Dass Birnen nicht mit Äpfeln verglichen werden sollten, ist sprichwörtlich. In Zeiten von Corona empfiehlt sich außerdem, Verkehrsunfallzahlen tunlichst nicht mit solchen aus anderen Jahren in Beziehung zu setzen.
„Wir haben keine Erhebungen, wie sich die Pandemie konkret auf das Verkehrsaufkommen ausgewirkt hat“, erklärt Polizei-Pressesprecher Norbert Schätzle. Will heißen: Ob die für Mannheim, Heidelberg und den Rhein-Neckar-Kreis insgesamt geltende Botschaft von so wenig Schwerverletzten und Verkehrstoten in 2021 wie seit zehn Jahren nicht, einen Trend setzt oder Folge von Homeoffice wie verändertem Ausgehverhalten und damit weniger Autos auf den Straße ist, müssen künftige Statistiken erweisen.
Aus der vom Polizeipräsidium aktuell vorgelegten Verkehrsstatistik geht hervor: 2021 ereigneten sich im Mannheimer Stadtbezirk 10 110 Unfälle – 346 mehr als im von Lockdowns geprägten Jahr davor. Gleichwohl gab es weniger Schwerverletzte – nämlich 104 statt 124. Während fünf Menschen 2021 auf der Straße ihr Leben ließen, starben im Jahr davor acht Männer und Frauen.
Erfreulicherweise waren weniger Kinder auf der Straße in Unfälle verwickelt: Diese Zahl ging innerhalb der Quadratstadt auf 55 zurück. Damit waren 16 Kinder weniger als 2020 an Kollisionen beteiligt. Die Zahl der schwer verletzten Mädchen und Jungen blieb mit sieben gleich. „Wir verzeichnen hier einen Fünf-Jahres-Tiefstand“, so Polizeisprecher Dennis Häfner. Denn 2017 wies die Statistik noch 20 schwerverletzte Unfallopfer im Kindesalter aus. Zu den positiven Entwicklungen gehört, dass Schulweg-Unfälle drastisch abgenommen haben: 2021 gab es einen gegenüber zehn im Jahr zuvor.
Fußgänger gelten als besonders gefährdete Verkehrsteilnehmer. Während im vergangenen Jahr ein Passant auf der Straße umkam, starben 2020 drei Fußgänger. Hingegen wies die Statistik von 2019 keinen Fußgänger aus, der als Folge einer Kollision sein Leben verloren hatte.
Die Zahl der Fahrradunfälle ist mit 385 (2020: 386) in etwa gleich geblieben. Dabei erlitten 29 Radler massive Blessuren – allerdings deutlich weniger als 2020: Da lag die Zahl der Schwerverletzten bei 46. Zwei Fahrradfahrer starben an den Folgen eines Unfalles – im Jahr zuvor gab es ein Todesopfer mehr.
Bei E-Scootern schnellten die Verkehrsunfälle gewaltig nach oben: Es gab 50 Unfälle mit zwei Schwerverletzten. Im Jahr zuvor registrierte die Polizei 34 E-Scooter Karambolagen. Vor einigen Wochen hat der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft eine erste Bilanz zu den seit Juli 2019 auf deutschen Straßen zugelassenen Elektrorollern vorgelegt. Demnach sind die neuen „Flitzer“ so unfallträchtig wie Mofas und Mopeds, insbesondere, wenn sie verbotenerweise auf Gehwegen genutzt werden.
Während E-Scooter vorwiegend bei jüngeren Menschen in Mode sind, erfreuen sich Fahrräder mit Hilfsmotor als Unterstützung beim Pedaltreten – Pedelec genannt – zunehmend bei Senioren großer Beliebtheit. Studien offenbaren, dass solcherart elektrisch angetriebene Fahrräder insbesondere bei Neueinsteigern mit wenig „Pedalritter-Erfahrung“ zu Selbstüberschätzung und häufig auch zu gefährlich hohem Tempo verführen. Zwar sind in Mannheim Pedelec-Unfälle leicht von 38 auf 34 zurück gegangen. Aber es gab zwei, im Jahr davor fünf Schwerverletzte. Und sowohl 2021 wie 2020 starb jeweils ein Pedelec-Nutzer. Die Gefahr, die von Rädern mit Motorunterstützung ausgeht, hat die Mannheimer Polizei erkannt und bietet deshalb auf dem Areal der Jugendverkehrsschule Trainingskurse speziell für Senioren.
Bundesweite Erhebungen offenbaren, dass ein Großteil von Pedelec-Unfällen auf Eigenstürze ohne Fremdbeteiligung zurückgeht. „Das bildet sich allerdings nicht in unserer Statistik ab“, so Polizeisprecher Häfner und klärt auf: „Solche Stürze gehen beispielsweise an uns vorbei, wenn ein Krankenwagen, nicht aber die Polizei gerufen wird.“
Auch wenn in den beiden Pandemie-Jahren Kneipen und Bars monatelang nur eingeschränkt bis gar nicht geöffnet hatten und Diskotheken dicht waren, gab es im Stadtgebiet gleichwohl Verkehrsunfälle unter Alkoholeinfluss – im vergangenen Jahr 110. Glücklicherweise kam kein Beteiligter solcher Promille-Unfälle ums Leben. Dies galt auch für jene 30 Kollisionen, bei denen Drogen oder Medikamente im Spiel waren.
„Natürlich muss man bei all den Unfallzahlen im Hinterkopf haben, dass diese aus zwei besonderen Jahren stammen“, kommentiert Polizei-Sprecher Schätzle. Ob sich die statistischen Ergebnisse von 2021 und 2020 möglicherweise als „Pandemie-Delle“ entpuppen, könne derzeit niemand sagen.
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