Mannheim. Die Mail, die Leonie und Tom von ihrem Vorgesetzten Professor Milan erhalten, macht die wissenschaftlichen Angestellten stutzig: Die Vorlesung ist abgesagt. Gründe führt Milan nicht auf, auch die Kurzfristigkeit überrascht. Müssen sich Leonie und Tom etwa Sorgen machen, weil der Professor die Zeit derart dringend für das sowieso schon stagnierende Forschungsprojekt benötigt? Als wenig später von Milans Account auf einem beruflichen Netzwerk auch noch eine verleumderische Mitteilung erscheint, in der er gesteht, Studentinnen und Studenten teilweise unfair benotet zu haben, ist klar: Kriminelle haben sich Zugang zu den Accounts des Wissenschaftlers verschafft. Sind davon etwa auch die Forschungsarbeiten gefährdet?
Die Universität spielt den hier beschriebenen Angriff in einer fünfteiligen Podcastserie durch. Der Faktencheck in Folge 6 schließt den „Escape - Der Cyberkrimi-Podcast zur Informationssicherheit“ ab. Die auch auf Spotify abrufbaren, etwa zehnminütigen Episoden sind kurzweilig - und gespickt mit Tipps für den Umgang mit Daten im Netz.
Keine Häufung seit Ukraine-Krieg
Und wie sieht es mit der Cybersicherheit in der Realität aus? Im Podcast, so viel sei verraten, geht es um einen Angriff aus persönlichen Motiven: Eine Studentin rächt sich. „Solche Fälle gab es an der Universität bislang nicht“, erklärt die Pressestelle auf Anfrage. Bei dem Podcast handele es sich deshalb um eine präventive Maßnahme und nicht um die Aufarbeitung tatsächlicher Ereignisse, betont die Universität. Cyber-Attacken hätten meist keine persönlichen Ziele, sondern seien „breit gestreute Angriffe mit dem Ziel, die Angreifenden zu bereichern oder Abläufe zu stören“. Eine Häufung der Angriffe im Zusammenhang mit dem russischen Angriff auf die Ukraine hat im Übrigen keine der Hochschulen beobachtet.
Aber Mannheims Hochschulen sind vor realen Attacken nicht gefeit. „Angriffe auf die Universität, ihre Beschäftigten und Studierenden erfolgen täglich“, informiert die Pressestelle. Häufig bedienten sich Kriminelle sogenannter Phishing-Mails. Die zielen darauf ab, dass Betroffene Informationen über Zugangsdaten und andere sensible Daten preisgeben. Auch die Duale Hochschule Baden-Württemberg in Mannheim (DHBW) und die Hochschule erklären, dass Phishing zu den häufigsten Angriffsformen zählt. Die DHBW berichtet von „nahezu täglichen“ Versuchen. Markus Klatt, Informationssicherheitsbeauftragter der Hochschule, bezeichnet Gefahren von Cyberkriminalität „sowohl im privaten als auch im Arbeitsalltag“ als „recht groß“.
Zu Schaden gekommen sei allerdings trotz der Menge an Angriffen auf die Hochschulen noch nahezu niemand. „Bislang gibt es keine bekannten Fälle, in denen Forschungsinhalte oder -Ergebnisse gestohlen oder anderweitig missbraucht worden sind“, erklärt Klatt. Auch die DHBW habe keine Kenntnisse darüber, dass Daten oder Ergebnisse gestohlen worden seien. Die Universität teilt mit, dass die IT bei „erfolgreichen“ Angriffen „sehr schnell“ reagiert habe, „wodurch Schäden auf ein Minimum reduziert werden konnten“. Es sei in nur „einigen Ausnahmefällen“ zu „leichten Verzögerungen im Betriebsablauf“ gekommen, heißt es auf Nachfrage.
Um sich gegen Angriffe zu schützen, habe die Hochschule erst kürzlich einen Angriff selbst durchgespielt, erklärt Klatt. Zudem würden interaktive Schulungen zur Sensibilisierung im Bereich der Informationssicherheit angeboten. Auch die Universität setzt neben technischen Maßnahmen auf Wissensvermittlung, um „sich selbst und die Universität vor Angriffen zu schützen“, erklärt die Pressestelle. Der Podcast sei eine dieser Maßnahmen. Die DHBW teilt mit, dass man „unterschiedlichste technische und organisatorische Sicherheitsvorkehrungen getroffen“ habe, die „regelmäßig“ angepasst würden. Zudem würden Benutzer und Benutzerinnen der DHBW-eigenen Mailkonten „in bestimmten Fällen explizit vor spezifischen Attacken“ gewarnt.
Schriesheim noch beeinträchtigt
Wie gefährlich Cyberangriffe sind und welche Ausmaße sie annehmen können, musste Mitte April etwa die Stadt Schriesheim erfahren, als Hacker Tausende Daten gestohlen und Server zudem verschlüsselten hatten. Auch zwei Monate nach der Attacke sei der Betrieb in Teilen noch immer beeinträchtigt, teilte die Verwaltung vergangene Woche dieser Redaktion mit. (mit jei)
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