Sicherheit - DLRG erklärt Landes- und Kommunalpolitikern Mängel bei Ausrüstung und Gebäuden

Mannheimer Wasserretter schlagen Alarm

Von 
Peter W. Ragge
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Nur eine Übung: Taucher Sebastian Seitz von der DLRG „rettet“ Jonas Hinkeldey vor Landes- und Kommunalpolitikern im Freibad Rheinau. © Michael Ruffler

Mannheim. Sie sollen schnell helfen – aber brauchen selbst schnell Hilfe: Mitglieder der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) haben bei einer „Aktuellen Stunde Wassersicherheit“ im Parkschwimmbad Rheinau gegenüber Landes- und Kommunalpolitikern von Grünen, SPD, Linken und FDP Alarm geschlagen. Es fehlt an Geld, Ausrüstung, angemessenen Räumen und freien Zeiten in den Bädern für Ausbildung sowie den Schwimmunterricht.

Peter Roßnagel liefert zwei Beispiele. 42 Jahre schon ist er für die DLRG im Schwimmbad aktiv, inzwischen als Wachleiter. Aber das Gebäude, in dem er und die anderen DLRG-Mitglieder auf der Rheinau sitzen, ist nicht nur durch einen Wasserschaden beschädigt. Fenster, Türen, Wände – alles marode. „Ich stecke jedes Jahr 600 bis 800 Euro privates Geld rein“, sagt er – in ein städtisches Gebäude, wohlgemerkt, was den Stadträten in dem Moment dann doch etwas peinlich ist.

Die 29-Grad-Regel

„20 000 Euro würden reichen“, meint Thorsten Großstück, stellvertretender Vorsitzender und Leiter Einsatz der DLRG. Damit könne man alle Räume, in denen DLRG-Helfer in städtischen Bädern Dienst tun, renovieren. „Das hat auch etwas mit Wertschätzung gegenüber den Helfern zu tun“, mahnt er.

Werden die DLRG-Helfer offiziell, etwa wegen Personalmangel, als Aufsichten von den Schwimmmeistern angefordert, gibt es für jede Wachstunde von der Stadt zehn Euro. „Denen fallen öfter Leute aus, dann springen wir ein – sonst müssten die ja Becken schließen“, so Roßnagel. Doch die Stadt zahlt nach interner Regel nur, wenn über 29 Grad sind. „Bei 27,5 Grad bekommen wir kein Geld, aber auch dann sind Leute im Schwimmbad“, schüttelt Roßnagel den Kopf, und die Stadträte machen sich verwundert Notizen.

Ein weiteres Problem ist das Material. Allein die Ausrüstung eines Rettungstauchers kostet 10 000 Euro, davon nur der Trockentauchanzug 2000 Euro. Das muss alles die DLRG selbst aufbringen. „Für persönliche Schutzausrüstung und Einsatzkleidung gibt es keinen Topf, sondern das muss der Verein aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen finanzieren Teilweise kaufen sich die Helfer das selbst“, so Großstück.

Umso dankbarer sei die DLRG gewesen, dass die Stadt einmalig ein Budget von 100 000 Euro für Anschaffungen aller fünf Rettungsorganisationen zur Verfügung stellte. Nun sei die „große Hoffnung“, dass die Stadt die Gelder dauerhaft bewillige. Ein Extrabudget wünscht sich die DLRG, damit Helfer Anhänger-Führerscheine machen können. Schließlich könne man sonst nicht mit Bootsanhänger zum Einsatz fahren, so Großstück: „Davon würden auch Freiwillige Feuerwehren und andere Organisationen profitieren“, ist er überzeugt.

Aufsicht an Badeseen

Für die Beschaffung von Fahrzeugen gibt es zwar Zuschüsse vom Land, aber nie hundert Prozent. Zudem sei ausgerechnet in Mannheim kein Teil des nordbadischen Wasserrettungszuges stationiert. Auch ein hochwassertaugliches Boot fehlt, also eines mit besonders wenig Tiefgang und Bugklappe. „Und das in einer Stadt mit zwei Flüssen“, gibt Großstück zu bedenken.

Freilich müssten Einsatzfahrzeuge und Material untergestellt werden. Die DLRG verfügt aber nur über eine von der Stadt vermietete, 1975 gebaute, völlig veraltete und sanierungsbedürftige Unterkunft am Herzogenriedbad. „Die Garagen sind zu klein und entsprechen nicht den gültigen Normen. „Wir haben zehn Zentimeter große Risse in den Fugen, dadurch Ungeziefer“, so der Leiter Einsatz. Würde man das Haus zum Rettungs- und Ausbildungszentrum umbauen, kämen für den rettungsdienstlichen Teil 90 Prozent der Kosten vom Land – den Rest müsste die Stadt aufbringen.

Großstück ging auch auf die beiden Badeunfälle am Vogelstangsee in diesem Jahr ein, bei dem ein Mädchen ums Leben kam und eines in letzter Minute gerettet wurde. Danach kam die Forderung auf, dass die DLRG an den Badeseen auf der Vogelstang und der Rheinau fest Position bezieht. „Wir sind bereit, über ein Konzept zu reden – aber wenn man etwas machen möchte, dann richtig“, forderte Großstück. Das bedeute ein festes Gebäude mit Wachraum, Sanitätsraum, Umkleiden, WC und Materiallager. Auch dafür könne es, wenn die Stützpunkte in den Rettungsdienstplan aufgenommen werden, Landesgelder geben.

Am Strandbad, so stellte der stellvertretende DLRG-Vorsitzende Andreas Weiß klar, habe man dagegen nur eine Erste-Hilfe-Station. Er würde „nie einem der Helfer raten, da jemand aus dem Wasser zu holen und sich selbst in Gefahr zu bringen“, warnte Weiß. „Der Rhein ist eine Wasserstraße mit enormer Sog- und Wellenwirkung“, verteidigte Großstück das Badeverbot dort: „Es kommt ja auch keiner auf die Idee, auf einer Autobahn zu spielen“.

Thorsten Riehle (SPD) und Chris Rihm (Grüne) waren sich nach dem Vormittag einig, einige der von der DLRG aufgeworfenen Probleme in einem fraktionsübergreifenden Antrag noch im Herbst aufzugreifen.

DLRG in Zahlen



Die DLRG hat rund 1700 Mitglieder, verlor aber 2020 durch Corona 400, da fast keine Aktivitäten waren.

150 Mitglieder engagieren sich als Ausbilder in der Schwimm- und Rettungsschwimm-Ausbildung.

90 Helfer sind als Aufsicht in städtischen Freibädern und an den beiden Bädern am Stollenwörthweiher aktiv.

35 ehrenamtliche Helfer arbeiten im Wasserrettungsdienst mit, werden per Piepser pro Jahr im Schnitt zu 25 Notfalleinsätzen alarmiert. pwr

Redaktion Chefreporter

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