Tarife - Heute ruft die Gewerkschaft Verdi in Mannheim Beschäftigte des öffentlichen Dienstes zum Ausstand auf – ein Überblick über die Auswirkungen

Hier trifft der Warnstreik die Bürger

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Lisa Röhr , Larissa Hamann , Peter W. Ragge und Heiko Brohm
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Alle städtischen Krippen und Kindergärten sind heute geschlossen (hier ein Bild aus Dortmund), es gibt keinen Notdienst. © dpa

Mannheim. Die Straßenbahnen stehen in ihren Depots, Müllmänner erscheinen nicht zum Dienst und die städtischen Kitas bleiben geschlossen – die Gewerkschaft Verdi hat die Angestellten des öffentlichen Dienstes in Mannheim und im gesamten Bezirk Rhein-Neckar zum Warnstreik aufgerufen. Von dem Ausstand heute sind zehntausende Bürger betroffen, ein Überblick:

Öffentlicher Nahverkehr: Die Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (RNV) geht davon aus, dass heute ab 3 Uhr morgens bis Donnerstagmorgen um 3 Uhr der öffentliche Nahverkehr stillsteht. Davon betroffen sind der Straßenbahn- und Busverkehr, dazu zählen auch Schulbusse – und zwar im gesamten Einzugsbereich der RNV. Außerdem werden Verwaltung, Werkstätte und die Mobilitätszentralen geschlossen bleiben. Die Polizei rechnet deshalb mit mehr Autoverkehr. Insbesondere Hauptverkehrsrouten, etwa die B 38 aus Viernheim, die B 36 und B 37 aus Ludwigshafen und die B 44 aus Lampertheim seien aller Voraussicht nach betroffen, sagte ein Sprecher der Polizei. Auch die Taxizentrale stellt sich darauf ein, dass ihre Autos länger brauchen, um durch die Stadt zu kommen. Vorstandsmitglied Michael Reitmeier rechnet aber auch mit mehr Kunden: „Unsere Mitarbeiter werden früher da sein und aktiver unterwegs sein.“ Am Bach-Gymnasium werden die Lehrer ein Auge zudrücken, wenn ihre Schüler zu spät kommen: „Wir warten ab und begegnen den Schülern selbstverständlich großzügig“, so die Schulleiterin des Gymnasiums Heike Frauenknecht. Ihr Kollege Peter Jacob, der stellvertretender Schulleiter, hat die Eltern der Schüler vorab über den Streik informiert.

Kindergärten: Neben den Nutzern der RNV sind Familien besonders von dem Warnstreiktag heute betroffen. Alle Krippen und Kindergärten der Stadt Mannheim bleiben geschlossen, einen Notdienst gibt es nicht. Die Einrichtungen der freien Träger, etwa der Kirchen, öffnen dagegen wie üblich. Die Stadtverwaltung geht davon aus, dass auch die Schulkinderbetreuung an Grundschulen, wie etwa bei Horten, heute ausfällt, weil das Personal des Fachbereichs Bildung ebenfalls zum Streik aufgerufen ist.

Klinikum: Patienten am Uniklinikum müssen sich keine Sorgen machen, dass sie nicht behandelt werden. Dank einer Notdienstvereinbarung sei die Versorgung von Notfällen und stationären Patienten gewährleistet, teilt das Klinikum mit. Patienten und Angehörige sollen sich aber darauf einstellen, dass es zu Beeinträchtigungen kommen kann. Wenn Termine nicht eingehalten werden, informieren die Kliniken die Betroffenen. Insbesondere Pflegekräfte, der medizinisch-technische Dienst und Mitarbeiter der Verwaltung und Technik wollen streiken. Ärzte und Mitarbeiter, die nicht nach dem Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst beschäftigt sind, arbeiten regulär.

Müllabfuhr: Auch die Abfallwirtschaft der Stadt ist von dem Warnstreik betroffen. Unklar ist jedoch, in welchen Stadtteilen die Touren ausfallen. „Die stehengebliebenen Tonnen und der Sperrmüll werden dann nachgearbeitet“, sagt Stadtpressesprecher Kevin Ittemann. Die Bürger sollten ihren Müll darum trotzdem wie im Müllkalender angegeben an die Straße stellen.

Sparkasse: Die Sparkasse Rhein-Neckar Nord wird ebenfalls bestreikt. Es könne zu längeren Wartezeiten für die Kunden in den Filialen kommen, der Geschäftsbetrieb werde aber aufrecht erhalten, sagte ein Sprecher. Die Zweigstellen wollen ihre Kunden mit Aushängen in den Filialen über den Streik informieren. Da die Sparkasse ein öffentlich-rechtliches Institut und somit Teil des Tarifvertrages des Öffentlichen Dienstes ist, werden auch dort Mitarbeiter die Arbeit niederlegen.

Nationaltheater: Noch unklar sind die Folgen des Streiks am Nationaltheater. Hier fallen nur das Verwaltungs- und das Kassenpersonal sowie ein Teil der Bühnenhandwerker unter den Tarifvertrag. Sänger, Schauspieler und andere Mitarbeiter haben Künstlerverträge. In der Intendanz ging man gestern davon aus, dass Kasse und Abobüro wenigstens eingeschränkt besetzt sind. Zur abendlichen Vorstellung der Oper „Ernani“ von Giuseppe Verdi um 19.30 Uhr soll sich in jedem Fall der Vorhang heben. Denkbar ist aber, dass die Vorstellung konzertant gegeben werden muss. Für den „Ernani“-Bühnenaufbau benötigt die Technikmannschaft nämlich einen ganzen Tag. Noch stehen auf der Opernhausbühne aber die Kulissen für „Die Krönung der Poppea“ von Monteverdi, da war zuletzt Haupt- und Generalprobe.

Schwimmbäder: Ein Sprung ins kühle Nass ist keine gute Idee heute – jedenfalls nicht in einem der öffentlichen Schwimmbäder in Mannheim. Denn die, allesamt städtische Einrichtungen, bleiben heute den ganzen Tag geschlossen, das teilte die Stadt mit.

Jugendhäuser: Die Jugendhäuser Schönau, Waldpforte, Soulmenclub, Hochstätt sowie die Offene Jugendarbeit in der Schwetzingerstadt werden bestreikt.

Weitere städtische Dienststellen: Ob und vor allem welche Bürgerdienste und -services heute öffnen, konnte im Rathaus gestern niemand absehen. Erhebliche Einschränkungen sind jedenfalls zu erwarten, möglicherweise bleiben Stellen auch ganz geschlossen. Die Bürger werden gebeten, sich bei den einzelnen Diensten vorab telefonisch zu informieren. Aktuelle Infos will die Stadt auf ihrer Homepage mannheim.de weitergeben. Und wer einen festen Termin hat, der sollte vorab informiert werden, falls dieser nicht stattfindet, so Ittemann. Außerdem ist die Bauakteneinsicht im Marchivum geschlossen.

Innenstadt: Ab 7.30 Uhr ziehen drei Demonstrationszüge durch Mannheim zum Paradeplatz, kündigte die Gewerkschaft an. Ab 8.30 Uhr ist auf dem Platz dann eine zentrale Kundgebung mit Verdi-Chef Frank Bsirske geplant. Die Kunststraße wird für den Aufbau der Technik für die Kundgebung ab 4 Uhr voll gesperrt – die Stadt rechnet darum auch hier mit Verkehrsbehinderungen.

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