Migrationspläne der CDU

Mannheimer Abgeordnete Sekmen nennt Brandmauer-Debatte „Ablenkungsmanöver“

Verhilft die AfD einem Asyl-Vorstoß der Union im Bundestag zur Mehrheit? Steht die Brandmauer noch? Das sagen der CDU-Chef und die CDU-Abgeordnete aus Mannheim.

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Florian Karlein
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Mannheims CDU-Abgeordnete Melis Sekmen (hier mit Andreas Jung) bezeichnet die Debatte über die Brandmauer zur AfD als Ablenkungsmanöver. © picture alliance/dpa

Mannheim. SPD-Generalsekretär Matthias Miersch spricht von Tabubruch, der Berliner SPD-Abgeordnete Orkan Özdemir nennt Friedrich Merz „Steigbügelhalter der Neonazis“. Und auch in Mannheim wird darüber diskutiert, ob der Kanzlerkandidat der Union die vielfach beschworene Brandmauer zur AfD eingerissen hat. Dass die Anträge der CDU/CSU-Fraktion für eine verschärfte Asylpolitik dank der Rechtspopulisten eine Mehrheit bekommen könnten, nimmt er in Kauf. Wie findet das die Mannheimer CDU? Und wie Bundestagskandidatin Melis Sekmen?

Ein Zitat von Merz macht die Runde: „Das Richtige werde nicht falsch dadurch, dass die Falschen zustimmen.“ Christian Hötting unterschreibt das. Auf Nachfrage des „MM“ bezeichnet der Mannheimer CDU-Vorsitzende die Feststellung als „zutreffend“. Nicht nur im Bundestag – wie jetzt möglicherweise bei den Migrationsplänen der CDU –, auch im Mannheimer Gemeinderat komme es vor, dass die AfD Anträge anderer Parteien unterstützt. „Das ist grundsätzlich nichts, was wir anstreben, aber die inhaltliche Richtigkeit eines Antrags wird dadurch nicht infrage gestellt“, sagt Hötting dazu.

Mannheimer CDU-Chef nimmt SPD und Grüne in die Pflicht

Aber nimmt Merz nicht sehenden Auges hin, dass seine Asylvorschläge am Ende nur durch die Stimmen der AfD eine Mehrheit im Bundestag bekommen? FDP und BSW haben schon Zustimmung signalisiert. Christian Hötting schiebt den Schwarzen Peter an die Konkurrenz weiter: SPD, Grüne und FDP hätten die Möglichkeit, sagt er, den Anträgen zu einer Mehrheit zu verhelfen, „wenn sie sich konstruktiv an der Lösung der Migrationsproblematik beteiligen möchten“. Einige Politiker aus den Reihen von Rot-Grün in Berlin sehen darin einen Erpressungsversuch, etwa die SPD-Co-Vorsitzende Saskia Esken. Zusammenarbeit sei keine Einbahnstraße, führt dagegen der Mannheimer CDU-Chef mit Blick darauf weiter aus, dass die Union derzeit auch Gesetzesvorlagen der rot-grünen Minderheitsregierung unterstütze. Es sei falsch, das Einbringen eigener Anträge davon abhängig zu machen, wer zustimmt. „Andernfalls gibt man der AfD auch eine Machtposition, die sie nicht haben sollte“, so Hötting.

Friedrich Merz hat recht.“
Mannheims CDU-Bundestagsabgeordnete Melis Sekmen

Sehr ähnlich klingt auch das Statement von Melis Sekmen. „Friedrich Merz hat recht“, sagt sie: „Wir können unser Abstimmungsverhalten nicht von der AfD abhängig machen.“ Sonst gebe man der Partei mehr Einfluss als ihr laut Wählervotum zusteht. Ähnlich hatte die CDU auch im Dezember während der Haushaltsdebatten im Mannheimer Gemeinderat argumentiert. Würden sämtliche Anträge zurückgezogen, wenn die AfD Zustimmung signalisiert, „müssten wir alle kommunalen und regionalen Vorhaben auf Eis legen“, so Sekmen jetzt, die von 2019 bis 2022 Fraktionsvorsitzende der Grünen im Gemeinderat war.

Sie ist und bleibt ein Gegner der CDU, sowohl inhaltlich als auch moralisch.“
Mannheims CDU-Vorsitzender Christian Hötting über die AfD

Nicht wenige sehen in der Haltung die Brandmauer zur AfD bröckeln – Hötting und Sekmen nicht. Die CDU bleibe „klar in ihrer Ablehnung jeglicher Zusammenarbeit mit der AfD“, formuliert der Chef der Mannheimer Christdemokraten: „Sie ist und bleibt ein Gegner der CDU, sowohl inhaltlich als auch moralisch.“ Deswegen habe ihre Fraktion, ergänzt Melis Sekmen, die Entwürfe der Anträge zur Asylpolitik allen Fraktionen außer der AfD zugeleitet. Man habe die Zusammenarbeit eben auch mit SPD und Grünen gesucht. „Die Brandmauerdiskussion ist ein Ablenkungsmanöver“, so die Bundestagsabgeordnete. Die CDU sei offen für Vorschläge und Änderungen von SPD und Grünen. Aber, ergänzt sie: „Wer Menschen, die eine Wende in der Migrationspolitik fordern, in die rechte Ecke drängt, die machen sich das viel zu einfach.“

Verteidigen das Vorgehen von Friedrich Merz: Melis Sekmen und Mannheims CDU-Vorsitzender Christian Hötting. © picture alliance/dpa

Und wenn AfD-Vorsitzende Alice Weidel jubiliert, dass durch den Merz-Vorstoß die Brandmauer gefallen sei, dann interpretiere sie „die Lage wie so oft falsch“, sagt Hötting. Weidel lebe in ihrer eigenen Realität, führt er aus: „Die CDU bleibt klar in ihrer Ablehnung jeglicher Zusammenarbeit mit der AfD.“ Deswegen erteilen er und Sekmen auch etwaigen Befürchtungen eine Absage, nach denen für die Union eine Koalition mit der AfD nicht mehr für ausgeschlossen erscheint. Hötting führt die Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen als Beispiel an.

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Dort hätte es, erklärt er, rechnerisch einfach sein können, mit der AfD zu koalieren: „Doch weil CDU und AfD inhaltlich und moralisch Welten trennen, hat die CDU in beiden Ländern bewusst den schwierigeren Weg gewählt – durch Koalitionen mit dem BSW oder durch eine Minderheitsregierung.“ Sekmen wundert sich, dass das Koalition-Nein der CDU immer wieder infrage gestellt werde: „Natürlich ist eine Koalition mit der AfD völlig ausgeschlossen – das hat Friedrich Merz auch hinreichend oft und hinreichend deutlich erklärt.“

Verharmlost CDU-Generalsekretär Linnemann die AfD?

Schließlich geistert noch ein Zitat von CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann durch das Internet. „Das Nazi-Bashing gegen die und das Brandmauergerede müssen aufhören“, soll er bei einem Wahlkreistermin über die AfD gesagt haben. Weder Sekmen noch Hötting sehen darin eine Verharmlosung der Partei– und sie dürfe auch „in keiner Weise verharmlost werden“, weil sie eine völkisch ausgerichtete Gesellschaft wolle, so Hötting. Man müsse die AfD durch inhaltliche Argumente und mit Lösungen stellen. „Taten statt Worte sind das wirksamste Mittel, um der AfD den Boden zu entziehen.“

Redaktion Leiter des Redaktionsteams Mannheim

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