Sehenswürdigkeiten - Multimedialer Rundgang für das Handy ist Vorreiter für historische Monumente in ganz Baden-Württemberg / Eintrittspreis steigt

Multimedialer Rundgang: Mit dem Handy durch's Mannheimer Schloss

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Peter W. Ragge
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Information auf Knopfdruck: Schlossbesuch mit der App „Monument BW“. © ssg

Mannheim. Für das Schloss gilt jetzt „Mannem vorne!“: Als Prototyp für alle Schlösser und Gärten in Baden-Württemberg wurde für die barocke Residenz zur informativen wie unterhaltsamen Ergänzung eines Rundgangs eine Anwendung für das Handy, App genannt, entwickelt. „Ein Meilenstein unserer Digitalstrategie“ nennt Frank Krawczyk, Leiter des Bereichs Kommunikation und Marketing der Staatlichen Schlösser und Gärten, die App „Monument BW“, die bisherige Audioguides ablösen wird.

Nach Mannheim als Vorreiter sollen 2022 die Schlösser Bruchsal, Salem und Mergentheim, das Kloster Maulbronn und die Grabkapelle Stuttgart folgen, auch das Heidelberger Schloss ist demnächst an der Reihe. Das Mannheimer Schloss sei ein „sehr wichtiges Monument“, begründet Frank Krawczyk, warum der Start hier erfolgt. Zudem sei der Audioguide von 2007 und völlig veraltet. Gerade für den Anfang sei die Produktion einer digitalen Führung für die barocke Residenz der pfälzischen Kurfürsten „vergleichsweise einfach“ herzustellen gewesen, da es sich nicht um viele Räume handelt und kein aufwendiges Außengelände zu berücksichtigen ist.

Dennoch hat die Produktion lange gedauert. Im Februar 2020, kurz vor Ausbruch der Corona-Pandemie, war das erste Treffen der Verantwortlichen der Schlösser und Gärten mit der Stuttgarter Spezialagentur, die „Monument BW“ schließlich entwickelte. „Wir haben die Corona-Zeit dann gut genutzt“, so Krawczyk. Den Anstoß für das Projekt hätten Besucherbefragungen ergeben, erklärte er, wonach sich die Gäste in den Monumenten schnell und einfach zurechtfinden wollen.

Dabei ist „Monument BW“ so konzipiert, dass man sich die App schon zu Hause installiert und dann die Lage des Eingangs, Parkplätze und Verkehrsverbindungen, Öffnungszeiten und Eintrittspreise erkundet. Vor Ort angekommen, kann man dann die multimediale Führung starten. Dabei will Krawczyk vermeiden, „dass die Besucher nur noch auf ihr Handy schauen und gar nicht mehr das Monument sehen“. Vielmehr gehe es um ergänzende Informationen, spielerische Elemente, Filme, Bilder und Zahlen. „Ziel ist das selbstbestimmte Erleben“, betont er: Die App solle ein „idealer Begleiter“ sein, aber die Besucher keinesfalls einengen, gängeln oder ihnen Wege vorschreiben. Sie sei ein Angebot, konzipiert für ein „mittleres Aufmerksamkeitsniveau“, sagt er, und jederzeit aktualisierbar oder – etwa für Kinder – variierbar.

Für Mannheim umfasst der Rundgang 23 Stationen und dauert, wenn man alle Informationen abruft, 75 Minuten. Möglich ist aber ebenso ein Schnelldurchlauf mit zehn Stationen. Das Besondere: „Man kann auch Räume erleben, die nicht geöffnet sind“, verweist Krawczyk etwa auf das Bibliothekskabinett der Kurfürstin Elisabeth Augusta – den einzigen Raum, der die Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges weitgehend unbeschadet überstanden hat. Dieses Kleinod mit überreich verzierten Wänden ist für Besucher nicht zugänglich, sondern nur durch eine Glastür zu sehen. Schaltet man die App ein, vermittelt sie indes den Eindruck, man würde doch mittendrin stehen.

In Mannheim führt der digitale Rundgang über das Haupttreppenhaus, wo man dessen besondere Rolle im höfischen Protokoll erfährt, in den Rittersaal. Da hört der Besucher, wer sich hinter den Gemälden der Ahnengalerie verbirgt. Uta Coburger, die Konservatorin von Schloss Mannheim, erklärt nicht nur Zerstörung und Wiederaufbau, zu sehen sind gleichzeitig – vom Marchivum zur Verfügung gestellte – Filmsequenzen, welche die Ausmaße des Bombardements im Zweiten Weltkrieg und den Wiederaufbau der 1950er Jahre zeigen, also einzigartige Zeitdokumente. „Da bietet die App wirklich wunderbare Möglichkeiten, die wir vorher nicht hatten“, schwärmt Coburger. Ein Restaurator erläutert, warum die 136 Teile des Badischen Hofsilberservice immer dunkel anlaufen, und zum Hofmusikraum erklingt aus dem Handy Musik vom Kurpfälzischen Kammerorchester oder das Glockenspiel der Standuhr. Die App ist kostenlos, der Schlosseintritt ab 1. Januar aber teurer – er kostet dann für Erwachsene neun statt bisher acht Euro.

Redaktion Chefreporter

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