Mannheim. Ganz am Ende, einen Tag bevor der Staatsschutzsenat am Oberlandesgericht (OLG) in Stuttgart-Stammheim das Urteil im Prozess um das Mannheimer Messerattentat verkündet, erhält der Angeklagte Sulaiman A. am kommenden Montag das letzte Wort, so schreibt es die Strafprozessordnung vor.
34 Prozesstage lang hat er hinter Panzerglas verfolgt, wie über 60 Zeugen über den 31. Mai 2024 und die Folgen der Tat sprachen. Für viele markiert der Tag der Messerattacke bis heute einen lebensverändernden Einschnitt.
Er selbst sprach vor Gericht zu Beginn des Verfahrens über sein Leben, einige Prozesstage später äußerte er sich auch zur Tat und den Monaten davor. Am Montag bekommt er um 11.30 Uhr noch einmal die Gelegenheit, sich rechtliches Gehör zu verschaffen.
Laut Gutachten des Psychiatrischen Sachverständigen ist Sulaiman A. voll schuldfähig – die Voraussetzungen für die Sicherungsverwahrung liegen demnach aber nicht vor
15 Sachverständige unterstützten den Senat seit Beginn des Verfahrens im Februar dabei, Beweise richtig zu interpretieren – etwa die Chatdateien, die Ermittler auf den elektronischen Geräten des Angeklagten fanden. Besonders wichtig für das Verfahren war das Psychiatrische Gutachten, in dem der Sachverständige Prof. Johannes Fuß Sulaiman A. volle Schuldfähigkeit attestierte, die Voraussetzungen zur Anordnung einer Sicherungsverwahrung aber nicht bei ihm feststellte.
Wenig überraschend fiel deshalb das Plädoyer der Bundesanwältinnen aus, die eine lebenslange Haftstrafe und die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld forderten, nicht aber die Anordnung der Sicherungsverwahrung. Die meisten Nebenkläger forderten dennoch auch ihre Anordnung oder zumindest ihren Vorbehalt. Die Verteidiger des Angeklagten sprachen sich für eine lebenslange Haftstrafe aus.
Prozess um Mannheimer Messerattentat: In diesem Rahmen bewegt sich die zu erwartende Strafe
Bei Mord kennt unsere Rechtsprechung nur eine Strafe: die lebenslange Haftstrafe. Entgegen dem Wortlaut „lebenslang“ kann aber schon nach 15 Jahren ein Antrag zur Aussetzung der Strafe zur Bewährung gestellt werden, allerdings ist das kein Automatismus.
Eine vorzeitige Haftentlassung zur Bewährung nach 15 Jahren gilt als nahezu ausgeschlossen, wenn ein Gericht die besondere Schwere der Schuld feststellt. Unabhängig davon kann die lebenslange Freiheitsstrafe mit der Anordnung der Sicherungsverwahrung kombiniert werden, die eben nicht an die Schuld des Verurteilten, sondern an dessen Gefährlichkeit für die Allgemeinheit anknüpft.
Während die Sicherungsverwahrung im Fall von zeitlich begrenzten Haftstrafen bedeutet, dass ein Verurteilter auch nach der regulären Haftzeit zunächst nicht frei kommt, ist dies bei lebenslanger Haft komplizierter, weil die Freilassung zur Bewährung auch die Aufhebung der Sicherungsverwahrung bedeuten kann. Vereinfacht gesagt: Wird der Verurteilte auf Bewährung in die Freiheit entlassen, wird die Sicherungsverwahrung umgewandelt. Der Verurteilte kommt frei, wird aber intensiver und gegebenenfalls auch länger überwacht.
Das Urteil soll am Dienstag um 9 Uhr im größten Sitzungssaal des OLG-Gebäudes in Stuttgart-Stammheim fallen.
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