Mannheim. Es ist nach Angaben der Stadt „die größte Wohngeldreform in der Geschichte der Bundesrepublik“, die der Bundestag da im November beschlossen hat. Vor Ort umsetzen muss sie die hiesige Verwaltung - die deshalb innerhalb von ein paar Wochen eine neue Anlaufstelle aufgebaut hat. Und so sitzen nun im Erdgeschoss des Sozialamts in K 1, dort, wo sonst Senioren tanzen und Bingo spielen, vier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, um den Bürgern zu helfen. Ein Überblick.
Was genau ist das Wohngeld eigentlich?
Es ist ein staatlicher Zuschuss zu den Wohnkosten. Gedacht ist dieser für Haushalte mit geringen Einkommen oder Renten - oder Empfänger von Arbeitslosengeld I, die ihren Unterhalt im Wesentlichen selbst bestreiten können, aber aufgrund der Wohnkosten Unterstützung benötigen. Nicht nur Mieterinnen können Wohngeld erhalten, sondern auch Eigentümer von selbst genutzten Häusern oder Wohnungen sowie Bewohnerinnen von Pflegeheimen.
Was hat sich zum 1. Januar 2023 geändert?
Vieles, wobei zwei Kernpunkte der Reform hervorstechen: Zum einen hat die Bundesregierung die Einkommensgrenzen erhöht, so dass nun dreimal so viele Menschen einen Anspruch auf Wohngeld haben - bundesweit sollen es rund zwei Millionen Haushalte sein. Gleichzeitig ist der staatliche Zuschuss ebenfalls deutlich erhöht worden: Im Schnitt erhalten Wohngeld-Bezieher nun mehr als doppelt so viel Geld - nämlich monatlich rund 370 anstatt bislang 180 Euro.
Wer hat nun einen Anspruch auf Wohngeld?
Das ist gar nicht so einfach zu erklären, weil es auf die individuellen Umstände ankommt und in jedem Einzelfall berechnet werden muss. Grob gesagt hängt es jedoch von drei Faktoren ab, ob der Staat diesen Zuschuss bezahlt: der Höhe des Einkommens, der Zahl der Personen, die in einem Haushalt leben, und der Höhe der Miete beziehungsweise - bei Immobilienbesitzern - der zuschussfähigen Belastung.
Wie kann ich herausfinden, ob ich einen Anspruch habe?
Dafür gibt es zwei Wege: Im Internet kann man seine Daten in einen Rechner des Bundesministeriums für Wohnen eingeben und erfährt dann, ob man einen Anspruch hat. Mannheimerinnen und Mannheimer können aber auch in die neue Anlaufstelle in K1 gehen und sich dort beraten lassen.
Wie ist die Situation in Mannheim?
Im vergangenen Jahr haben mehr als 2800 Haushalte in der Stadt Wohngeld bekommen. Damit haben rund 7100 Bürgerinnen und Bürger davon profitiert. Durch die Reform dürften nun etwa 9000 Haushalte einen Wohngeld-Anspruch haben.
Adressen, Öffnungszeiten, Infos
- Die Stadt hat ein Servicetelefon eingerichtet unter den Nummern 0621/2 93 78 39 und 2 93 78 47 (montags bis freitags 9-12 Uhr, montags bis mittwochs 14-16 Uhr).
- Zahlreiche Infos finden sich im Internet: www.mannheim.de/wohngeld
- Anträge gibt es dort ebenso wie bei den Bürgerdiensten, in R1, 12 und K1.
- Die Anlaufstelle für Wohngeld-Neuanträge im Sozialamt in K1 hat Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag von 8-12 Uhr sowie donnerstags von 15-17 Uhr geöffnet.
- Die Stelle in R 1, 12 ist für Personen gedacht, die bereits Wohngeld erhalten (Öffnungszeiten: Montag, Mittwoch und Freitag 8-12 Uhr sowie donnerstags 15-17 Uhr).
- Anträge können persönlich abgegeben, gemailt (wohngeld@mannheim.de) oder per Post geschickt (R1, 12) werden.
- Das Wohngeld kann auch online beantragt werden (www.service-bw.de/wohngeldmannheim).
Wie geht die Stadt mit der Reform um?
Sie versucht sie so schnell und so gut wie möglich umzusetzen. Das ist aber gar nicht so einfach. Denn zum einen ist das Gesetz erst im Dezember endgültig verabschiedet worden. Und zum anderen müssen nun nicht nur die Ansprüche aller Bezieher neu berechnet werden, was automatisch geschieht - es wird auch mit einer Verdreifachung der Anträge gerechnet. 2022 sind pro Monat im Schnitt mehr als 1100 gestellt worden. Es kommt also einiges an Mehraufwand auf die Verwaltung zu. Darum sind zusätzlich zu den derzeit 15 Beschäftigten der Wohngeldstelle 15 unbefristete und fünf befristete Stellen neu geschaffen worden. Jens Hildebrandt, Leiter des Fachbereichs Arbeit und Soziales, sagt: „Für uns ist das auch ein Riesending.“
Kommt die Verwaltung bei der Bearbeitung der Anträge überhaupt hinterher?
Noch geht es. Zwar hat sich die Zahl der Erstanträge in den ersten zehn Tagen des neuen Jahres im Vergleich zu 2022 fast verfünffacht - von 33 auf 153. Betrachtet man jedoch die Gesamtzahl der zu bearbeitenden Unterlagen, ergibt sich mit etwa 350 ein Plus von rund 60 Prozent. Auch die Besucherzahl in der neuen Anlaufstelle in K1 ist mit rund 100 in den ersten beiden Wochen nicht so hoch wie erwartet gewesen. Darum sagt Hildebrandt: „Der große Ansturm ist bislang ausgeblieben.“ Doch Iris Hollefreund, die Leiterin der Wohngeldstelle, ist sich sicher: „Die Zahlen werden definitiv zunehmen.“
Wie lange dauert die Bearbeitung eines Antrags?
Etwa ein bis zwei Monate, sagt Hildebrandt: „Wir tun alles, um die Anträge schnellstmöglich zu bearbeiten“, verspricht er. „Aber es kann etwas dauern.“ Zumal die Kommune die zusätzlichen Stellen noch nicht besetzen konnte. Erschwerend kommt hinzu, dass die geplante, unkomplizierte vorläufige Zahlung des Wohngelds in Mannheim derzeit nicht möglich ist - weil das vom Land zur Verfügung gestellte Computerprogramm noch nicht darauf ausgelegt ist, erklärt Hollefreund.
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Was kostet die Reform die Stadt Mannheim?
Die Erhöhung und Ausweitung des Anspruchs kostet die Kommune nichts, weil der Bund das Wohngeld bezahlt. Allerdings muss die Stadt die zusätzlichen Personalkosten finanzieren - die bei rund 1,2 Millionen Euro pro Jahr liegen.
Was rät die Stadt den Mannheimerinnen und Mannheimern?
„Viele Bürger sollten prüfen, ob sie einen Wohngeldanspruch haben“, empfiehlt Hildebrandt. Und noch etwas ist dem Fachbereichsleiter wichtig: Keine falsche Scham zu haben: „Das ist eine tolle Hilfe! Das ist keine Fürsorgeleistung, sondern eine Unterstützungsleistung, um Krisen abzuwenden.“
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