Was sind Muggels, was ist ein Schnatz und warum muss er gejagt werden? Um das Spiel des Vereins Mannheimer Greife zu verstehen, braucht man vor allem eins: Bereitschaft, in eine andere Welt abzutauchen. Die gerade mal 19 Mitglieder haben sich zusammen getan, um beim Quidditch anzutreten.
Die fiktive Sportart aus den Harry-Potter-Romanen dient als Vorlage, doch von Magie ist auf dem 48er Platz im Stadtteil Almenhof nichts zu spüren. Wir treffen Justine Borchardt, 26 Jahre alt, seit rund 16 Jahren mit dem Harry-Potter-Virus infiziert, Muggel und Sportmuffel. In den Harry-Potter-Geschichten werden Wesen ohne magische Fähigkeiten – also Menschen – als Muggel bezeichnet. Und genau das macht den Unterschied aus zu den Spiel-Szenen aus den Büchern: Muggelquidditch funktioniert ohne Zauberei.
Männer und Frauen im Team
Um den Spielverlauf zu erklären, setzt sich Justine Borchardt auf ihren Besen – in Wahrheit ein handelsübliches Kunststoffrohr. Zur Sicherheit schickt sie voraus: „Wir fliegen natürlich nicht.“ Denn bei Muggelquidditch handelt es sich schlichtweg um ein Rasenspiel. Zwei Mannschaften treffen aufeinander, 33 Mal 22 Meter groß ist das Feld, pro Team stehen sieben Personen auf dem Platz (höchstens 21 im Kader), es müssen immer drei Frauen und vier Männer oder vier Frauen und drei Männer im Einsatz sein.
Alle sitzen während des Spiels auf ihren Kunststoffrohren, pardon: auf ihren Besen. Das Ziel ist es, möglichst viele Punkte zu sammeln. Und das können zum Beispiel die drei Jäger (englisch: Chaser). Sie passen sich gegenseitig den Quaffel (einen handelsüblichen Volleyball) zu und versuchen ihn durch die Torringe der gegnerischen Mannschaft zu werfen. Wer das schafft, bringt seinem Team pro Tor zehn Punkte – ganz wie im Roman.
Jäger, Hüter, Treiber und Klatscher
Einer der Jäger genießt als Hüter (Keeper) Sonderrechte, denn er muss die teameigenen Ringe verteidigen. Außerdem fegen pro Mannschaft drei Treiber (Beater) über den Platz, die jeweils mit einem Ball, dem sogenannte Klatscher (Bludger), Mitglieder des gegnerischen Teams abwerfen. Sobald jemand getroffen wird, muss er vom Besen absteigen, zu den eigenen Torringen rennen und sie berühren, um sich „freizuschlagen“.
In der 18. Minuten kommt der Schnatz ins Spiel: eine gold-glänzende mit Flügeln besetze Kugel, die wie von Zauberhand durch die Luft saust – so geheimnisvoll-
genial sieht der Schnatz jedenfalls im Film aus. Bei den Muggels leider nicht. Der Schnatz ist, so erleben wir auf dem 48-er Platz, lediglich ein Tennisball, der in einer gelben Socke versteckt am Hosenbund des Schnatzläufers hängt. Dennoch: Dieses scheinbar unspektakuläre Hängerchen zieht die Sucher (Seeker) magisch an. Einen gibt es in jeder Mannschaft und sie haben nur dieses eine Ziel: den Schnatz schnappen – also die Socke aus dem Hosenbund ziehen, um damit 30 Punkte einzusacken (im Buch sind es satte 150) und das Spiel zu beenden. Übrigens, so sei für Nichteingeweihte nebenbei erwähnt, Sucher ist die Position, für die Harry Potter beim Quidditch auserwählt wurde. Justine Borchardt gibt zu, dass sie ohne Harry Potter niemals angefangen hätte, Sport zu machen. Zugleich betont sie: „Man muss kein Fan sein, um das Spiel zu lieben.“ Viele Mitglieder der Mannheimer Greife seien in den Verein eingetreten, weil sie einfach nur die Sportart interessiert habe.
Verein, Mitglieder und Trainingszeiten
- Der Quidditch-Verein Mannheimer Greife ist im Sommer 2017 von Justine und Patrick Borchardt gegründet worden. Er hat zurzeit 19 Mitglieder.
- Die Erwachsenen trainieren sonntags von 18.30 Uhr bis 20.30 Uhr auf der Alfred-Delp-Anlage neben dem Friedrichspark an der Uni.
- Jetzt möchten die Mannheimer Greife eine Kinder- und Jugendmannschaft aufbauen und suchen Jungen und Mädchen zwischen neun und 16 Jahren, die Lust haben, mitzumachen.
- Voraussetzungen sind die Bereitschaft für regelmäßiges Training und Fair Play, außerdem Lust auf Teamarbeit. Für das Quidditchspiel ist Ausdauer von Vorteil.
- Die Jugendlichen trainieren sonntags (erste Einheit am 8. Juli 2018) von 16 Uhr bis 17.30 Uhr auf dem 48-er Platz im Stadtteil Almenhof. Zunächst soll das Training 14-tägig stattfinden. Nächste Übungsstunde wäre dann am 22. Juli um 16 Uhr.
- Wer Interesse hat, mit den Mannheimer Greifen zu trainieren, sollte eine Mail an Justine Borchardt schreiben. Sie wird die Jugendmannschaft betreuen. E-Mail Adresse: mannheimergreife@gmail.com
- Weitere Infos zum Verein Mannheimer Greife gibt’s auf Facebook. abo
Mannheimer Team auf Platz 22
Während sich die Mannheimer Erwachsenen-Mannschaft langsam bundesweit behauptet und bei der Deutschen Meisterschaft Platz 22 belegte, bekommen die Jäger, Treiber und Sucher immer mehr junge Zaungäste, die mit wachen Blick die Trainingseinheiten verfolgen.
Anton Ziegler aus der Neckarstadt zum Beispiel. Seine Mutter hatte entdeckt, dass es einen Quidditch-Verein in Mannheim gibt und ihrem Sohn davon erzählt. „Das wollte ich mir sofort anschauen“, berichtet er. Die Bücher von Joanne K. Rowling verschlingt der Zwölfjährige gerade zum zweiten Mal. Einfach zauberhaft. Genauso wie die Aussicht, bald mit einer kompletten Jugendmannschaft Quidditch spielen zu können. Und das wollen ihm nun die Mannheimer Greife ermöglichen, mit Trainerin Justine Borchardt an der Spitze.
„Gar nicht so kompliziert“
„Wenn wir 15 Leute zusammenkriegen könnten, wäre das perfekt“, hofft Anton. Wichtig ist, dass sich sowohl Jungs als auch Mädchen melden. Umso besser, dass auch schon Zora Krieger auf den Anpfiff wartet. Die Sechstklässlerin möchte allen Interessierten vor allem eines sagen: „Es ist alles nicht so kompliziert, wie es sich anhört.“
Eines sollte der Vollständigkeit halber noch erwähnt werden: Es gibt auch beim Quidditch rote und gelbe Karten. Wer zum Beispiel wegen einer Beleidigung Gelb sieht, muss für eine Minute in die Strafbox. Und bei Rot heißt es: Abflug.
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