Politik

Mannheimer Politikerin Cademartori: „USA sind ein verlässlicher Partner“

Isabel Cademartori hat erneut an der Münchner Sicherheitskonferenz teilgenommen. Die Mannheimer SPD-Abgeordnete spricht über die Ukraine, Israel, Lateinamerika - und darüber, was das mit Mannheim zu tun hat

Von 
Sebastian Koch
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War zum zweiten Mal Teil der Sicherheitskonferenz: die Mannheimer SPD-Politikerin Isabel Cademartori. © Cademartori

München. Es gibt wahrlich einfachere Zeiten als diese, um sich mit Diplomatie und Sicherheitspolitik zu beschäftigen: Während sich im Nahen Osten die Lage zuspitzt, ist in der Ukraine zwei Jahre nach Kriegsbeginn ein Frieden ebenfalls in weiter Ferne. Die Vereinigten Staaten suchen derweil ihre Rolle in der Frage der Unterstützung der Ukraine. Auf makabere Weise passt es da fast ins Bild, dass zum Auftakt der Münchner Sicherheitskonferenz am vergangenen Freitag der Tod Alexej Nawalnys weltweite Bestürzung ausgelöst hat. Die Nachricht und die „bewegende Rede“ seiner Witwe habe die Tagung „extrem beeinflusst und bedrückt“, erzählt Isabel Cademartori am Dienstag dieser Redaktion.

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Zum zweiten Mal hat die Mannheimer SPD-Bundestagsabgeordnete in München an dem dreitägigen Treffen von Staats- und Regierungschef mit Verteidigungspolitikern, Nichtregierungsorganisationen und Experten für Sicherheitspolitik teilgenommen. „Die Konferenz ist wieder ein wahnsinniges Gewusel und sehr unübersichtlich gewesen.“ Anders als bei ihrer ersten Teilnahme vergangenes Jahr habe sich die Mannheimerin darauf aber besser einstellen können, etwa mit einem strukturierteren eigenen Programm.

"Häufig im Rechtfertigungsmodus"

Vor allem Vertreter und Vertreterinnen der Vereinigten Staaten seinen bei Fragen zur Unterstützung der Ukraine auffallend „häufig im Rechtfertigungsmodus“ gewesen, sagt Cademartori. Der US-Kongress blockiert Hilfen für das osteuropäische Land, während die Europäische Union ein erneutes Paket beschlossen und Bundeskanzler Olaf Scholz jüngst ein Sicherheitsabkommen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj unterzeichnet hat. In der Vergangenheit sei es oft so gewesen, dass die USA Druck auf Europa ausgeübt habe. Nun aber seien es die Europäer gewesen, die mehr Engagement verlangt haben, sagt Cademartori.

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Selenskyjs Rede hätte den Kongressabgeordneten „sehr eindringlich klargemacht, dass die Welt genau verfolgt, was bei ihnen passiert“, ist Cademartori überzeugt. Im Anschluss an die Sicherheitskonferenz hatte die Mannheimerin an einem Austausch von Bundestags- und Kongressabgeordneten auf Schloss Elmau teilgenommen. „Bei den Demokraten herrscht Frust über die Republikaner und darüber, dass das Ansehen des Landes beschädigt ist.“

Globaler Süden stärker vertreten

Trotz der Schwierigkeiten in der Ukraine-Frage ist die Sozialdemokratin davon überzeugt, dass die Beziehungen zwischen Deutschland und den USA „so gut sind wie wahrscheinlich lange nicht mehr“. Das merke man an den engen Abstimmungen beider Regierungen. „Ich habe keine Zweifel an der Verlässlichkeit der Amerikaner in der jetzigen Konstellation“, sagt Cademartori, die derzeit auch nicht fürchtet, dass sich daran nach der Präsidentschaftswahl etwas ändert.

Viele haben das Gefühl, dass Netanjahu auch von Partnern, die den Kurs grundsätzlich für richtig halten, keine Ratschläge annimmt.
Isabel Cademartori

Neben dem Krieg in der Ukraine beschäftigt auch der im Nahen Osten die Diplomatie. Nach dem Überfall der palästinensischen Terrororganisation Hamas auf Israel und dem darauffolgenden großen internationalen Verständnis für Israels militärische Gegenreaktion in Gaza nimmt dieses immer mehr ab. „Sehr viel Frust“ habe Cademartori insbesondere von den USA vernommen. „Viele haben das Gefühl, dass Netanjahu (Ministerpräsident von Israel, Anm. d. Red.) auch von Partnern, die den Kurs grundsätzlich für richtig halten, keine Ratschläge annimmt“, sagt sie. „Man erlebt Israel in militärischen und humanitären Fragen im Moment als beratungsresistent.“

Cademartori, eigentlich verkehrspolitische Sprecherin ihrer Fraktion, gilt in dieser auch als Expertin für die Politik Lateinamerikas, weshalb sie die Konferenz auch dazu habe nutzen wollen, um den Austausch zwischen Europa, den USA und Lateinamerika zu intensivieren. Das hatte sie vor der Tagung mitgeteilt. Hatte sie diesbezüglich vergangenes Jahr noch ein eher verhaltenes Fazit gezogen, hat es in diesem Jahr Fortschritte gegeben. Zwar sei die Teilnehmerliste aus dem globalen Süden weiter „ausbaufähig“. Die Repräsentanz an wichtigen Podien aber sei besser gewesen. „Das macht Debatten interessanter und Perspektiven kontroverser.“

Städtediplomatie vorangetrieben

Ukraine, Israel, Russland, Lateinamerika - die direkt gewählte Mannheimer Abgeordnete hat sich viel mit internationaler Politik beschäftigt. Wie aber bringt das Mannheim voran? Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik betreffe Mannheim genauso wie Berlin oder andere Städte, antwortet Cademartori. So beschäftigt der Krieg im Nahen Osten auch die Stadtgesellschaft. „Außerdem ist für die Wirtschaft das Engagement Lateinamerikas unmittelbar relevant, weil damit wirtschaftliche Chancen einhergehen“, ist sie überzeugt. Das Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten Brasilien, Argentinien, Paraguay, Uruguay und Venezuela sei mit das wichtigste, das derzeit im Raum steht. „Weil die USA mit Freihandel im Moment nicht so viel am Hut haben, ist das die größte Chance, diesbezüglich etwas zu bewegen.“

Insbesondere mit US-amerikanischen Kollegen habe sich Cademartori außerdem über internationale Städtediplomatie ausgetauscht und dazu weitere Foren vereinbart, sagt sie. Auf Bundesebene möchte sich die Sozialdemokratin für eine koordinierte Stelle für Städtediplomatie starkmachen. „Die Idee stammt aus Mannheim“, sagt Cademartori, die darin auch wirtschaftliche, soziale und internationale Chancen für Kommunen sieht. „Auch amerikanische Städte interessieren sich für Innenstadtbelebung, Verkehrspolitik und Verkehrsberuhigung.“

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim & Moderator des Stotterer-Ppppodcasts

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