Vor der Strafkammer 1 hat am Montag ein Prozess wegen Verdachts des versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung begonnen. Es ist seit Jahresbeginn bereits das dritte Verfahren am Mannheimer Landgericht, bei dem eine Messerattacke im Mittelpunkt steht. Nachdem die Große Jugendkammer ab Mitte Januar einen nächtlichen Gewaltangriff samt folgenschweren Stichverletzungen am Wasserturm ausleuchtete und die gleiche Kammer sich einige Wochen danach intensiv mit blutigen Geschehnissen auf der Schlossparkwiese vor der Uni-Mensa beschäftigte (der „MM“ berichtete jeweils), geht es nun um eine Messerattacke in den Quadraten.
Diesmal sitzt ein 23-Jähriger allein auf der Anklagebank – in den beiden einschlägigen Verfahren davor mussten sich zwei beziehungsweise fünf junge Männer verantworten. Oberstaatsanwalt Andreas Grossmann wirft Anil A. vor, beim Zustechen mit dem Messer den Tod des Kontrahenten billigend in Kauf genommen zu haben.
Laut Anklage hat sich am letztjährigen 30. Oktober weit nach Mitternacht Folgendes abgespielt: Der damals 22-jährige Türke hat sich mit einem gleichaltrigen Landsmann auf einem Parkplatz zwischen Sternwarte und Uni-Bibliothek zu einer Aussprache verabredet. Diese war wohl schon beendet, als Anil A. überraschend sein Messer gezogen und damit dem anderen zunächst von hinten in den Rücken und schließlich in den Oberarm gestochen haben soll. Das zusammengebrochene Opfer wurde wenig später im Klinikum operiert – konnte aber schon nach einigen Tagen wieder nach Hause entlassen werden.
Nicht das erste Gewaltdelikt
Eigentlich ist zum Start der Beweisaufnahme die Befragung von drei Zeugen geplant: Wegen Corona-Quarantäne und einer Umladung sagt aber lediglich jener Kommissar aus, der in der Oktobernacht mit Kollegen zum Tatort gerufen wurde. Der Beamte schildert, dass neben dem am Boden liegenden Verletzten wütend schreiend die Freundin kauerte. „Mit uns wollte sie aber nicht reden.“ Ein zufälliger Beobachter habe von einem Flüchtenden mit „längerem dunklem Haar“ und einer Art „Kochkittel“ als Bekleidung gesprochen.
Verhandelt wird beim Prozessauftakt nur kurz. Dies hat auch damit zu tun, dass Rechtsanwalt Stefan Allgeier erklärt, sein Mandant wolle vom Schweigerecht Gebrauch machen und sich vorerst weder zur Biografie noch zur Sache äußern. Der 23-Jährige ist juristisch kein unbeschriebenes Blatt – er saß wegen eines Gewaltdelikts schon mal auf der Anklagebank. Zu den für kommenden Montag, 9. Mai, geladenen Zeugen gehört auch das Opfer. Wie Anil A. sitzt auch der vor einem halben Jahr niedergestochene Landsmann in Untersuchungshaft. Ihm wird versuchter Totschlag zur Last gelegt – allerdings in einem anderen Fall, der mit dem laufenden Prozess nichts zu tun hat.
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