/Regionales und Mitglied der Chefredaktion

Ehemalige Mitarbeit ehem. Chefredakteur

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