Mannheim. „Ich habe sofort Ja gesagt“, blickt Merve Uslu-Ersoy zurück. Über die Anfrage, den Mannheimer Neujahrsempfang 2025 zu moderieren, hat die in Mannheim geborene Filmemacherin nicht nachdenken müssen. Als Konterpart und zweite Moderatorin steht ihr eine prominente Sportlerin zur Seite: Yemisi Ogunleye, Olympiasiegerin im Kugelstoßen.
Dass der Neujahrsempfang von zwei Frauen moderiert wird, ist in Mannheim eine Premiere. Die Stadt zeigt mit den beiden Moderatorinnen als Flaggschiff, dass sie bei den Themen Sport und Integration punkten möchte. Mit Yemisi Ogunleye und Merve Uslu-Ersoy fiel die Wahl auf zwei junge Frauen, die mit ihrer Persönlichkeit besonders auffielen. Auf konkrete Moderationserfahrung können sie dagegen bisher nur wenig zurückgreifen.
Im Team werden die beiden durch das Programm des ganztägigen Bürgerfestes am Montag, 6. Januar, führen, wenn die Stadt Mannheim ihre Bürger traditionell in den Rosengarten lädt. „Yemisi Ogunleye hat mit ihrer charismatischen Art das Publikum begeistert“, erklärt der Pressesprecher der Stadt, Dirk Schuhmann, nach welchen Kriterien die Stadt die Moderation auswählte. „Sie ist eine hervorragende Botschafterin für die Sportstadt Mannheim.“
Oberbürgermeister wünschte sich Beteiligung beider Frauen
Freut sich die Olympiasiegerin bereits auf ihre Rolle? „Es ist für mich eine Ehre für Mannheim“, lässt Ogunleye dem „MM“ über ihr Management ausrichten. „Natürlich haben wir anfänglich Bedenken, aber Yemisi hat sich dann positiv darüber geäußert“, ergänzt Manager Michael Manke-Reimers.
Seit Ogunleye in der Öffentlichkeit steht, hat sie viele Interviews auf Improvisations-Basis beantwortet. Auch dank einer Keynote-Speech bei der AOK Stuttgart-Böblingen über Nachhaltigkeit traue sich die Sportlerin die Aufgabe zu, so Manke-Reimers. Weiter zitiert er die Sportlerin: „Respekt ist natürlich vorhanden.“ Für einen Selbstläufer hält es Ogunleye demnach nicht, die Veranstaltung vor tausenden Gästen gut über die Bühne zu bekommen.
Identität und Engagement im Mittelpunkt
„Christian Specht hat es uns gegenüber als seinen persönlichen Wunsch geäußert, die Olympiasiegerin Yemisi Ogunleye in seinen Neujahrsempfang zu integrieren“, berichtet Michael Manke-Reimers. Ähnlich verlief die Anfrage auch bei Merve Uslu-Ersoy: Als Musikerin gestaltete sie die Einbürgerungsfeier der Stadt im vergangenen Oktober. Dort habe der Oberbürgermeister sie persönlich darauf angesprochen, ob sie sich vorstellen kann, den Empfang 2025 zu moderieren, erinnert sich Uslu-Ersoy.
„Als gebürtige Mannheimerin ist das für mich eine riesen Ehre, da ich ohnehin schon mit meinen Filmprojekten in der Öffentlichkeit stehe“, äußert die 28-Jährige. Zu sehen, dass ihr Engagement mit der Moderation des Neujahrsempfangs wertgeschätzt wird, sei ein unbeschreibliches Gefühl. Dass Ogunleye und Uslu-Ersoy auch als Vorbilder wirken sollen, liegt auf der Hand. Für die starken weiblichen Persönlichkeiten ist die Moderation vor allen Dingen auch eine Gelegenheit, den Empfang mit einer persönlichen Note zu würzen. Wie das gelingen soll? Das Management von Yemisi Ogunleye lässt diese Frage unbeantwortet. Uslu-Ersoy dagegen erzählt dem „MM“ ausführlich von ihrer Zeit im Jugendhaus Herzogenried in Mannheim.
„Wenn das Jugendhaus nicht gewesen wäre, hätte ich womöglich immer noch damit gerungen, wer ich bin. Heute weiß ich, dass nur ich mich definieren darf“, sagt sie. Im Rosengarten möchte sie ihr starkes Selbstbewusstsein nach außen tragen. „Ich bin stolz auf die Migrationsgeschichte meiner Großeltern, bin aber auch an meinem Wohlfühlort geboren und aufgewachsen – in Mannheim“, spiegelt Merve Uslu-Ersoy ihre innere Einstellung wider. Sich mit der eigenen Identität auseinanderzusetzen, sei wichtig. „Ich habe gemerkt – hier zählt, dass ich nur Merve bin“, blickt Uslu-Ersoy auf ihre Zeit im Jugendhaus zurück. Es sei nie um „die Türkin“, „die Deutsche mit Migrationshintergrund“ oder „die Deutsch-Türkin“ gegangen.
Migration als prägende Erfahrung
Inzwischen beschreibt sie ihre Einstellung mit den Begriffen Positivität und Gelassenheit. „Ich sehe die Migration in meiner Familie nicht im Hintergrund. Sie ist im Vordergrund und ich freue mich, dass das auch am Neujahrsempfang sichtbar sein wird.“
Während Yesimi Ogunleye dieser Tage noch bei vielen Interviews zu Gast ist – etwa im Jahresrückblick „2024 – Das Quiz“ mit Kai Pflaume -konzentriert sich Merve Uslu-Ersoy auf Zeit mit der Familie. „Weil Sie auch nach den Bauchschmerzen gefragt haben: Ich bin sehr aufgeregt und werde alles tun, um der Rolle gerecht zu werden“, verspricht Uslu-Ersoy.
Merve Uslu-Ersoy
- Merve Uslu-Ersoy (28) wuchs auf der Rheinau und in Neuhermsheim auf. Nach einem Ethnologie- und Soziologie-Studium in Heidelberg studiert sie aktuell Filmkultur im Master in Frankfurt.
- Sie arbeitet als Filmbildungsreferentin und Anti-Rassismus-Trainerin, außerdem ist sie Singer-Songwriterin (Künstlername „Marwa“).
- Uslu-Ersoy veröffentlichte 2020 ihren ersten Dokumentarfilm “Kismet – Eine Geschichte zwischen Schicksal und Sehnsucht“. Darin befasst sie sich mit ihrer Migrationsgeschichte. 2024 folgte „Kismet II – Weißt du, wie es ist, ein Leben lang zu träumen?“.
- Yemisi Ogunleye (26) wurde als Tochter einer deutschen Mutter und eines nigerianischen Vaters in Germersheim geboren. Nach dem Abitur studierte sie in Heidelberg Sonderpädagogik.
- Von der TSG Haßloch kam sie mit 14 Jahren zur MTG Mannheim. Dort wechselte sie mit Trainerin Iris Manke-Reimers später zur Drehstoßtechnik und wurde Top-Kugelstoßerin. Die Krönung war 2024 überraschend Olympia-Gold in Paris.
- Ehrungen in der Region: Mannheimer Sportlerin des Jahres 2023, Sportsoldatin des Jahres 2024, Sportaward Rhein-Neckar 2024. harm
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