Geburtstag

Mannheims dienstältester Rockmusiker feiert 75. Geburtstag mit großer Bühnenshow

Er ist der Mannheimer Musiker, der am längsten auftritt: 1962 begann seine Karriere im Jugendhaus Erlenhof – Joachim Schäfer. Jetzt wird er 75 Jahre alt.

Von 
Peter W. Ragge
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Rocker, aber immer im Anzug und mit Fliege – das gehört sich für ihn so: Joachim Schäfer, hier im Rosengarten, wird 75 Jahre alt. © Michael Ruffler

Mannheim. Er will mehr und länger nach Spanien gehen, wo er ein Ferienhaus hat - aber eines mit Tonstudio, wohlgemerkt. Denn als Rentner ganz ohne Musik kann man sich Joachim Schäfer nicht vorstellen, auch wenn Mannheims ältester Rocker nun seinen 75. Geburtstag feiert und sich öfter um seine Enkel kümmert. Aber als musikalischer Gestalter unzähliger Veranstaltungen in Mannheim ist und bleibt er unverzichtbar, zumal Schäfer eine sehr seltene Gabe hat. Er vermag sich zurückzunehmen, einfühlsam zu begleiten, auch mal leise zu spielen, damit man sich gut unterhalten kann - um doch im nächsten Augenblick wieder ganz kräftig aufzudrehen und prima für Stimmung zu sorgen.

Kräftig aufdrehen – das wird er zum 75. Geburtstag, denn am Mittwochabend lädt er ab 18 Uhr zur Schäfchenparty auf der Freilichtbühne, die zu einem einzigartigen Stelldichein von Musikerfreunden zu werden verspricht mit Joana, Hans-Peter Schwöbel, Otto Raad und Just for Fun, Adax Dörsam, Willi Haselbek, Claus Eisenmann und vielen, vielen mehr (Eintritt zehn Euro an der Abendkasse). „Lasst uns Erinnerungen schaffen“, lautet sein Motto. Daran arbeitet er derzeit als Autor. Schäfer schreibt an seiner Biografie, die er zusammen mit einer CD herausbringen wird. „Zeppelinstraße 49“ soll der Titel sein.

Beatmeister und Autor vom Lied der Bundesgartenschau 1975

Hier ist Schäfer, ein Neckarstädter Bub, als Nachkriegsjahrgang aufgewachsen, im Erlenhofblock. „Unten war der Konsum, daneben Drogerie Erle, Lebensmittel Groß“, erinnert er sich. „Und oben unterrichtete mein kriegsversehrter Vater fast alle Musikinstrumente, um die Familie zu ernähren.“ Das Jugendhaus Erlenhof wird sein zweites Wohnzimmer. „Rambotschambo“ habe er da gemacht, schwärmt er. 1962 gründet er die Band The Thunderbirds. „Wir durften kostenlos im Erlenhof proben. Das taten wir dreimal in der Woche. Als wir dann Auftritte in allen Jugendhäusern Mannheims erhielten, rutschten unsere schulischen Leistungen in den Keller“, erzählt er schmunzelnd. Aber 1966 werden die Thunderbirds Deutscher Beatmeister. Als Kontrastprogramm macht Schäfer nach der Schule eine Klavierbauer-Lehre, wird zwischendurch mal – als Honorarkraft – Musiklehrer. Fest angestellt ist er nie.

Joachim Schäfer bei der Ausstellungseröffnung BUGA 75 im Marchivum. © Michael Ruffler

Darauf folgt die Rockband Nine Days Wonder, 1970 die Rockband Kin Ping Meh. Als die in einem Keller in der Feudenheimer Wilhelmstraße probt, sind das für die Nachbarn arg schräge Töne – aber bei der Jugend kommt es an. Dann firmiert er als Joakin mit Kniebundhosen und Rauschebart, singt „Mensch Meier Mannem“, den Hit „Badetag“ und das offizielle Lied der Bundesgartenschau 1975 „Schau, schau, schau, schau, Bundesgartenschau, au wau wau wau wau wau wau“.

Mit dem Miljöö schreibt er Kneipengeschichte

Zwischenzeitlich schreibt er Mannheimer Kneipengeschichte mit der 1979 eröffneten Szenekneipe „Miljöö“ in U1, wo er über 700 Veranstaltungen mit Münchner Freiheit, Inga Rumpf, Wolf Mahn, Ina Deter oder Purple Schulz durchführt. 1986 ist Schluss – wegen der Heirat mit seiner Frau Silvie. „Ehe und Gastronomie – das funktioniert nicht, daher habe ich meine Anteile verkauft“, so Schäfer damals. Inzwischen ist die legendäre Kneipe längst Geschichte.

Lieder im Dialekt oder harte, rockige Gitarrenriffs – Schäfer kann beides. Er blickt auf Tourneen mit Joe Cocker, Deep Purple, den Hollies, Uriah Heep oder den Scorpions, aber auch mit Paola, Ivan Rebroff, Costa Cordalis oder Nina und Mike zurück. In seinem Tonstudio produziert er lange außer Musik auch Sprach- und Geräuschaufnahmen für Computerspiele, die weltweit Millionenauflage erzielen. Doch das ist vorbei. „Der Osten ist unglaublich billig geworden, da können wir nicht mehr konkurrieren“, bedauert er. Aber die Thunderbirds hat er erfolgreich wiederbelebt, eine neue CD aufgenommen. Er zieht bei Auftritten wie zuletzt im Herzogenried oder in der U-Halle stets viele alte (und neue) Fans an.

In Mannheim ist und bleibt Joachim Schäfer eben eine Institution, vom legendären Colaball bis zur Fasnacht: Er ist der Mannheimer Musiker, der am längsten ununterbrochen auftritt. Der 2016 verliehene Bloomaulorden stellt nicht nur verdiente Anerkennung dafür dar, sondern auch Dankbarkeit für einen großen Lokalpatrioten, der viele alte Mannemer Lieder dem Vergessen entrissen hat, diese Tradition engagiert, originell und sympathisch pflegt sowie dazu stets sehr humorvoll-schlagfertig ist. Lange vor Xavier Naidoos „Meine Stadt“ ist er es, der dem Lokalpatriotismus der Mannheimer eine musikalische Stimme gibt – und das tut er weiterhin, mit begeisternder Leidenschaft.

Redaktion Chefreporter

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