Mannheim. Wenn Gegenstände in der Nähe scharf, aber in der Ferne verschwommen wahrgenommen werden, liegt eine Kurzsichtigkeit vor. Myopie, so der Fachausdruck, kann zwar nicht geheilt, aber korrigiert werden. Klassischerweise mit Brille oder Kontaktlinsen. Inzwischen auch mittels Laser-OP. Was wenig bekannt ist: LASIK hat in Deutschland 1993 den Siegeszug von Mannheim aus gestartet – angestoßen von Michael Knorz. „Zehn Millionen SMILE-Operationen zur Behandlung von Kurzsichtigkeit!“, diese Schlagzeile machte unlängst die Runde. Zu der facettenreichen Erfolgsgeschichte befragten wir Michael Knorz.
Herr Professor Knorz, Sie gelten als deutscher Pionier der refraktiven Chirurgie - also jener Eingriffe, welche die Brechkraft des Auges zwecks Korrektur von Fehlsichtigkeit ändern. Wie kam es vor mehr als drei Jahrzehnten dazu?
Knorz: Zu der Zeit war ich am Mannheimer Uni-Klinikum leitender Oberarzt in der von Professor Liesenhoff geleiteten Augenklinik. Bei einer Tagung hörte ich, dass ein Kollege in Kolumbien Fehlsichtigkeit im inneren Teil der Hornhaut mittels Laser korrigiert. Ich war fasziniert und flog nach Bogota, um die neue Methode, die LASIK, zu erleben und zu erlernen. Sie wurde dort bereits wie am Fließband praktiziert.
Sie haben LASIK 1993 in Mannheim etabliert, von wo aus sich die OP-Technik rasend schnell deutschlandweit verbreitete. Was war der Vorteil gegenüber der ersten Augenlasermethode, die ja auch schon als kleine Revolution galt?
Knorz: Keine Schmerzen! Anders als bei der vorherigen photorefraktiven Keratektomie (PRK), bei der die oberste Schicht der Hornhaut mit einem Laser geschliffen wird und die dadurch entstehende Schürfwunde abheilen muss, wird bei der LASIK eine dünne Hornhautlamelle wie ein Deckelchen zum Aufklappen präpariert. Nach dem eigentlichen Lasern darunter dient die Lamelle sozusagen als körpereigenes Verschlusspflaster.
Anfänglich gab es in diesem Bereich keine geregelte Ausbildung. Es waren nicht etwa Uni-Kliniken, sondern einzelne Pioniere, die das Behandlungsfeld beförderten. So ein Medizin-Aufbruch birgt natürlich auch Risiken.
Knorz: Richtig, und deshalb haben viele meiner Kollegen und ich mich bereits früh dafür eingesetzt, die Anwendung in geordnete Bahnen zu lenken. Bereits 1995 entstand die Kommission Refraktive Laserchirurgie (KRC) als gemeinsame Kommission des Berufsverbandes der Augenärzte Deutschlands (BVA) und der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG). Ich war Gründungsmitglied, dann jahrelang Präsident, und bin jetzt seit vielen Jahren Schriftführer der KRC. Mein Heidelberger Kollege Professor Gerd Auffarth ist ebenfalls Mitglied der KRC.
Seit wann gilt LASIK als anerkannte Methode?
Knorz: Die Kommission hat 1999 LASIK für die Korrektur der Kurzsichtigkeit sowie Weitsichtigkeit und der Hornhautverkrümmung fachlich anerkannt.
Das vor 25 Jahren gegründete FreeVis LASIK Zentrum Mannheim hat eine ziemlich ungewöhnliche Geschichte.
Knorz: Der damalige Geschäftsführer des Mannheimer Uniklinikums, Wolfgang Pföhler, kam auf mich zu und wir gründeten ein gemeinsames Zentrum für refraktive Chirurgie. Seit zwei Jahren ist das FreeVis LASIK Zentrum von der Universitätsmedizin Mannheim unabhängig - aber ohne Ortswechsel. Die Räume sind inzwischen angemietet.
SMILE - da denkt der Nicht-Augenmediziner an Lächeln. Vermutlich kommen vielen auch die
beliebten Kommunikations-Smileys in den Sinn. Und was bedeuten die fünf Buchstaben für Sie?
Knorz: Small Incision Lenticule Extraction. Dieses minimalinvasive Verfahren hat Professor Walter Sekundo 2007 in Marburg erstmals ausgeführt. Längst hat sich das Verfahren zur Kurzsichtigkeit-Behandlung weltweit etabliert.
Im Mannheimer FreeVis Lasik Zentrum wird dieser Schlüsselloch-Mikroeingriff seit gut einem Jahrzehnt angewendet - inzwischen mit der neuesten Generation eines Zeiss-Lasers, der im nahen Infrarotbereich mit ultrakurzen Pulsen agiert. Und wie geht eine SMILE -Behandlung vor sich?
Knorz: Mit einem solchen Femtosekundenlaser wird im Innern der Hornhaut ein definiertes Mini-Gewebescheibchen, medizinisch Lentikel genannt, erzeugt, das über einen zwei Millimeter kleinen Laserschnitt entfernt wird. Dadurch wird die Form der Hornhaut und die Brechkraft des Auges derart verändert, dass ohne Brille wieder scharf gesehen werden kann.
Und wie läuft die Heilung ab?
Knorz: Da Hornhautnerven nur minimal beeinträchtigt werden, begünstigt das Verfahren eine schnelle Genesung. Es trägt auch langfristig dazu bei, Probleme mit trockenen Augen zu vermeiden und die Festigkeit der Hornhaut zu erhalten.
SMILE gilt als besonders sicher und sanft. Für welche Zielgruppe ist die operative Behandlung geeignet?
Knorz: Für Erwachsene mit Kurzsichtigkeit bis maximal minus 8 Dioptrien und Hornhautverkrümmung bis maximal minus 5 Dioptrien. Bei der Eignungsuntersuchung sind aber noch weitere Parameter von Bedeutung. Beispielsweise der Durchmesser der Pupille bei Dunkelheit oder die Dicke der Hornhaut.
Wie kommt es, dass Sie regelmäßig nach China fliegen und auch dort operieren?
Knorz: Das FreeVis LASIK Zentrum Mannheim gehört inzwischen zur Klinikgruppe EuroEyes, die auch in China mit mehreren Einrichtungen vertreten ist. Und in denen operieren ausschließlich europäische Augenchirurgen.
Apropos China. Im Reich der Mitte sollen nahezu 90 Prozent der Kinder und Jugendlichen unter Kurzsichtigkeit leiden – drei Mal so viele wie bei uns. Ist das genetisch bedingt oder gibt es andere Gründe?
Knorz: In China verbringen Kinder schon in der Schule sehr viel Zeit vor Bildschirmen und vor dem Handy statt im Freien zu spielen. Das Sehorgan ist also überwiegend im Nahsichtmodus. Durch ständigen Fokus auf Handys und Tabletts zieht sich der Augapfel in die Länge.
Ein Phänomen, das auch bei uns zunehmen dürfte – schließlich haben schon Kinder Smartphones. Lässt sich medizinisch gegensteuern?
Knorz: Die Entwicklung des Auges kann aber nur während des Wachstums beeinflusst werden. Empfehlenswert ist ein 30 zu 10 Verhältnis: nämlich 30 Minuten in die Nähe und zehn Minuten in die Ferne schauen. Anders ausgedrückt: Kinder und Jugendliche sollten sich zwei bis drei Stunden täglich draußen in der frischen Luft aufhalten – ohne ständig aufs Handy zu blicken.
Die Behandlung
- LASIK ist die Abkürzung für Laser-in-situ-Keratomileusis - was so viel bedeutet wie „Laserschnitt unmittelbar auf der Hornhaut“.
- Krankenkassen zahlen üblicherweise keine Augen-Laserbehandlung – allenfalls bei einer medizinischen Notwendigkeit: beispielsweise hohe Dioptrien und dadurch unzumutbar schwere Brillengläser oder ein großer Unterschied beider Augen.
- Die Kosten für LASIK richten sich nach der Behandlungsart . Für SMILE oder Femto-LASIK liegen die Gebühren für beide Augen bei rund 4600 Euro . wam
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