Mannheim. „Time ist brain – Zeit ist Hirn!“ Darum geht es bei dem Projekt „RettungsNetz -5G“. Und deshalb ist die mobile Schlaganfalleinheit, die von der Universitätsmedizin Mannheim, dem örtlichen Kreisverband des Deutschen Roten Kreuzes und der Integrierten Leitstelle in der Rhein-Neckar-Region betrieben wird, mit einem Schädel-Computertomografen (CT) ausgestattet. Denn damit kann bereits am Einsatzort diagnostiziert werden, ob eine Arterie im Hirn verschlossen ist oder ein Gefäßeinriss zu einer Hirnblutung geführt hat.
Echtzeit-Diagnose per 5D-Technologie auf dem Weg ins Krankenhaus
Schließlich hängt davon ab, welche Therapie geboten ist. Angepeiltes Ziel: Die kritische Zeit vor Erreichen einer Klinik um 30 bis 60 Minuten zu verkürzen. Und wie geht das notfallmedizinische Projekt vor sich? Ein Szenario: Bei der integrierten Rettungsleitstelle geht ein Notruf ein, dass ein 68-jähriger Mann zu Hause mit plötzlichen Lähmungserscheinungen auf einer Körperseite vermutlich einen Schlaganfall erlitten hat. Daraufhin wird sofort das Spezialfahrzeug „Mobile Stroke Unit“, kurz MSU, losgeschickt – mit einem Notarzt beziehungsweise Notärztin, einem Rettungssanitäter und einer medizinisch-technischen Fachkraft als Team.
Sobald der Patient aus der Wohnung in die Hightech-Einheit vor der Haustür gebracht worden ist, erfolgt sozusagen auf Knopfdruck mittels CT der Blick ins Hirn, um abzuklären, welche Art eines Schlaganfalles vorliegt und was für ein Areal betroffen ist. Weil die Analyse solcher Aufnahmen Expertise voraussetzt, werden die Schnittbilder an Fachabteilungen der Universitätsmedizin Mannheim (UMM) zwecks Auswertung geschickt.
Möglich macht dies eine 5G-Technologie, die im Gegensatz zu früheren Mobilfunkstandards über eine stabile und schnelle Datenübertragung in Echtzeit verfügt. Sobald die Diagnose per Fernübertragung getroffen worden ist, besteht Klarheit über die bestmögliche Therapie. Je nach Befund kann diese schon während der Fahrt mit der Gabe von Medikamenten beginnen.„Es geht uns um die Verbesserung der Schlaganfallversorgung“, betont der medizinische Klinikum-Geschäftsführer Hans-Jürgen Hennes, dem als früherer Notfallmediziner das Projekt besonders am Herzen liegt.
Mannheims Medizintechnik-Standort stärkt Notfallversorgung durch Kooperationen und Hightech-Lösungen
Oberbürgermeister Christian Specht freut sich über „neue Maßstäbe für die Notfallversorgung in der ganzen Region“ und betont: „Solche Fortschritte sind nur durch das Zusammenspiel hochkarätiger Forschungseinrichtungen und Krankenversorger, der Hightech-Industrie und engagierten Rettungskräften möglich. Und Mannheim bietet dafür ideale Voraussetzungen.“ Spechts Dank geht an alle Projektpartner – insbesondere an die Integrierte Rettungsleitstelle und das Rote Kreuz.
In der Tat haben sich in einem Konsortium viele Unterstützer zusammengefunden: Der Verband Region Rhein-Neckar ist für die Projektsteuerung und Vernetzung wichtiger Akteure verantwortlich. Das Mannheimer Universitätsklinikum fungiert als klinische Anlaufstelle und medizinischer Koordinator, wobei schwerpunktmäßig die Zentrale Notaufnahme, die Kliniken für Neurologie wie auch für Radiologie und Nuklearmedizin, außerdem die Neuroradiologie eingebunden sind.
Den Part der technischen Umsetzung mit innovativen Beiträgen zu maschinellem Lernen, Prozessmanagement und agiler Softwareentwicklung hat die Universität Mannheim übernommen. Siemens Healthineers steuerte wiederum Lösungen rund um die Live-Video-Assistenz, das mobile CT-Gerät und die spezielle IT-Plattform bei. Beim radiologisch strukturierten Erheben von Befunden hat „Smart Reporting“ mitgewirkt. Und Freytag Karosseriebau tüftelte an Besonderheiten des Spezialfahrzeuges. „RettungsNetz-5G“ gehört zu den 14 vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr geförderten Projekten.
Die rollende Innovation ist jetzt nach mehr als zweijähriger Vorlaufzeit im Cubex One auf dem Medizin-Campus präsentiert worden. Neurologie-Chef Michael Platten und Radiologie-Direktor Stefan Schönberg leuchten medizinische Möglichkeiten aus, während Hans-Jürgen Hennes von der Klinikum-Doppelspitze universitäre Strukturen erörtert, die für eine (über-)regionale Notfallversorgung notwendig sind. Mannheims OB Christian Specht umreißt die strategische Einbindung in den Medizintechnikstandort Mannheim. Der Blick richtet sich auch auf Forschungsvorhaben: Da sämtliche medizinische Daten der Schlaganfall-Noteinsätze auf einer Analyse- und Entscheidungsplattform strukturiert gespeichert werden, soll ein Abgleich mit mehr als 10 000 klinischen Parametern maschinelles Lernen vorantreiben, unterstützt von Künstlicher Intelligenz.
Frühzeitige Behandlung bei Schlaganfall erhöht Überlebenschancen und reduziert Folgeschäden
Wie wichtig eine schnelle Behandlung nach einem Schlaganfall ist, belegen Zahlen: Jährlich erleiden in Deutschland rund 270.000 Menschen einen Hirninfarkt beziehungsweise eine Hirnblutung – vorwiegend, aber nicht nur jenseits der Sechzig. Der Schlaganfall gilt als dritthäufigste Todesursache und häufigster Grund für erworbene Behinderungen im Erwachsenenalter.
Ob ein Blutgerinnsel eine Hirnarterie verstopft oder ein Gefäß geplatzt ist, grundsätzlich gilt: Je früher die Akutbehandlung, umso größer die Chance, ohne Folgeschäden zu überleben. Zu den Therapien, die in der zertifizierten „Stroke Unit“ der Mannheimer Universitätsmedizin möglich sind, gehört beispielsweise die Thrombektomie: Dabei wird das blockierende Gerinnsel mittels eines durch die Blutgefäße vorgeschobenen Katheters aus der Arterie entfernt.
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