Sicherheit

Neues Mannheimer Konzept für mehr Sicherheit von Frauen geplant

Vom günstigeren Frauennachttaxi bis zum Beratungsbus: Die Stadt plant ein Konzept für mehr Sicherheit für Frauen. Wo der Bus eingesetzt werden soll, wie das Konzept finanziert wird und wie sicher sich Frauen in Mannheim fühlen

Von 
Lisa Uhlmann
Lesedauer: 
Nutzerinnen des Frauennachttaxis sollen nach Plänen der Stadtverwaltung ab April einen höheren Rabatt als bislang erhalten. © Christoph Blüthner

Sich sicherer fühlen in dunklen Ecken, auf dem Heimweg oder einfach ungestört feiern? Das will die Stadt Mannheim nun allen Mädchen und Frauen, die im öffentlichen Raum unterwegs sind, ermöglichen - mit einem neuen Sicherhetiskonzept. Das reicht von deutlich günstigeren Fahrten mit dem Frauennachttaxi über einen Beratungsbus als Anlaufstelle auf Großveranstaltungen wie der Messe bis hin zu Workshops für Teenager und Weiterbildung für Beamte.

Kommentar Darum braucht Mannheim ein neues Sicherheitskonzept für Frauen

Veröffentlicht
Kommentar von
Lisa Uhlmann
Mehr erfahren

Dabei setzt das „Eckpfeilerkonzept zur Sicherheit von Frauen und Mädchen“, das die Stadt im anstehenden Hauptausschuss vorstellen will, an vielen Stellen an. Wo und wie der Bus eingesetzt werden soll, wie sicher sich Frauen aktuell in Mannheim fühlen und warum das neue Konzept mithilfe des Budgets vom Frauennachttaxi finanziert werden könnte: ein Überblick.

An wen richten sich die neuen Angebote in Mannheim?

Das Angebot richtet sich an alle, die sich als Frau identifizieren. Ein besonderes Augenmerk liegt laut der Beschlussvorlage auch auf der Sicherheit von queeren Frauen. Laut Sicherheitsbefragung von 2022 sind queere Frauen in Mannheim überdurchschnittlich oft sexuellen Übergriffen ausgesetzt. Darüber hinaus erfahren sie häufig eine Mehrfachdiskriminierung, die sowohl auf ihr Geschlecht als auch auf ihre LSBTI-Identität zurückzuführen ist.

Wie sicher fühlen sich Frauen in der Quadratestadt nachts?

Ein alarmierendes Ergebnis der Sicherheitsbefragung ist, dass Frauen wesentlich häufiger von sexualisierter Gewalt betroffen sind als Männer. Die Folge: Sie fühlen sich dadurch „vornehmlich unsicher“. Unter den unter 30-Jährigen erlebten laut Vorlage in den vergangenen zwölf Monaten 30 bis 45 Prozent der Frauen solche Übergriffe. Obgleich das Risiko sexualisierter Gewalt mit steigendem Alter sinke, zeige die Befragung, dass Frauen in fast jeder Altersgruppe deutlich häufiger als Männer solchen Übergriffen in Mannheim ausgesetzt seien.

Jetzt für MM+ Abonnenten: Das E-Paper am Sonntag



Für MM+ Abonnenten: Lesen Sie kostenfrei unser E-Paper am Sonntag - mit allem Wichtigen aus Mannheim und der Region, dem aktuellen Sport vom Wochenende sowie interessanten Verbraucher-Tipps und Reportagen. Das Geschehen in Deutschland und der Welt ordnen unsere Korrespondenten für Sie ein.

Hier geht es zum E-Paper - ab dem frühen Sonntagmorgen für Sie verfügbar

Sie haben noch kein MM+ Abo? Dann sichern Sie sich den MM+ Kennenlernmonat  

Wer steckt hinter dem neuen Konzept?

Gemeinsam mit Nachtbürgermeister Robert Gaa und der Beauftragten für Kommunale Kriminalitätsprävention, Sophie Glaser, hat die Stadt das neue Konzept erarbeitet und mit dem Kriminologen Dieter Hermmann besprochen. Hermann erstellt und bewertet die regelmäßigen Sicherheitsbefragungen der Stadt. Umgesetzt werden soll das neue Konzept von der Gleichstellungsbeauftragten Zahra Deilami.

Wie soll das Budget fürs Frauennachttaxi für das Konzept genutzt werden?

Das Besondere dabei: Bei der Finanzierung nutzen die Macher das Budget des Frauennachttaxis von aktuell 175 000 Euro pro Jahr. Weil das wegen der geringen Nachfrage längst nicht mehr abgerufen wird, sollen mit dem Geld nun neue Maßnahmen bezahlt werden. Das Überraschende bei dieser Rechnung: Der höhere Fahrkostenrabatt, das Beratungsmobil, Schulungen, Öffentlichkeitskampagnen, ein neuer Internetauftritt sowie Workshops an Schulen und Weiterbildungen lassen sich laut Vorlage damit finanzieren. Die Gesamtkosten laut der Vorlage würden so bei 143 800 Euro pro Jahr liegen, und damit sogar das eingeplante Budget nicht einmal ausreizen.

Was ändert sich beim Frauennachttaxi und warum?

Künftig - und falls der Gemeinderat dem Konzept zustimmt - könnten Nutzerinnen ab April 2024 einen höheren Rabatt pro Fahrt erhalten: Statt der bislang sechs Euro sollen zehn Euro vom Preis übernommen werden - neun Euro vonseiten der Stadt, plus ein Euro von der Taxizentrale. Grund für die Anpassung ist die stark gesunken Nachfrage des Angebots, an dem die Macher des Konzepts aber weiterhin festhalten wollen. Vom 1. Januar 2023 bis zum 31. Dezember wurden lediglich 4985 Fahrten in Anspruch genommen. Zum Vergleich: 2021 waren es noch 40 000 Fahrten. Woran das liegt? Aus Beschwerden und Rückmeldungen der Nutzerinnen schließt die Stadt: „Bekanntermaßen ist Armut vor allem weiblich. Deshalb können viele Frauen, insbesondere Studentinnen, Auszubildende, alleinstehende Mütter oder berentete Bürgerinnen, sich den „Luxus“ einer Taxifahrt schlichtweg nicht mehr leisten“, heißt es in der Vorlage. So würde zurzeit eine Taxifahrt in Mannheim von etwa zehn Kilometern bis zu 25 Euro kosten. Der aktuelle Zuschuss von sechs Euro sei so keine wirkliche Entlastung.

Wo und wie soll die mobile Anlaufstelle aussehen?

Vom Nachtwandel, der Lichtmeile, Silvester am Wasserturm übers Stadtfest, Kerwe-Veranstaltungen, der Mannheimer Messe und weiteren: Größere Veranstaltungen können insbesondere für Frauen zu Orten werden, an denen sie häufig sexualisierte Gewalt erfahren. Die mobile Anlaufstelle (MAS), die als Beratungsbus einfach vorfahren kann, soll laut dem Konzept das Sicherheitsgefühl stärken und schnelle und vertrauensvolle Hilfe bieten. Die Idee: Geschultes Personal ist vor Ort erreichbar zwischen 21 Uhr bis zum Ende der jeweiligen Veranstaltungen, spätestens aber 3 Uhr morgens. Auch über eine eigens eingerichtete Telefonnummer lässt sich der Bus erreichen.

Soll es auch online Infos zur Frauensicherheit geben?

Auch daran haben die Konzeptmacher gedacht. Auf der Webseite der Stadt soll es künftig eine Rubrik geben, die auf weitere nützliche Apps oder Hilfetelefone hinweist. Eine davon ist das Heimwegtelefon, bei dem geschulte Personen ehrenamtlich Frauen telefonisch auf dem Nachhauseweg begleiten. Zudem gibt es die App „Violawalk Home“, bei der sich besonders junge Nutzerinnen per Videocall von Mitarbeitenende auf dem Nachhauseweg begleiten lassen können - und das rund um die Uhr, in 16 verschiedenen Sprachen. Und auch klassische Angsträume, also dunkle, uneinsehbare Ecken, sollen künftig über den Mängelmelder der Stadt gemeldet werden.

Was ist mit Aufklärungsarbeit über sexualisierte Gewalt?

Neben einer Öffentlichkeitskampagne gegen sexuelle Belästigung setzt das Konzept auf nachhaltige und frühe Aufklärung. Gerade in den Schulen soll sexualisierte Gewalt gegen Mädchen und Frauen bei Teenagern mit Workshops ins Bewusstsein gerückt werden - damit vonseiten männlicher Täter erst gar keine Übergriffe stattfinden. Das Ziel: nicht nur Frauen stärken, sondern Gewalt stärker durch die Gesellschaft ächten. Auch Erwachsene sollen dafür sensibilisiert werden, besonders Berufsgruppen, die auf Täter und Opfer treffen könnten. Der Wunsch: zukünftig per E-Schulung zu Themen wie häusliche Gewalt oder sexualisierte Gewalt eine standardisierte Weiterbildung einzuführen für alle Fachkräfte in Mannheim, wie etwa Polizisten und Polizistinnen, Lehrkräfte oder Mitarbeitende des Jobcenters.

Redaktion Seit 2018 als Polizeireporterin für Mannheim in der Lokalredaktion.

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen

VG WORT Zählmarke