Ungemütliches Nieselwetter – doch viele Menschen zieht es trotzdem ins Freie: Sie wollen ihren Weihnachtsbaum kaufen. Beim Christbaum-Center warten prächtige Bäume aus dem Odenwald auf Käufer: Während aus dem Radio „Last Christmas“ tönt, tummeln sich vor allen Familien und Paare auf dem Gelände in Käfertal. Claudia und ihre Tochter Lena sind fündig geworden. Die Nachricht, dass die Ausgangsbeschränkungen immer strenger werden, war für die Vogelstangerin einer der Gründe, warum sie den Kauf des Weihnachtsbaums an diesem Nachmittag erledigt.
„Wir hätten eigentlich keinen gekauft“, gibt sie zu. Denn geplant war eine Reise nach Sri Lanka. „Ins Warme“, sagt sie, und ein wehmütiger Unterton schwingt in ihrer Stimme mit. Doch aufgrund der Pandemie hat die Familie gar nicht erst gebucht. Neben ihr packen Annemarie Fröhlich und ihre Familie zwei Nordmanntannen in den Lieferwagen. Einen Baum habe sie für ihre Eltern gekauft, sagt die Sandhofenerin.
Timo Kuhn freut sich über den Zustrom an Kunden. Trotz Stress bleibt der 48-Jährige die Ruhe in Person. „Heute ist extrem viel los“, sagt der Chef des Christbaum-Centers. Seit 24. November kommt er täglich aus Buchen, um Bürgern zu ihrem Traumbaum zu verhelfen. Kuhn ist seit gut 25 Jahren mit Leib und Seele Weihnachtsbaum-Verkäufer, bietet Fichten, Nordmann- und Blautannen feil. „Die Nachfrage ist super“, lobt er. Er spricht gar von einem Rekordjahr. Der Renner sei die Nordmanntanne. „Das ist der Volvo unter den Bäumen“, scherzt er.
Jahresurlaub gespart
Eigentlich ist Kuhn Maurer. Um beim Christbaum-Verkauf zu sein, spart er seinen Jahresurlaub auf. „Weil es mir Spaß macht, unter Leuten zu sein“, sagt er und lächelt unter seinem Mund-Nasen-Schutz. Die Kunden seien zudem sehr angenehm. Wer ein Geschenk sucht, kann am Stand mit seinen Holzkunstwerken fündig werden. „Das ist wie ein kleiner Weihnachtsmarkt“, sagt er. In den vergangenen Jahren habe es einen Glühweinausschank gegeben, der jedoch aufgrund von Corona dieses Mal nicht gestattet ist. „Aber es gibt Schokolade für die Kinder“, verrät er.
Silvia Fröhner kauft ihren Baum jedes Jahr bei Kuhn. „In der nächsten Woche wollen wir ihn gemeinsam schmücken“, plaudert die Viernheimerin. Ihre Tochter Ulrike Fröhner hat eine verpackte Tanne entdeckt. „Erst mal schauen, wie er darunter aussieht“, sagt sie, während Mitarbeiter Volker Ruzek den Baum auspackt. „Mir ist es wichtig, dass er eine schöne Spitze hat und dicht ist.“ Ihre Tochter Lina ist begeistert. „Mama, können wir den nehmen?“, ruft die Neunjährige. Nebenan sind Jacqueline und Markus Schneider auf der Suche nach dem passenden Weihnachtsbaum. Die angekündigte Verschärfung des Lockdowns war für die Familie kein Grund zum Kauf. „Der Tag stand schon im Kalender“, verrät der Käfertaler.
Auch auf dem Neuen Messplatz können die Bürger Christbäume erstehen. Bei Vasile Bobosan, der im Auftrag der Firma Kaiser Nordmanntannen, Blautannen und Fichten anbietet, ist wenig los. „Früher waren hier viele Händler, dieses Jahr gibt es nur zwei.“ Er habe einst viele Stammkunden gehabt, vor allem ältere. „Junge Menschen haben vielleicht nicht so viel Interesse an den Traditionen“, mutmaßt Bobosan.
Einen Steinwurf entfernt, vor Kaufland, läuft das Geschäft besser. David Weinkauf, der Bäume der Firma Stich aus dem Odenwald anbietet, ist davon überzeugt, dass durch die Ankündigung von Ministerpräsident Kretschmann der Verkauf angekurbelt wurde. „Viele haben gefragt, ob wir am Montag noch offen haben.“ Jan Georgiens hat seinen Baum auch schon geholt. „Ich hätte ihn wahrscheinlich am Samstag gekauft“, erzählt der Neckarstädter.
Laut Weinkauf wird der Verkauf gegenüber 2019 noch getoppt. „Da ging es erst ab dem 14. Dezember so richtig los“, sagt er. „Die Leute kommen auch gezielt, um Christbäume zu kaufen. Sie suchen einen Grund, um mal rauszukommen.“ Vor allem am Wochenende sei viel los. „Am 21. und 22. Dezember wird es noch mal hart“, so Weinkauf.
Dima möchte sich diesen Stress ersparen. „Der Baum sollte nicht zu groß, aber auch nicht zu klein sein.“ Allein wird er aber nicht entscheiden, welcher Baum das Rennen macht. „Ich habe eine kleine Käuferin dabei, die bestimmt“, sagt er lächelnd und deutet auf seine dreijährige Tochter Diana.
Schließung noch unsicher
- Trotz hartem Lockdown, der am Mittwoch beginnt, müssen sich die Bürger keine Sorgen machen, dass sie keinen Christbaum mehr bekommen. Diese dürfen nämlich vor den Läden weiterhin verkauft werden.
- Dazu zählt unter anderem auch das Gartencenter Beier in Sandhofen. Auf telefonische Nachfrage erklärte eine Mitarbeiterin, dass noch nicht feststehe, ob sie den Laden tatsächlich schließen müssen. „Der Weihnachtsbaumverkauf geht aber auf jeden Fall weiter.“ Dieser finde ohnehin im Freien statt.
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