Mannheim. Aurelia de Maio wirbelt mit ihren Armen in der Luft, ihre Beine bewegen sich im Takt. Mal ist ihr Gesichtsausdruck konzentriert, mal grinst sie und lacht. Und damit ist sie nicht allein. Wenn man de Maio zuschaut, muss man selbst mitlachen. Ihre Freude beim Tanzen ist ansteckend.
Da ist es nicht überraschend, dass de Maio sich bis an die Weltspitze getanzt hat. Denn am 17. August hat sich die Zehnjährige im englischen Blackpool den Weltmeisterschaftstitel geholt – im Hip-Hop Solo Freestyle in ihrer Altersgruppe. Freestyle bedeutet, dass sie keine einstudierte Choreografie auf der Bühne tanzt. Auch weiß sie vorher nicht, welches Lied ertönt, zu dem sie dann performen soll. „Es war sehr schön, eine coole Erfahrung“, erzählt sie begeistert. „Und die Stimmung war einfach cool.“
Ihren großen Pokal mit der Weltkugel durch die Security am Flughafen zu bringen, war dann kein Problem. „Der Pilot hat sogar noch eine Durchsage gemacht: ‚Herzlichen Glückwunsch an die Teilnehmer der UDO‘“, erzählt Vater Angelo de Maio. UDO – das ist die United Dance Organisation, der Verband, der die Weltmeisterschaft in England ausrichtet. Schon einige Wochen vorher nahm de Maio an den Europameisterschaften der UDO teil. Auch dort kam sie ins Finale und wurde schließlich Vierte.
Neben dem Hip-Hop Solo Freestyle gibt es dort noch viele andere Kategorien, in denen man sich mit der Welt messen kann und die jeweils nach Alter oder Kenntnissen eingeteilt sind. Man kann zum Beispiel auch als Gruppe mit einstudierter Choreografie teilnehmen oder mit anderen Tanzstilen wie House oder Afro antreten.
Mannheimerin Aurelia de Maio trainiert fast jeden Tag
De Maio trainiert so gut wie jeden Tag, erzählt sie. Entweder im GIO Dance Studio in der Gruppe, eben mit einstudierten Choreografien. Oder mit ihrem Einzeltrainer Daniel Kwiek, besser bekannt unter seinem Künstlernamen Mr Quick. Seine Spezialität ist der Tanzstil Popping, bei dem während des Tanzens durch ruckartige Muskelkontraktionen roboterähnliche Bewegungen durchgeführt werden.
Mit ihm übt die Zehnjährige hauptsächlich Battles, also Tanzkämpfe, und Performance – „so, wie man sich gibt auf der Bühne, wie man sich präsentiert“, erklärt Kwiek. Er legt Wert darauf, ihr die verschiedenen Tanzstile zu vermitteln. „Die sind mittlerweile auch wirklich akademisch“, so Kwiek. Auch ist es ihm wichtig zu betonen, dass Hip-Hop nicht nur ein Trend oder ein Label ist, sondern eine richtige Kultur.
„Es ist quasi: each one teach one. Sie lernt von mir so, wie ich auch von ihr lerne. Es ist ein Geben und Nehmen.“ Während des Trainings zeigt sich diese Harmonie zwischen de Maio und Kwiek. Es ist wie eine Unterhaltung: Wenn Kwiek einen Tanzschritt macht, den de Maio spannend findet, übernimmt sie ihn – und andersherum. Konzentriert, aber mit einem Augenzwinkern, gehen die beiden aufeinander ein.
Mit vier Jahren begann de Maio das Tanztraining. Eigentlich war aber schon immer klar, dass sie ein Talent für das Tanzen hat, erzählen ihr Vater und ihre Mutter, Nadja Cuva. „Sie konnte noch nicht mal laufen oder sprechen, da war Musik für sie schon an erster Stelle“, so Cuva. „Sie wollte immer tanzen, tanzen, tanzen.“
Das zeigt sich auch, wenn Aurelia de Maio auf der Bühne steht: „Eigentlich merke ich das gar nicht, das Ganze um mich herum. Mir macht es Spaß und wenn ich auf der Bühne bin, dann zeige ich einfach, was ich kann, und bin auf mich fokussiert.“
Hip-Hop-Weltmeisterin: Familienterminkalender der Mannheimerin dreht sich um das Tanzen
Und auch bei ihren Eltern dreht sich fast der ganze Terminkalender um das Tanzen. Entweder Training im Studio, Privattraining, an den Wochenenden oft Workshops oder Wettkämpfe. „Das ist auch eine finanzielle Sache, das darf man nicht vergessen“, sagt Cuva. So gebe es nicht wirklich eine Förderung – im Gegensatz beispielsweise zu Sport in Vereinen.
Kwiek kritisiert außerdem die seiner Meinung nach fehlende Resonanz der Stadt. „Auch von der Stadt gibt es kein Feedback, kein Dankeschön oder ein: Wow, herzlichen Glückwunsch“.
Um die finanziellen Mittel aufzubringen, machten die de Maios deshalb eine Gofundme-Seite auf, auf der sie Spenden im Internet für die Reise nach England zur WM sammelten. „Wir sind allen sehr dankbar, es ist nicht selbstverständlich, dass Leute ihr eigenes Geld dafür nehmen, um Aurelia zu unterstützen“, betont Vater de Maio. Die Tänzerin hat auch selbst Spenden gesammelt, bei ihren Auftritten in Parks oder Kirchen, um sich die Reise finanzieren zu können.
Das Tanzen ist also der Mittelpunkt in de Maios Leben. Deshalb geht sie nun auf das Ludwig-Frank-Gymnasium. Die Spezialisierung der Schule auf den Sport passt gut. Zwar gibt es dort kein Hip-Hop, sagt de Maio. „Aber sie haben Verständnis und fördern das.“ Verständnis, wenn de Maio manchmal schon freitags abreisen muss, um an einem Wettkampf teilnehmen zu können – wie beispielsweise an diesem Wochenende bei den Deutschen Meisterschaften in Mülheim an der Ruhr.
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