Landgericht

Mannheimer Corona-Test-Betrüger geständig

Weil sie Corona-Tests in einem Mannheimer Testzentrum abgerechnet, aber nur teilweise oder gar nicht durchgeführt haben, stehen zwei Mannheimer vor Gericht. Jetzt hat auch der zweite Angeklagte den Betrug eingeräumt

Von 
Waltraud Kirsch-Mayer
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Laut Anklage haben die beiden Beschuldigten Geld mit nur teilweise oder gar nicht erbrachten Corona-Tests kassiert. © Bernd Wüstneck/dpa

Welcher der beiden Angeklagten hat was getan – und vor allem in welcher Rolle? Diese Frage zieht sich in dem Prozess um Betrügereien in Zusammenhang mit dem Corona-Schnelltestzentrum „Impuls“ in der Schwetzinger Straße gleich einem roten Faden durch die Schlussvorträge. Die Staatsanwältin und die beiden Verteidiger kommen dabei zu höchst unterschiedlichen Antworten. Und auch die als angemessen vorgetragenen Strafen driften auseinander: von Bewährung bis zu sechs Jahren und zehn Monaten.

In dem seit 7. November laufenden Verfahren, das eigentlich bis Ende Januar terminiert war, ging es vor allem darum, auszuleuchten, mit welchen gefälschten Unterlagen es den beiden einstigen Freunden gelungen ist, ein Corona-Schnelltestzentrum zu eröffnen und im Pandemie-Jahr 2021 insgesamt 2,1 Millionen Euro zu kassieren – und zwar laut Anklagevorwürfen für nur teilweise oder gar nicht erbrachte Virusanalysen.

Während der 31-jährige Gianfranco F. gleich zu Beginn des Prozesses vor der 5. Großen Wirtschaftsstrafkammer am Landgericht ein umfassendes Geständnis ablegte, ließ sich der sechs Jahre ältere Samer A. damit reichlich Zeit. Zum Abschluss der Beweisaufnahme verliest sein Anwalt Martin Würfel eine Erklärung seines Mandanten. Darin räumt Samer A. ein, die Idee gehabt zu haben, ein Corona-Testzentrum zu eröffnen – aber anfangs ohne Betrugsabsichten. Ja, er habe seinem Kumpel gesagt, wie das Ganze läuft, und dafür jeden Monat Geld bekommen – aber das operative Geschäft habe Gianfranco F. übernommen.

Henn sieht Vorwürfe bestätigt

Staatsanwältin Jeanie Henn beginnt ihren Schlussvortrag mit der Feststellung, dass die Beweisaufnahme die ermittelten Vorwürfe im Wesentlichen bestätig hat. Die beiden Männer, die sich nach Ägypten abgesetzt hatten, aber dort verhaftet und nach Deutschland überführt wurden, sieht sie als Täter, die gemeinschaftlich und gewerblich gehandelt haben – obendrein in Absprache mit gesondert verfolgten Betreibern von Teststationen. Dass womöglich von 80 000 abgerechneten Corona-Schnellanalysen um die 7200 tatsächlich erbracht wurden, sei insofern unerheblich, als aufgrund gefälschter Urkunden, nicht vorhandener Dokumentation und unzulässiger Testutensilien ohnehin kein Vergütungsanspruch bestanden habe. Die führende Rolle spricht die Anklagevertreterin dem Ideengeber Samer A. zu, der zudem einschlägig vorbestraft ist. Sie plädiert auf eine Haftstrafe von sechs Jahren und zehn Monaten.

Das sehr frühe und ausführliche Geständnis des einstigen Kumpels wertet die Staatsanwältin zwar positiv, allerdings habe Gianfranco F. „echte Reue“ vermissen lassen – wovon beispielsweise sein offensichtliches Gähnen und Lachen bei ihm nicht genehmen Zeugen gekündet hätten. In seinem Fall fordert die Staatsanwältin vier Jahre und zehn Monate. Sie plädiert bei beiden Angeklagten dafür, die Haftbefehle wegen Fluchtgefahr aufrecht zu erhalten und Wertersatz einzuziehen. Zwar konnten 800 000 Euro sichergestellt werden, die Anklagebehörde geht aber von „finanziellen Reserven“ aus.

Ein ganz anderes Bild zeichnet der Verteidiger von Samer A. Er sieht nur „dürftige Feststellungen“, die für die Rolle seines Mandanten als Strippenzieher sprächen. In seinem Plädoyer hebt Anwalt Würfel hervor, dass die Kassenärztliche Vereinigung wegen mangelnder Kontrollen das Betrügen „leicht machte“. Da habe es keiner kriminellen Energie bedurft. Bei Samer A. kommt nach Meinung des Anwalts lediglich Beihilfe zum Betrug in Betracht. Angesichts einer noch offenen Bewährung schlägt er eine Strafe zwischen zwei und dreieinhalb Jahren vor.

Hingegen schildert Verteidiger Stefan Allgeier seinen Mandanten in der Rolle des „Gehilfen“. Gianfranco F. , der von seiner Schulbildung und seinen bisherigen Jobs gar nicht die Fähigkeit besitze, ein komplexes System wie das Abrechnen von Corona-Tests zu durchschauen, sei als „Depp“ missbraucht worden. Die Beweisaufnahme habe gezeigt, dass der Namensgeber des Testzentrums eigentlich „ferngesteuert“ war – vom Geldabholen bis zur Flucht.

Der Verteidiger hält trotz Vorstrafen und eines erheblichen Schadens eine Bewährungsstrafe mit Bewährungshelfer und Arbeitsauflagen für vertretbar. Er legt ohne konkreten Antrag die Strafzumessung in die Hände des Gerichts.

Freie Autorin

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