Hygiene-Affäre

Hygiene-Affäre - Klinikum geht wegen Schadensersatz vor Gericht

Von 
Waltraud Kirsch-Mayer
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Das Uniklinikum Mannheim. © dpa

Mannheim. Etwas mehr als ein Jahr liegt zurück, dass der ehemalige Geschäftsführer des Mannheimer Universitätsklinikums Alfred Dänzer im sogenannten Hygiene-Prozess wegen Verstößen gegen das Medizinproduktegesetz zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren plus Geldauflage verurteilt worden ist. Am Freitagnachmittag hat der Aufsichtsrat der Klinikum-GmbH in seiner turnusmäßigen Sitzung beschlossen, Schadenersatz gerichtlich geltend zu machen – das bestätigte auf „MM“-Anfrage Sprecher Dirk Schuhmann.

Allerdings gab das  Klinikum keine weiteren Details bekannt. Und auch Alfred Dänzer wollte sich nicht äußern. Der inzwischen 74-Jährige ließ gegenüber unserer Zeitung lediglich wissen, dass eine von ihm beauftragte Anwaltskanzlei Gespräche mit  Vertretern des Uni-Klinikums geführt habe – „aber die liegen schon geraume Zeit zurück“.

Knifflige juristische Fragen zu lösen

Auch wenn sich die Stadt als Trägerin des Universitätskrankenhauses wie auch deren aktuelle Doppelspitze bedeckt halten und schon gar keine Summen nennen, so ist klar: Bei dem nun im Aufsichtsrat beschlossenen Eintreiben von Regressforderungen gilt es knifflige juristische Fragen zu lösen. Eine zentrale Rolle dürfte spielen, dass die im Herbst  2014 bekannt gewordenen Mängel rund um die Aufbereitung von Sterilgut, insbesondere OP-Besteck, die Mannheimer Universitätsmedizin nicht nur Vertrauen, sondern obendrein Millionen gekostet haben.

Vermutlich wird sich das Klinikum bei seiner zivilrechtlichen Klage darauf stützen, dass das Mannheimer Landgericht den langjährigen Ex-Manager wegen Verstößen beim Betreiben von Medizinprodukten -  wozu auch chirurgisches Instrumentarium gehört  - in einem „besonders schweren Fall“ verurteilte und dabei Versäumnisse, beispielsweise bei Funktionsüberprüfungen von Steri-Geräten oder bei Personalschulung, zur Last legte. Das Strafgericht wertete mangelnde Kontrollen und fehlende Budgetmittel als „aktives Tun“ und nicht nur als „bloßes Unterlassen“.

Wie verhält sich die Versicherung?

Zu den Besonderheiten des Hygiene-Prozesses  gehört, dass sich die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen drei Jahren hinzogen und zudem zwischen Anklageerhebung und Beginn der Hauptverhandlung mehr als drei Jahre lagen – so dass eine Verurteilung wegen „Fahrlässigkeit“ aufgrund der Verjährungsfrist gar nicht mehr möglich war. Der festgestellte „bedingte Vorsatz“ hat beim Abwickeln von Schadensersatzansprüchen enorme Auswirkungen. Grund: Manager-Haftpflichtversicherungen, die üblicherweise finanzielle Folgen von Fehlentscheidungen innerhalb der jeweils vereinbarten Deckungssumme ausgleichen, können solcherart Zahlungen verweigern, wenn Pflichtverletzungen „wissentlich“ erfolgt sind beziehungsweise ein Strafgericht ausdrücklich von Vorsatz ausgeht. 

Wie sich die vom Uni-Klinikum vermutlich beim Badischen Gemeindeversicherungsverband abgeschlossene Geschäftsführerversicherung in der Causa Dänzer positioniert, wird die Zukunft zeigen. Möglich ist folgendes Szenario: Das von der Stadt Mannheim getragene Uni-Klinikum fordert gerichtlich von dem Ex-Manager Schadensersatz – während Alfred Dänzer seinerseits gegen seine Haftpflichtversicherung auf Leistung klagt, sofern diese nicht zahlen will. 

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