Hauptausschuss

Mannheims Partnerstadt Chisinau bedankt sich beim „Freund in der Not“

Von 
Sebastian Koch
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Mannheims OB Peter Kurz (l.) und der Vizebürgermeister Chisinaus, Ilie Ceban, im Hauptausschuss. © Thomas Tröster

Genau 3306 aus der Ukraine Geflüchtete hat Mannheim seit Ausbruch des Kriegs offiziell registriert. Damit liegt die Kommune noch immer über dem vom Land errechneten Soll, sagt Oberbürgermeister Peter Kurz am Dienstag in der Sitzung des Hauptausschusses. In Mannheim seien damit „etwas mehr als ein Prozent der Bevölkerung Geflüchtete“ aus der Ukraine. Zum Vergleich: In Chisinau, Partnerstadt Mannheims und Hauptstadt der Republik Moldau, sind es „deutlich mehr als zehn Prozent der Bevölkerung, die aus der Ukraine geflüchtet sind“, erklärt Kurz, ehe er wenig später das Wort dem Vizebürgermeister Chisinaus, Ilie Ceban, übergibt.

Seit Sonntag ist Ceban, begleitet von einer Delegation aus Chisinau, zu Gast in Mannheim. Eindrucksvoll schildert der Politiker im Hauptausschuss die Situation in Chisinau und der Republik Moldau. Von 90 000 nach Moldau geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainern befänden sich etwa 90 Prozent in der Hauptstadt. Mannheims Gemeinderat hatte im April Finanzhilfen für die Stadt sowie die beiden anderen Partnerstädte Bydgoszcz in Polen und Czernowitz in der Ukraine in Höhe von einer Million Euro zugestimmt. Er bedanke sich für die Unterstützung Mannheims, erklärt Ceban. Zuvor das größte Zentrum zur Bekämpfung der Pandemie in der Republik, wurde ein Messezentrum nach Kriegsausbruch zunächst als Zentrum für Vertriebene genutzt, später dann ein ehemaliges Kinogelände. „Heute ist das Zentrum in der Lage, bis zu 250 Geflüchtete aufzunehmen.“

Ärmstes Land Europas

Derzeit sei vor allem die Beschaffung von Hilfsgütern im eigenen Land schwierig. Es fehle an Mitteln zur Versorgung der Schutzsuchenden. Hier sind Chisinau und die gesamte Republik auf internationale Partner angewiesen. Die Republik Moldau gilt als das ärmste Land Europas. „Vor diesem Hintergrund möchten wir uns für das Engagement und die Unterstützung aus Mannheim bei der Bereitstellung humanitärer Hilfe bedanken“, sagt Ceban. „Wir schätzen das sehr: Den Freund erkennt man in der Not.“

An der Belastungsgrenze

Etwa 25 Kilometer von Transnistrien und 100 Kilometer vom ukrainischen Odessa entfernt, hätten „die Menschen in Chisinau Ängste“, erklärt Ceban. „Wir wissen nicht, was weiter passieren wird.“ Man wolle „unseren Nachbarn“ helfen, weil das „anständig und unsere Erziehung ist“. Der Vizebürgermeister aus der moldauischen Hauptstadt sichert zu: „Ihre Unterstützung wird bei Geflüchteten gespürt.“

Der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Gemeinderat, Thorsten Riehle, kündigt im Anschluss an, dass Chisinau auch künftig die Solidarität Mannheims mit „ganz aktiven Taten“ zu spüren bekäme. „Wir können kaum ahnen, wie es ausschaut, wenn bei uns zehn Prozent der Bevölkerung Geflüchtete sind, die kurzfristig in die Stadt kommen.“ Gleichzeitig mahnt der Sozialdemokrat, dass viele Ehrenamtliche, Hauptamtliche und Gastgeberfamilien in Mannheim nach drei Monaten Krieg „psychisch und physisch an ihrer Belastungsgrenze sind“. Man müsse sich deshalb darüber austauschen, „wie wir Unterstützungsleistungen geben können“. Es gehe auch darum, Geflüchteten eine Perspektive für Wohnraum zu schaffen, ohne den „sozialen Ausgleich“ verrutschen zu lassen. Stefanie Heß von den Grünen bittet, dass Anschreiben von Schulen, die mit gastgebenden Familien kommunizieren, sowohl auf Deutsch als auch auf Ukrainisch formuliert werden.

Unterdessen erklärt Kurz, dass das Jobcenter ab Mittwoch bis zu 1300 Anträge von aus der Ukraine Geflüchteten auf Grundsicherung erwarte. Bund und Länder hatten sich darauf verständigt, dass Geflüchtete ab 1. Juni Anspruch auf Hartz IV haben. In Mannheim können die Leistungen von Mittwoch an bis Freitag, 3. Juni schwerpunktmäßig im Jobcenter in der Ifflandstraße beantragt werden.

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim & Moderator des Stotterer-Ppppodcasts

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