Innenstadt

Markthändler in Mannheim beklagen Rückgang an Kundinnen und Kunden

Der Markt in der Mannheimer Innenstadt lockt mit regionalen und frischen Produkten. Doch in Zeiten von hoher Inflation kommt immer weniger Kundschaft. Ein weiteres Problem ist die Parksituation

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Tanja Capuana
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Hier ist weniger los als sonst an einem Dienstag: Viele Kunden sind im Urlaub – und auch viele Händler nutzen die Ferienzeit für eine Pause. © Thomas Tröster

Mannheim. Der Marktplatz präsentiert sich an diesem Dienstagvormittag von seiner idyllischen Seite. Das sanfte Gurren von Tauben, die über den Asphalt flanieren, mischt sich mit leisem Stimmengemurmel und den Geräuschen der Straßenbahn, die in regelmäßigen Abständen hält und wieder abfährt. Wer sonst eher samstags auf den Wochenmarkt geht, wird sich mit einer Ruhe konfrontiert fühlen, die mit dem geschäftigen Trubel am Wochenende wenig gemein hat. Lediglich ein knappes Dutzend Stände mit Waren wie Obst und Gemüse, Fleisch, Blumen oder Käse haben sich eingefunden. Noch sind nur vereinzelt Kunden anzutreffen – was sich im Laufe des Vormittags ändern wird. Der Laune der Verkäufer tut das jedoch keinen Abbruch. Die Zeit nutzen sie, um mit den Kunden ein Schwätzchen zu halten.

Ein Mann mittleren Alters läuft gezielt an den Stand von Ralf Ziesling. „Ich hätte gern zehn Kartoffeln“, sagt er zu Tanja Ziesling, der Schwiegertochter. Die 40-Jährige greift eine Papiertüte, füllt die Erdäpfel hinein. Lächelnd überreicht sie dem Kunden die gewünschte Ware.

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Ralf Ziesling unterhält nicht nur seinen Stand, wo er in dritter Generation Kartoffeln, Zwiebeln und Feinkostsalate feilbietet, der Mutterstädter ist auch Marktsprecher. Dass es an diesem Dienstag beim Markt eher gemächlich zugeht, ist für den 62-Jährigen weder überraschend noch beunruhigend. „Es ist Urlaubszeit“, erklärt er. Vor allem in den letzten 14 Tagen im August sei wenig los. Denn viele Bürger seien verreist, weshalb einige Händler diesen Zeitraum ebenfalls nutzen, um Ferien zu machen. Sonst sei vor allem der Donnerstag der Tag, an dem auf den Märkten am wenigsten Betrieb sei. „Das kommt vom Homeoffice“, sagt Ziesling. Denn nicht wenige Menschen arbeiteten vor allem am Donnerstag und Freitag von zu Hause.

Rückgang an Kundschaft

„Der Umbruch ist heftig“, fährt Ziesling fort. Der Sprecher hat einen Rückgang an Kundschaft verzeichnen müssen, was seiner Meinung nach nicht nur an den steigenden Kosten von Gas, Öl und Strom liegt – sondern unter anderem auch an der Parksituation. Viele Stellplätze seien weggefallen, und Käufer aus Viernheim oder der Hinterpfalz kämen bevorzugt mit dem Auto. „Samstags dagegen kommen 70 Prozent der Kunden mit dem Fahrrad.“

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Die Tätigkeit des Markthändlers sei ein hartes Brot, bei dem man nie wisse, was der Monat bringt. Früh aufzustehen, um den Stand aufzubauen und bei Wind und Wetter zu verkaufen, gehört dazu. Die Branche leidet daher massiv unter Nachwuchssorgen. „Es gibt kaum junge Händler“, klagt Ziesling. Die meisten wollten geregelte Arbeitszeiten und ausreichend Urlaub. Ziesling ist bereits von Kindesbeinen an auf dem Markt gewesen und machte sich mit 18 Jahren selbstständig, indem er das Gewerbe seiner Eltern übernahm. „Es war schon immer klar, dass ich es mal übernehme.“

Inzwischen sind auch sein Sohn Kai und dessen Frau Tanja seit zwölf Jahren mit im Boot. Wie Ralf Ziesling genießt das Ehepaar den Kontakt zu den Kunden. Dazu gehören nicht nur Tipps, welche Kartoffel am besten für Gratin passt, sondern auch mal ein offenes Ohr für die Sorgen der Menschen zu haben. „Man ist auch Seelsorger“, sagt Kai Ziesling.

Rumpel weiß vor allem die Leckerlis zu schätzen: Mit treuem Hundeblick schaut der Vierbeiner den Händler an, der ihn mit einem Leckerbissen verwöhnt. Frauchen Kathrin Schornick schaut lächelnd zu. Die Mannheimerin kommt bevorzugt unter der Woche auf den Markt – wenn es ein wenig ruhiger ist. „Hier kaufe ich am liebsten Kartoffeln und Zwiebeln“, erzählt sie. Sabina Sipos nimmt auf ihrem Rollator Platz. „Hier ist mein Parkplatz“, scherzt sie. „Ich komme seit 20 Jahren zu Herrn Ziesling. Weil ich hier die gescheitesten Kartoffeln bekomme.“ Ansonsten gönnt sich die Mannheimerin auf dem Markt gern griechische Spezialitäten.

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Regionale und frische Produkte 

Inzwischen ist auf dem Markt mehr Betrieb. So mancher Käufer deckt sich mit Lebensmitteln für die Mittagspause ein. Für den Händler Mario Spatz ist in wenigen Wochen nach 30 Jahren Schluss: „Ich arbeite dann als Quereinsteiger bei der Bahn“, erzählt er. Sein Bruder hat den Stand übernommen. Auch wenn er sich über den Neuanfang freut, so ist sein Abschied doch mit Wehmut verbunden, räumt er ein.

Am Wagen von Bianca Brunn können sich Käseliebhaber einmal um die Welt schlemmen: Von italienischer Büffelmozzarella über spanischen Ziegenkäse bis zu französischem Weichkäse hat sie alles in ihrem Angebot. Im Sommer gehe vor allem der Elsässer Bibbeleskäse gut, ein doppeltgerührter Quark. „Süß oder sauer zubereiten, Löffel rein und loslegen“, sagt sie und lacht.

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Helga Wenz hat bei ihr Eier und Käse gekauft. Die 91-Jährige aus Feudenheim nutzt die Straßenbahn für den Markteinkauf. „Hier kommt alles aus der Pfalz“, sagt sie. Sie schätzt die Frische der Waren sowie die Regionalität. Gern kauft sie auch Obst, Gemüse, besondere Salate oder zartes Putenfleisch auf dem Markt. Früher habe sie einen Garten gehabt. „Ich weiß, wie eine frische Tomate schmeckt“, sagt sie und lacht. Nun möchte sie sich eine Oppauer Dampfnudel kaufen. Norbert Münch kauft gern Fleisch, Salat, Obst und Gemüse auf dem Markt, kommt aber nicht regelmäßig her.

Guido hat seine Lieblingshändler, die der Mannheimer gern ansteuert. „Ich kaufe eigentlich alle Lebensmittel hier“, sagt er. Vor allem die Frische sagt ihm zu. Auch Monika kommt regelmäßig, um Salat und Gemüse einzukaufen, meist unter der Woche. „Ich finde den Markt super“, lobt die Mannheimerin. „Wir kaufen viel Bio.“ Auch Ziegenkäse gehört zu ihren Favoriten. Evelyn wartet geduldig in der Schlange bei einem Metzger. „Ich kaufe hier Prager Schinken.“ Jeden Dienstag kommt sie her. „Weil das mein freier Tag ist und weil ich gute Produkte kaufen will, die regional sind.“

Freie Autorin Kulturredaktion, Lokalredaktion, Wochenende. Schwerpunkte: Bunte Themen, Reisereportagen, Interviews, Musik (von elektronischer Tanzmusik bis Pop), Comedy und Musicals

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