Mannheim. „Aufwühlend und bedrückend“ – so empfindet Diakon Manfred Froese das, was derzeit passiert. Ausgerechnet rund um seinen 75. Geburtstag blickt Froese, der als Vorstand der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Rhein-Neckar leidenschaftlich für interreligiösen Dialog eintritt, fassungslos auf den aufkommenden Antisemitismus und die Auseinandersetzungen zwischen Juden und Palästinensern.
„Und das in dem Jahr, in dem wir 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland ins Bewusstsein rufen und feiern wollen“, seufzt er. Doch wegen der Corona-Pandemie seien ja viele Aktivitäten „ausgebremst“, klagt Froese – ausgerechnet jetzt, wo doch der Dialog umso nötiger sei.
„Liebeswerke“ als Lebenswerk
Nun hofft er auf die Zeit nach den Sommerferien. Jedenfalls wird für Froese „immer deutlicher“, dass für die „Stadtgesellschaft einer Stärkung des Zusammenwirkens der Religionen eine besondere Bedeutung zukommt“, bekräftigt er. „Gott sei Dank gibt es in Mannheim viele Kräfte, die sich dafür einsetzen“, sagt er dankbar – dabei ist er da selbst eine der ganz wichtigen Kräfte.
„Impulse zu geben, die das Miteinander fördern“: So beschreibt er zu zurückhaltend seine Rolle. Nur wer voneinander wisse, könne sich verstehen – mit dieser Motivation treibt er schon lange den interreligiösen und christlich-jüdischen Austausch voran. Um ganz jung, bei den Schülern, anzusetzen, hat er 2001 den Abrahampokal als bundesweit beachteten Wanderpokal für Schulen, die den interreligiösen Dialog praktizieren, auf den Weg gebracht.
Junge Menschen haben seinen Berufsweg geprägt. In Landsberg/Lech geboren, leitete er nach der Ausbildung als Diakon ein Jahr ein Studentenwohnheim. Als Sekretär des Christlichen Vereins Junger Menschen (CVJM) in London 1969/71 kam er zur Sozialarbeit. 1972 ging er zum Diakonischen Werk, baute die Sozialberatung im Aussiedlerheim Rheinau auf. 1978 berief man ihn an die Spitze der „Neckarauer Liebeswerke“. Sie wurden sein Lebenswerk, denn daraus formte er ein modernes, professionell geführtes mittelständisches Unternehmen im Dienste der Nächstenliebe: den Verein für Gemeindediakonie und Rehabilitation, dem er 33 Jahre, bis 2011, als Vorstand diente.
Ob Behindertenwerkstätten oder Wohnheime sowie Kooperationen mit Vereinen und Firmen – Froese leistete enorm viel für das, was man heute Inklusion und Integration nennt, was er aber in Zeiten der Ausgrenzung sehr mühsam erkämpfen musste. Dabei blieb er persönlich stets bescheiden und zurückhaltend, liebenswürdig und souverän. Froese machte sich einen Namen durch die ganz seltene Kombination, erfolgreicher Manager und einfühlsamer Seelsorger zu sein.
Neben dem fordernden Beruf war er stets im Ehrenamt aktiv, darunter 1989 bis 1999 als soziales Gewissen der CDU im Gemeinderat, im Kuratorium der Hochschule, als Vorsitzender des Schulausschusses des Bach-Gymnasiums, bei Rotary sowie als Ausschussvorsitzender des renommierten Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge, dem wichtigsten deutschen Sprachrohr für Sozialpolitik. Welch hohes menschliches wie fachliches Ansehen Froese genießt, zeigte sich dann 2014. Da wurde er in die Badische Landessynode berufen und von ihr wiederum in die 12. Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) entsandt. Nun will er zwar „einige meiner Engagements zurückfahren“, wie er ankündigt, aber sich „mehr projektbezogen engagieren“, wie er hinzufügt.
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