Universität

Mehrere Menschen sehen den tödlichen Schuss im Hörsaal

Der 31-Jährige soll von der Bibliothek in einen Vorlesungsraum gelaufen sein und dort eine Machete gezückt haben

Von 
Lisa Uhlmann und Sebastian Koch
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Der Tatort: Wie am Donnerstag bekannt wurde, haben die Polizisten den Mann mit gezückter Machete in diesem Hörsaal entdeckt. © Kilian Harmening

Bedroht, geohrfeigt und dann eine Machete gezückt: Nach dem tödlichen Polizeieinsatz an der Universität am Dienstag sind weitere Details bekannt. Demnach waren die zwei angeforderten Polizisten auf den bewaffneten Mann in einem Hörsaal gestoßen – in dem sich weitere Personen befanden. In der Folge sollen die Beamten geschossen haben. Der 31-Jährige erlag später im Krankenhaus den Verletzungen.

Der Mann war in der Vergangenheit unter anderem dadurch aufgefallen, dass er im Gebäude Sticker verbotenerweise auf Gegenstände geklebt hatte. Dies soll er auch am Dienstag im Bereich der Bibliothek wieder versucht haben, sagte ein Zeuge am Tatabend dieser Redaktion. Hierüber soll es zum Streit mit einer Mitarbeiterin gekommen sein, die er dann bedroht haben soll.

Wie Staatsanwaltschaft Mannheim und Landeskriminalamt (LKA) am Donnerstag gemeinsam mitteilten, soll der 31-Jährige danach in einen Hörsaal gelaufen sein. Dort soll er weitere Aufkleber angebracht haben. Einer der Anwesenden, die sich im Saal aufgehalten haben, hatte den Mann angesprochen. Dieser soll ihn laut den Ermittlungen daraufhin geohrfeigt haben. Als die Streife eintraf, hatte der Mann bereits eine etwa 40 Zentimeter lange, schwarze Machete im Hörsaal gezückt.

Laut Informationen dieser Redaktion soll der 31-Jährige seine Waffe bereits im Bereich der BWL-Bibliothek gezückt haben, wie dieser Redaktion auch drei Zeugen geschildert hatten. Auf Anfrage erklärt eine Sprecherin der Universität: Der Mann soll nach Verlassen des Bereichs die Machete wieder eingesteckt und den etwa zweiminütigen Weg zum Hörsaal Schneckenhof Nord 169 zurückgelegt haben. Ein Wachdienst soll ihm hinterhergelaufen sein und versucht haben, mit Worten deeskalierend einzuwirken. Der Mann aber hatte sich offenbar nicht stoppen lassen und war in den Saal eingedrungen. Zu diesem Zeitpunkt hat dort laut Recherchen dieser Redaktion eine Sonderveranstaltung zu Kunstgeschichte für Gasthörer und Seniorenstudierende über Kurfürst Carl Theodor stattgefunden.

Versuche der Beamten, auf den Mann verbal einzuwirken und ihn zu bewegen, die Machete wegzulegen, schlugen laut Staatsanwaltschaft und LKA fehl. Daraufhin sei geschossen worden, um ihn zu stoppen. Im Hörsaal befanden sich zunächst etwa 50 Personen. Auf Anfrage erklärt das LKA, das vor dem Schuss einige der Gasthörer und Seniorenstudierenden aus dem Saal geflüchtet waren. Wie viele Personen während der Schussabgabe im Hörsaal waren, wird ermittelt. Die Zahl sei unklar, weil einige den Ort vor Feststellung ihrer Personalien verlassen hätten. Derzeit sind mehr als 25 Zeugen bekannt. Weitere werden gesucht.

Universität hatte dem 31-Jährigen bereits Hausverbot erteilt

Ob der 31-Jährige weitere Personen verletzt haben könnte, kann laut den Ermittlern nicht ausgeschlossen werden, weil noch nicht alle Vernehmungen abgeschlossen sind. Beim Einsatz sei die Bodycam der Polizisten nicht zur Verwendung gekommen, erklärten Staatsanwaltschaft und LKA außerdem.

Wie berichtet, wurde dem 31-Jährigen vor kurzem Hausverbot erteilt, nachdem er laut Polizei bereits gegenüber einer Mitarbeiterin der Bibliothek handgreiflich geworden sein soll. Neben dem Hausverbot wurde Strafanzeige gestellt. Auch vergangenes Jahr soll er laut einer Rektoratssprecherin bereits „verbal“ auffällig geworden sein. Der 31-Jährige wurde im Saarland geboren, ist aber in Mannheim aufgewachsen.

Unklar ist, ob Unileitung und Täter – über das Hausverbot hinaus – in Kontakt standen. Sprecherinnen von Staatsanwaltschaft und Universität wollten dies weder bestätigen noch dementieren. „Im Vorfeld ist keine Gefährdung bekannt gewesen“, stellt die Sprecherin der Universität allerdings klar. Im Internet ist auch ein Video des Täters zu finden, der vor dem Schloss unter einem von ihm angebrachten Plakat zu sehen ist, das ihn zeigt und das jenen Aufklebern, die er verbotenerweise angebracht hat, ähnelt.

Eine Sprecherin des Studierendenwerks erklärte am Donnerstag, dass auch am Eingang von Mensen die Aufkleber verbotenerweise angebracht waren. Nach wie vor bieten Studierendenwerk und das unieigene Otto-Selz-Institut (OST) psychologische Beratungen an. Während es am Donnerstag keine Informationen gab, ob die Angebote des OST nachgefragt werden, erklärte die Sprecherin des Studierendenwerks, das sich eine erste Person gemeldet hätte. „Die Erfahrung in unserer Beratung hat gezeigt, dass es Tage oder Wochen dauern kann, bis sich von traumatischen Erlebnissen betroffene Personen Unterstützung holen.“

Zur Klärung der genauen Todesursache hat eine erste Obduktion bereits stattgefunden, sagte ein LKA-Sprecher dieser Redaktion. Demnach sind aber weitere feingewebliche Untersuchungen notwendig.

Redaktion Seit 2018 als Polizeireporterin für Mannheim in der Lokalredaktion.

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim & Moderator des Stotterer-Ppppodcasts

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