Fahrradfestival

Monnem Bike rollt wieder an

Nach zwei Jahren Pause ist Monnem Bike, das Mannheimer Festival rund ums Fahrrad, wieder da - und stößt auf unterschiedliche Reaktionen. Teils kamen doppelt soviele Menschen, wie angemeldet, teils blieben Zuschauer aus.

Von 
Markus Mertens
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Die Radparade als mobile Demo für die Verkehrswende lockte um die 1000 Mitfahrende an – doppelt so viele, wie die Veranstalter angemeldet hatten. © Christoph Blüthner

Mannheim. Monnem Bike fünf Jahre nach dem großen Radjubiläum rund um die legendäre Laufmaschine von Karl Drais: Wer an diesem warmen Sommermittag durch die Mannheimer Innenstadt zieht, erlebt die üblichen Wochenendgäste, die wie gewohnt in einträchtiger Selbstverständlichkeit durch die Planken bummeln – allein: Eine echte Bewegung auf zwei Rädern ist hier nicht erkennbar.

Da ändert es auch nichts daran, dass Bürgermeister Ralph Eisenhauer bei der offiziellen Monnem-Bike-Eröffnung sein Loblied auf den ökologischen Nutzen des Fahrrads singt, denn seine Grußworte spricht der Sozialdemokrat vorwiegend vor Kollegen aus Gemeinderat und Verwaltung. Oder mit anderen Worten: Wer sich – von Grünen-Stadtrat Gerhard Fontagnier bis zum SPD-Fraktionschef Thorsten Riehle – bei diesem Festival für das Fahrrad präsentiert, zeigt sich ohnehin in der Überzeugung, dass die Stadt eher mehr Rad braucht, denn weniger.

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Hochzufrieden mit der Resonanz beim Publikum ist hingegen Gerhard Fontagnier, der für die als politische Kundgebung für die Verkehrswende gedachte Radparade 500 Teilnehmer angemeldet hatte. „Nach zwei Jahren Pause haben wir damit gerechnet, dass alles wieder etwas kleiner angefangen werden muss“, begründet er. „Nach Zählungen der Polizei waren es dann aber gut 1000 Menschen, die durch Mannheim und Ludwigshafen mitgefahren sind“, berichtet er auf Nachfrage dieser Redaktion. Insgesamt, so sein Eindruck von der Veranstaltung, habe am Nachmittag „Hochbetrieb“ geherrscht – eine Einschätzung, die zumindest um die Mittagszeit bei weitem nicht alle Anbieter teilen. Denn bis zum Nachmittag ist wenig los in der Kunststraße, an den Kapuzinerplanken und im „Spielraum Stadt“ in der verlängerten Jungbuschstraße, den Spielorten des Festivals, für die Organisatorin Stephanie Reischmann trotz der knappen finanziellen und personellen Resourcen nach der Pandemie-Pause ein buntes Programm zusammengestellt hatte. Die Kunstradfahrer der „Bike Brothers“, Daniel Gorez und Felix Kaiser, müssen am Paradeplatz schon ganz tief in die Trickkiste greifen, um einige wenige Zuschauer vor sich zu versammeln, die Mannheimer Abteilung des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs nimmt zerknirscht zur Kenntnis wie überschaubar die Resonanz auf den Gebrauchtradmarkt bleibt und selbst die phänomenale Einradkünstlerin Janna Wohlfahrt kann überwiegend nur als Walking Act mit ihren Überraschungswerten punkten.

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Dabei kann man nicht behaupten, dass all diejenigen, die hinter den Ständen oder selbst in Aktion Überzeugungsarbeit für mehr Fahrrad-Mobilität leisten wollen, nicht ihr Bestes gäben. Fahrrad-Rikschas bringen die Fahrgäste des Begehrs direkt vom Stadthaus an den Ort des eigenen Wunsches, die Initiatoren der Kidical Mass-Demos stehen für mehr Achtsamkeit und Raum für’s Rad im Verkehr ein und die Karlsruher Künstlerin Nicole Wittemann präsentiert mit ihrem „Kunstbike“ stolz, dass ein mutiger Tritt in die Pedale mit einem Spritzer Farbe durchaus bisweilen sogar zu einem kleinen Meisterwerk für die heimische Wand werden kann.

Einer der größeren Publikumsmagneten ist die Hochradfahrschule von Rolf Flören. Der Fahrradfreund aus Mönchengladbach stellte nach einem eigenen gescheiterten Versuch auf dem meterhohen Gefährt Anfang der 80er Jahre fest, dass es eigentlich keine Institution gibt, die Menschen beim Lernen dieser Fortbewegungsart unterstützt – und gründete sie kurzerhand selbst: „Wenn man das mal kann, gibt es fast nichts Schöneres!“

Dass auch für Menschen mit körperlicher Behinderung die Weiterbewegung per Fahrrad künftig zu einer echten Freude werden kann, zeigt sich an der Station von LaMa, dem gemeinnützigen Verein Lastenvelo Mannheim. 2017 ins Rennen gegangen, bietet die komplett spendengestützt geführte Organisation nach entsprechender Einweisung nicht nur die Möglichkeit, kostenfrei eines von insgesamt neun Velos auszuleihen, sondern mit dem sogenannten Rollstuhltransportrad sogar behinderte Personen in ihrem eigenen Rollstuhl auf eine Tour mitzunehmen – mechanisierte Kippfläche, Hilfsmotor und stabiler Gurt inklusive. Nicht nur für Anika Nöske, die sich ehrenamtlich für LaMa engagiert, sind solche und ähnliche Angebote „ein guter und wichtiger Beitrag, uns in Zukunft noch umweltschonender zu verhalten“.

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Der ganze große Erfolg von Monnem Bike scheitert an diesem Tag keineswegs an der gebotenen Vielfalt. Stattdessen scheint die Überzeugungskraft des Programms nicht ausreichend, um all jene anzulocken, die ihr Interesse am Fahrrad erst noch finden müssen – oder aber im Vorfeld gar keine Notiz vom Festival genommen hatten. Tanja und Volkan etwa, die am Nachmittag vom Planken-Shopping in Richtung Parkhaus laufen, hatten im Vorfeld gar nichts mitbekommen. „Das Thema klingt jetzt nicht uninteressant, aber so einen Besuch musst du ja planen, dir Zeit dafür nehmen und dann auch überlegen, was du überhaupt sehen willst“, wie Volkan im Gespräch klarstellt und damit für viele Passanten spricht, die die Revue-Versatzstücke des Bakkie Bike Cinema oder die Fahrrad-Akrobatik des Cycling Circus nur als spontane Erheiterung erleben. Am späteren Nachmittag nimmt der Zustrom zwar etwas zu, aber vom E-Bike-Spezialisten bis zum Sportverein verleihen im Gespräch gleich einige Anbieter ihrer Frustration im Gespräch Ausdruck – ihre Namen wollen sie in der Zeitung nicht lesen.

Freier Autor

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