Streit mit SPD-Stadtrat

Mannheimer Abgeordnete Sekmen gibt Unterlassungserklärung ab

CDU-Bundestagsabgeordnete Melis Sekmen hat mehrfach öffentlich behauptet, ein Mannheimer SPD-Stadtrat habe sie als Nazi bezeichnet. Das darf sie nun nicht mehr.

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Steffen Mack
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Die CDU-Bundestagsabgeordnete Melis Sekmen (Mitte) bei der „MM“-Wahlarena am 17. Februar. Um sie herum (v.l.) Isabel Cademartori (SPD), Konrad Stockmeier (FDP), Heinrich Koch (AfD) und Nina Wellenreuther (Grüne). © Christoph Bluethner

Mannheim. Es ist ein Vorwurf, den Melis Sekmen im Wahlkampf mehrfach öffentlich erhoben hat. Ein Mitglied der Mannheimer SPD-Gemeinderatsfraktion habe sie bei einer Podiumsdiskussion als Nazi beschimpft, so die CDU-Bundestagsabgeordnete. Das sagte sie etwa bei einer AWO-Veranstaltung am 4. Februar, zwei Tage später beim Auftritt des Unions-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz in Feudenheim sowie beim „MM“-Wahlforum am 17. Februar. Danach fügte sie unter dem Beifall ihrer Anhänger sinngemäß hinzu, so weit sei es in diesem Lande gekommen. Man dürfe nicht mal Kritik an illegaler Migration äußern, ohne als Nazi verunglimpft zu werden.

Karim Baghlani wollte eine einstweilige Verfügung erwirken

Wer sie so genannt haben sollte, behielt Sekmen – soweit bekannt – zumindest öffentlich für sich. Aber unter lokalpolitisch Interessierten in Mannheim sprach sich schnell herum, dass es sich um Karim Baghlani handelte. Nun wollte der SPD-Stadtrat vor dem Landgericht eine einstweilige Verfügung gegen die Christdemokratin erwirken, dass sie das nicht mehr wiederholen darf. Der Termin war auf diesen Freitag um 12 Uhr angesetzt. Doch jetzt ist er nicht mehr nötig. Die aus dem Bundestag scheidende Abgeordnete hat nach anfänglicher Weigerung nun doch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung unterzeichnet, diese Aussage nicht mehr zu tätigen.

Baghlani hat den „MM“ über den Vorgang informiert. Da Sekmen ihren Vorwurf mehrfach öffentlich erhoben hat, geht auch er nun an die Öffentlichkeit. Zum einen wehre er sich dagegen, „dass mir ein falsches Zitat in den Mund gelegt wird. Zum anderen wollte ich ihr auch nicht das Narrativ durchgehen lassen, jegliche Kritik am Asylrecht werde von Menschen links der Mitte immer nur mit Nazi-Vorwürfen abgeblockt.“

Sekmen wird von der Kanzlei des prominenten Berliner Medienanwalts Christian Schertz vertreten

Per WhatsApp und Mail nach ihrer Sicht gefragt, kommt von Sekmen ein Statement ihres Medienanwalts Nicolas Jim Nadolny. Der gehört zur Berliner Kanzlei seines prominenten Kollegen Christian Schertz und schreibt: „Meine Mandantin hat die Erklärung allein im Interesse einer Beilegung abgegeben, ohne damit ein Fehlverhalten einzuräumen. Wir sind der Ansicht, dass Gerichte nicht der richtige Ort für die politische Auseinandersetzung sind.“ Die Nachfrage, ob seine Mandantin zur Zahlung der Rechtskosten bereit ist, lässt Nadolny unbeantwortet.

SPD-Stadtrat Karim Baghlani, aufgenommen im Sommer 2024 auf dem Schillerplatz in B 2. © Steffen Mack

Die Podiumsdiskussion, die das Ganze ausgelöst hat, war am 2. Februar. Organisiert hatte sie das Deutsch-Türkische Institut für Arbeit und Bildung (DTI). Baghlani saß im Publikum. Der „MM“ berichtete, er habe Sekmen in einer emotionalen Debatte zugerufen: „Ihr habt mit Nazis abgestimmt!“ Dazu stehe er nach wie vor, betont der Sozialdemokrat. Die CDU und allen voran Merz hätten es billigend in Kauf genommen, bei den beiden Abstimmungen über einen schärferen Asylkurs im Bundestag auf die Stimmen der AfD angewiesen zu sein, also auch von nachweislich Rechtsextremen.

Damals protestieren die Menschen bundesweit in Massen gegen CDU und AfD, auch in Mannheim

Baghlani erinnert an die aufgewühlte Stimmung am damaligen Wochenende, als unmittelbar nach dem Geschehen in Berlin zig Tausende demonstrierten, auch in Mannheim. Unter diesem Eindruck sei er zur DTI-Diskussion gekommen. „Natürlich war es keine feine Art, da einfach reinzurufen. Aber ich konnte mich nicht zurückhalten.“

Zwei Tage später habe Sekmen bei einer AWO-Veranstaltung behauptet, er habe sie als Nazi beschimpft, sagt Baghlani. Ohne ihn namentlich zu nennen, „aber so konkretisiert, dass ich es gewesen sein musste“. Erst versuchte er über den CDU-Kreisvorsitzenden Christian Hötting, die Christdemokratin zum Verzicht auf das angebliche Zitat zu bewegen. Doch der meinte, er solle sich besser direkt an sie wenden. Der Stadtrat zeigt eine WhatsApp, die er Sekmen am 6. Februar schrieb. Mit dem Einstieg „Hallo Melis, Karim hier“ bat er um ein kurzes, klärendes Gespräch. Zwei Haken hätten angezeigt, die Nachricht sei gelesen worden, berichtet er. Eine Antwort habe er nie erhalten. Mittlerweile bekomme er nicht mal mehr ihr Profilbild zu sehen, offenbar habe sie ihn blockiert.

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Sebastian Koch
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Beim „MM“-Wahlforum am 17. Februar wiederholte Sekmen ihre Aussage. Danach habe er sich zu rechtlichen Schritten entschlossen, so Baghlani. Er ist selbst Jurist. Sein Anwalt forderte die Abgeordnete zum Unterzeichnen der Unterlassungserklärung auf. Ihr Medienanwalt entgegnete, das werde sie nicht tun. Baghlani habe seine Mandantin und Parteikollegen sehr wohl als Nazis bezeichnet, dafür gebe es Zeugen. Zudem habe sie ihn nicht namentlich genannt, er sei auch nicht der einzige SPD-Stadtrat auf der DTI-Veranstaltung gewesen.

Cademartori, Wellenreuther und Aschhoff als Zeuginnen

Daraufhin beantragte der Anwalt des Sozialdemokraten beim Landgericht eine einstweilige Verfügung. Beigefügt ist unter anderem eine eidesstattliche Erklärung Baghlanis, er habe Sekmen nicht als Nazi bezeichnet. Eine solche abzugeben, seien auch als Zeuginnen bereit: die SPD-Bundestagsabgeordnete Isabel Cademartori sowie die Grünen-Kandidatin Nina Wellenreuther und deren Parteifreundin aus dem Stuttgarter Landtag, Susanne Aschhoff.

Nachdem das Landgericht die Verhandlung auf Freitag terminiert hatte, unterzeichnete Sekmen dann doch die strafbewährte Unterlassungserklärung. Von der ihr Anwalt Wert auf die Feststellung legt, dass sie kein Schuldeingeständnis sei.

Redaktion Steffen Mack schreibt als Reporter über Mannheimer Themen

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