Mannheim. Im Gemeinderat zeichnet sich eine klare Mehrheit für die Rückgabe der „Benin-Bronzen“ aus den Beständen der Reiss-Engelhorn-Museen (REM) an ihre Heimat in Nigeria ab. „Ich hoffe sehr, dass wir uns einstimmig dazu verhalten werden – das ist wichtig für die Gesellschaft“, erklärte SPD-Fraktionschef Thorsten Riehle und erntete dabei keinerlei Widerspruch.
Riehle dankte den REM, dass sie sich der als Raubkunst geltenden Bestände aus kolonialer Zeit schon lange angenommen haben. „Vorbildlich“ nannte auch ML-Fraktionsvorsitzender Achim Weizel die Erforschung alter Exponate durch das Museum und äußerte sich mit einer Rückgabe „sehr einverstanden“.
Bei den „Benin-Bronzen“ handelt es sich um Objekte aus Kupferlegierungen, die im Königspalast von Benin (heute Nigeria) 1897 von britischen Soldaten zerstört und geplündert wurden. Die Reiss-Engelhorn-Museen besitzen nach aktuellem Stand der Forschung 34 Objekte, die möglicherweise davon stammen, darunter drei Skulpturenköpfe, drei Reliefplatten sowie Glocken, Gefäße und Waffen. „Die Objekte gelangten größtenteils in den 1920er Jahren durch Ankauf nach Mannheim. Die Herkunft lässt sich nur zu den Händlern verfolgen. Auf welchen Wegen sie zu diesen Händlern gelangten, ist uns nicht bekannt,“ sagte Sarah Nelly Friedland, Direktorin Archäologie und Weltkulturen.
Für die weitere Forschung hat das Museum eine halbe Personalstelle beantragt. „Es ist eine wichtige Aufgabe“, betonte Generaldirektor Wilfried Rosendahl. Die Erforschung der Benin-Bestände wie insgesamt die Frage nach dem Umgang mit Beständen aus kolonialen Kontexten liege ihm sehr am Herzen, „aber es ist eine Aufgabe, bei der wir Unterstützung brauchen“, so Rosendahl.
„Die Konsequenzen, die sich daraus zu gegebener Zeit ergeben werden, liegen auf der Hand“, erklärte Kulturbürgermeister Michael Grötsch: „Dass wir aller Wahrscheilichkeit nach zur Rückgabe kommen werden.“ Weizel und Stefan Fulst-Blei (SPD) machten sich allerdings Sorgen, ob die Kunstobjekte in den Heimatländern auch sorgfältig genug aufbewahrt werden und genug geschützt sind. Doch den Heimatländern Auflagen zu machen, „das geht gar nicht“, stellte Grötsch klar.
„Wir wollen das denen ja nicht einfach vor die Tür stellen“, ergänzte Alfried Wieczorek, ehemaliger Generaldirektor der Reiss-Engelhorn-Museen und jetzt CDU-Stadtrat. Es handele sich um eine „gemeinsame Verantwortung“. Das sei schließlich „das kulturelle Erbe der Welt, das gehört der gesamten Menschheit“. Daher müssten westliche Museen mit den Herkunftsgesellschaften zusammenarbeiten und so sicherstellen, „dass das nicht verscherbelt wird oder Cliquen sich das aneignen“. Auf Anregung von Angela Wendt (Grüne) wird dem Ausschuss die gesamte Aufarbeitung kolonialer Schätze, nicht nur aus Benin, ausführlich dargestellt.
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