Der Tod von Ante P. nach einem Polizeieinsatz am 2. Mai 2022 ist einer dieser Fälle, der die Menschen in der Stadt nicht loslässt: Am Wochenende hielten Fans des Fußball-Drittligisten SV Waldhof Mannheim Transparente im Carl-Benz-Stadion in die Höhe: „6000 Euro für ein Menschenleben“ war darauf zu lesen. Am gleichen Tag startete Thomas Mohr, der Mannheimer Vorsitzende der Polizeigewerkschaft GdP einen Spendenaufruf für den 27-jährigen Polizeibeamten, der am 1. März von Mannheimer Richtern wegen „Körperverletzung im Amt“ zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen à 50 Euro verurteilt wurde. Gleichzeitig kritisierte die sogenannten „Initiative 2. Mai“ den Ausgang des Prozesses scharf: Von einem „katastrophalen Urteil“ und „institutioneller Nähe“ war in einer Mitteilung die Rede. Die Bewegung hatte sich nach dem Tod von Ante P. gegründet, um Polizeigewalt im Allgemeinen zu problematisieren, auch fordert sie einen besseren Umgang mit psychisch kranken Menschen in Ausnahmesituationen.
Polizeieinsatz mit Todesfolge: Das ist auf dem Mannheimer Marktplatz passiert
Ein kurzer Rückblick: Am 2. Mai 2022 starb der 47 Jahre alte Ante P. nach einem Polizeieinsatz auf dem Mannheimer Marktplatz. Zwei Polizeibeamte sollten den psychisch kranken und verwirrten P. zurück ins Zentralinstitut für Seelische Gesundheit bringen. Einer der Polizisten sprühte dem 47-Jährigen Pfefferspray ins Gesicht und versetzte ihm vier Faustschläge, während Ante P. bereits am Boden lag - Videos, die die Schläge dokumentieren, wurden noch am gleichen Tag zigfach in den sozialen Medien geteilt. Kurze Zeit später starb Ante P., nachdem er minutenlang bewusstlos auf dem Boden gelegen hatte.
So lief der Marktplatz-Prozess
Knapp zwanzig Monate später begann der Prozess gegen die beiden Polizisten vor dem Mannheimer Landgericht. Der 27 Jahre alte Hauptangeklagte, der zum Pfefferspray griff und zuschlug, war wegen Körperverletzung im Amt mit Todesfolge angeklagt, sein 26-jähriger Kollege wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen. Auf Körperverletzung im Amt mit Todesfolge steht eine Mindeststrafe von drei Jahren Haft. Bei fahrlässiger Tötung droht im Falle einer Verurteilung eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren.
Im Zuge der Verhandlung waren sich Experten aber uneins über die Todesursache. Während in einem ersten Sachverständigengutachten noch von einem Erstickungstod infolge der Faustschläge die Rede war, sprachen weitere Sachverständige von Herzversagen, einem plötzlichen Herztod. Ginge man von Letzterem aus, hätten alle Rettungsversuche ohne Defibrillator den Mann nicht retten können, so ein Sachverständiger während des Verfahrens. Es habe nicht sicher ausgeschlossen werden können, dass sich Ante P., der unter massiven Herzproblemen litt, so sehr über den „rechtmäßig erfolgten“ Polizeieinsatz aufregte, dass er eines plötzlichen Herztodes starb, sagte der Vorsitzende Richter bei der Urteilsverkündung. Auf Grundlage dieser Annahme sei der 26-jährige Angeklagte vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung durch Unterlassen frei zu sprechen. Und auch der Vorwurf der Körperverletzung im Amt mit Todesfolge sei gegenüber dem Hauptangeklagten nicht aufrechtzuerhalten.
Beide Nebenklägerinnen im Marktplatz-Prozess legen Revision ein
Nach Informationen dieser Redaktion haben inzwischen beide Nebenklägerinnen, die Schwester und die Mutter von Ante P., über ihre Anwälte, Engin Sanli aus Stuttgart und Thomas Franz aus Ketsch, Revision gegen das Urteil eingelegt. Dadurch könnte es Monate dauern, bis das Urteil rechtskräftig wird - und die disziplinarrechtliche Aufarbeitung beginnt. Denn die soll erst erfolgen, sobald das Urteil rechtskräftig ist.
Die Suspendierung des 27-Jährigen „wurde zwischenzeitlich aufgrund des Urteils aufgehoben“, schreibt der Mannheimer GdP-Vorsitzende Thomas Mohr auf der Spendenplattform „betterplace“ in seinem Aufruf für den 27-jährigen Polizisten. Nach dem Urteil sagte die Verteidigerin des Mannes, Rechtsanwältin Andrea Combé, ihr Mandat hadere noch mit sich, ob er in den Polizeidienst zurückkehren soll.
Mannheimer GdP-Vorsitzender geht mit Spendenaufruf "Wunsch der Community“ nach
„Mein Kollege wurde wegen Körperverletzung im Amt zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätze zu 50 Euro verurteilt“, so Mohr. Außerdem seien dem Beamten die Kosten des Verfahrens und die Kosten für die Nebenkläger auferlegt worden, resümiert der Mannheimer GdP-Vorsitzende, der eigenen Angaben nach dem Wunsch seiner Community nachkommen wollte, den Kollegen „solidarisch und materiell zu unterstützen“. „Die Verfahrenskosten überschreiten derzeit eine fünfstellige Summe“, so Mohr.
Am Mittwochnachmittag waren knapp 2600 Euro des anvisierten Spendenbetrags von 10 000 Euro zusammengekommen.
„Mit dem Spendenaufruf möchte ich keineswegs den großen Verlust der Familie schmälern oder jemanden kränken“, sagt Mohr auf Anfrage dieser Redaktion. Darin, dass der Beamte nun vorbestraft ist, sieht er keinen Hinderungsgrund für eine Spendenaktion.
Auch die „Initiative 2. Mai“ hatte bereits zuvor einen Spendenaufruf auf der Plattform geteilt, um „einen dauerhaften Gedenkort und ein breites Netzwerk“ entstehen zu lassen. Hier sind bislang rund 1000 von geplanten 5000 Euro zusammen gekommen.
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