Mannheimer Finanzämter schneiden in Geschwindkeits-Ranking schlecht ab

Mannheim. Manche Briefe werden mit zittrigen Fingern geöffnet. Das gilt besonders für solche, deren Absender schon am leicht grün-geblichen Farbstich zu erkennen ist, bevor man das Wort „Finanzamt“ gelesen hat. Speziell der Steuerbescheid kann sowohl eine unverhofft schöne als auch eine böse, weil teure Überraschung sein.

Bis da Klarheit herrscht, dauert es ganz unterschiedlich. Im Schnitt müssen Menschen in Mannheim nach - nicht unumstrittenen - Auswertungen des Portals Lohnsteuer-kompakt.de deutlich länger auf ihre Bescheide warten als anderswo.

Bei der durchschnittlichen Bearbeitungszeit für die Einkommensteuererklärungen 2023, die jenes Portal nun veröffentlicht hat, liegt das Finanzamt Mannheim-Neckarstadt auf Platz 485. Das ist der viertschlechteste. Vergangenes Jahr war es der sechstschlechteste, davor sogar der letzte im Ranking.

Ranking: Mannheim-Stadt auf 420 von 488

Das Finanzamt Mannheim-Stadt, für südlich des Neckars wohnende Menschen zuständig, fällt auf Platz 420. Im Vorjahr hatte es sich noch von 438 auf 355 klar verbessert.

Lohnsteuer-kompakt.de weist darauf hin, dass sich die hohe zusätzliche Belastung durch die Grundsteuerreform überall negativ auf die Bearbeitungszeit der Einkommensteuererklärungen auswirke. Gleichwohl ist die in Mannheim-Stadt mit 69,8 Tagen und vor allem Mannheim-Neckarstadt mit 91,8 laut Ranking deutlich länger als der Durchschnitt von 56,9 Tagen.

Stephanie Martin, die Chefin des Finanzamts Neckarstadt, war am Dienstag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. In der Vergangenheit äußerte sie jedoch schon in mehrfacher Hinsicht Zweifel an jenem Ranking. Ein wichtiges Argument war die schmale Daten-Basis. In die Berechnung fließen nur über jenes Portal abgegebene Steuererklärungen mit ein.

Bei den großen Finanzämtern sind das angeblich mehrere Hundert. Mannheim-Neckarstadt hat allerdings jährlich knapp 69 000 Einkommensteuerfälle zu bearbeiten. Zudem verwies Martin auf einige widersprüchliche oder falsche Zahlen bei den Veröffentlichungen von Lohnsteuer-kompakt.de, die Zweifel an der Aussagekraft wecken könnten.

Finanzamt verweist auf weniger Personal

Grundsätzlich sei eine längere Bearbeitungszeit in baden-württembergischen Finanzämtern auch damit erklärbar, dass deren Personalausstattung deutlich schlechter sei als in anderen Ländern, so die Neckarstadt-Chefin. Im Ranking des Portals findet sich der Südwest-Staat wie schon in den Jahren zuvor auf dem drittschlechtesten Platz. Dahinter liegen nur Bremen und Brandenburg. Neuer Spitzenreiter ist Rheinland-Pfalz, gefolgt von Hamburg und Nordrhein-Westfalen.

Als mögliche Erklärung für unterschiedliche Geschwindigkeiten bei den Steuerbescheiden nannte Martin auch den Service-Gedanken, der hier trotz der hohen Arbeitsdichte im Vordergrund stehe. Anfragen der Bürger würden auch telefonisch beantwortet, gerade zur Grundsteuer habe es sehr viele Anrufe gegeben. Das gehe zeitlich naturgemäß leider nur zulasten anderer Aufgaben.

Subjektive Erfahrung: Telefonisch kann man in Mannheim in der Tat auch mal relativ unkompliziert mit seinem Anliegen weiterkommen. Auch wenn es nur eine Erklärung für eine böse Überraschung ist.