Mannheim. „Mich hat entsetzt, was da verschickt worden ist“: Holger Schmitt, Leiter der Mannheimer Justizvollzugsanstalt, zeigt sich im Gespräch mit dieser Redaktion bestürzt angesichts der Ermittlungen gegen Beschäftigte seines Hauses, die unter Verdacht stehen, in Chatgruppen von WhatsApp Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen weitergeleitet zu haben (wir berichteten). „Als wir davon erfahren haben, haben wir die Kollegen sofort suspendiert“, sagte Schmitt weiter.
Wie berichtet, hat die Staatsanwaltschaft Mannheim Ermittlungen gegen insgesamt acht Beamte aufgenommen, von denen einer inzwischen im Ruhestand ist: Er war jedoch noch immer Mitglied einer WhatsApp-Gruppe, in der die Inhalte offenbar geteilt worden seien. Laut Staatsanwaltschaft waren bereits im Januar die Privatwohnungen der Betroffenen durchsucht und Mobiltelefone sowie Tablets sichergestellt worden.
Verbindungen nach Heilbronn?
„Die Polizei wertet die Geräte nun aus, wie lange das dauert, können wir noch nicht sagen“, sagt Staatsanwalt Marc Schreiner, Pressesprecher der Ermittlungsbehörde. Frühere Fälle aus Mannheim seien ihm bislang nicht bekannt, so Schreiner. Wegen ähnlicher Vorwürfe habe es allerdings 2018 Disziplinarverfahren in der JVA Heilbronn gegeben.
Damals hatte die Staatsanwaltschaft Heilbronn zunächst gegen sieben Männer ermittelt, die Schmiergeld, Handys und Drogen für die Häftlinge hinter Gitter geschmuggelt haben sollen. Dabei rückten auch zwei Beschäftigte in den Fokus, die per WhatsApp Bilder von Hakenkreuzen oder Porträts von Adolf Hitler verschickt haben sollen. Die Ermittlungen in der JVA Heilbronn unter dem Namen „Komplex Knastschmuggel“ hatten sich stark ausgeweitet: Zwischenzeitlich war gegen über 90 Personen - Bedienstete, Gefangene und Angehörige - ermittelt worden. Der Leiter der dortigen JVA musste im Oktober 2018 seinen Stuhl räumen.
Die Ermittler waren den Gefängnisbeamten im aktuellen Fall bei der Auswertung eines Mobiltelefons „in einem anderen Verfahren“ auf die Spur gekommen, hieß es. Ob und wie genau der Fall in Heilbronn und die jüngsten Durchsuchungen in Mannheim zusammenhängen, wollte am Mittwoch niemand beantworten. Gunter Carra, Pressesprecher des baden-württembergischen Justizministeriums, erklärte, dass die eingeleiteten sieben Disziplinarverfahren „wie in solchen Fällen üblich für den Zeitraum der laufenden strafrechtlichen Ermittlungen zunächst ausgesetzt“ worden seien. „Weitere Entscheidungen in den Disziplinarverfahren erfolgen, wenn die erforderlichen Erkenntnisse aus den strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vorliegen.“
Der Mannheimer JVA-Leiter Holger Schmitt bezeichnete die Vorgänge als „indiskutabel“, die Kollegen der in Mannheim suspendierten Mitarbeiter und er selbst seien bestürzt gewesen: „Wir haben hier 360 Mitarbeiter, und ich kenne alle der Betroffenen.“
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-mannheimer-jva-leiter-entsetzt-was-verschickt-worden-ist-_arid,1912275.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html