Mannheim. Im Hygiene-Prozess, bei dem der ehemalige Geschäftsführer des Mannheimer Universitätsklinikums Alfred Dänzer wegen Verstößen beim Betreiben von Medizinprodukten auf der Anklagebank saß, ist das Urteil verkündet worden: Die Dritte Landgericht-Strafkammer verhängte eine zweijährige Bewährungsstrafe und zusätzlich 75 000 Euro – eine Geldauflage, die drei Mal so hoch ausfällt wie vom Staatsanwalt gefordert.
Er habe als Betreiber von Medizinprodukten gegen das Medizinproduktegesetz in besonders schwerem Fall verstoßen und zwischen 2007 und 2014 die Gesundheitsgefährdung von Tausenden Patienten in Kauf genommen, argumentierte das Gericht am Montag.
Das Gericht geht nicht von Fahrlässigkeit aus, für die der Verteidiger plädiert hatte, sondern von bedingtem Vorsatz. Als Geschäftsführer habe der verantwortliche Manager versäumt, zu kontrollieren, ob von ihm delegierte Aufgabenbereiche auch tatsächlich umgesetzt werden. Außerdem habe es für den wichtigen Bereich rund um die Aufbereitung von Sterilgut keine Budgetmittel gegeben, die anfallende Aufgaben wie Funktionsüberprüfungen der Geräte oder Schulung von Personal überhaupt ermöglichten.
Die Kammer wertete Versäumnisse nicht im Sinne von bloßem „Unterlassen“, sondern als „ aktives Tun“. Angesichts von jährlich um die 18 000 chirurgischen Eingriffen im Klinikum sei von einem „besonders schweren Fall“ auszugehen, weil Mängel bei OP-Instrumenten grundsätzlich zu einer Patientengefährdung führen können – auch wenn diese kausal nicht belegbar sind.
Für eine Bewährungsstrafe trotz eines Strafrahmens bis zu fünf Jahre Haft hat nach Ansicht der Kammer gesprochen, dass der inzwischen 73-Jährige bisher unbescholten lebte. Außerdem habe man berücksichtigt, dass aufgrund des Urteils ein Verlust der Pensionsbezüge als Beamter droht. Mit Blick auf die lange und belastende Verfahrensdauer von insgesamt sechseinhalb Jahren werden Alfred Dänzer drei Monate der zweijährigen Bewährungsstrafe als bereits vollstreckt anerkannt.
Vor Journalisten kündigte die Verteidigung das Einlegen von Revision an: "Das Urteil ist so falsch wie ein Urteil nur sein kann." Das Gericht habe den Fokus auf Vorsatz zuungunsten der Fahrlässigkeit gelegt, kritisierte sie. (mit dpa)
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