Mannheim. Diese Momente der enormen Spannung, der riesigen Erleichterung, der jubelnden, tobenden Massen – sie sind auch jetzt, viele Jahre danach, immer noch ganz präsent bei ihm. „Ich bekomme heute noch Gänsehaut, wenn ich nur daran denke“, sagt Markus Rick. Als Veranstalter vom Public Viewing vieler Fußball-Europameisterschaften und Weltmeisterschaften im Friedrichspark war der Schausteller der letzte offizielle Nutzer des Eisstadions, das nun bald abgerissen wird – was Markus Rick traurig stimmt.
2006 hatte es ein „WM-Dorf“ am Wasserturm gegeben. 2008 feierten die Fußball-Fans die Europameisterschaft in Österreich und der Schweiz beim Public Viewing auf dem Gelände der Eichbaum-Brauerei. Doch da wurde es zu eng vor der großen Leinwand, der Aufwand der Übertragung zu groß für die Brauerei, weil das ihre Auslieferung behinderte. Markus Rick, bekannt für seine Bratwürste, Pommes und Steaks auch beim Stadtfest und anderen großem Events, hatte aber bereits dort die Gastronomie organisiert.
Gemeinderat bewilligt Geld
2009 entstand dann eine große kommunalpolitische Diskussion, wo die Stadt eine Übertragung während der Fußball-WM 2010 in Südafrika ermöglicht. Die CDU stellte den Antrag, den Friedrichspark dazu herzurichten. Auch der Ehrenhof des Schlosses, der Alte und der Neue Meßplatz wurden überprüft. Dann fiel die Wahl doch auf den Friedrichspark, und der Gemeinderat bewilligte 50 000 Euro, um das alte Eisstadion noch mal zu renovieren und insbesondere Sicherheitsauflagen zu erfüllen. Auch der Inline-Sport-Club Mannheim (ISC) als sonstiger Nutzer der Halle war einverstanden.

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Selbst veranstalten wollte die Stadt das Fußball-Spektakel indes nicht. Da zeichnete zunächst wieder die Eichbaum-Brauerei verantwortlich. Ab der Europameisterschaft 2012 floss zwar weiter Eichbaum-Bier im Eisstadion, aber die Brauerei zog sich aus der Organisation zurück, und Markus Rick übernahm mit weiteren Partnern die Federführung im Friedrichspark. Die behielt er bis 2018, als ihm das frühe Ausscheiden der Deutschen bei der damaligen Weltmeisterschaft herbe Einbußen bescherte. Dennoch hatte er Interesse, bei der Europameisterschaft 2020 wieder eine Großleinwand aufzustellen – da kam Corona.
Wo so etwas künftig, nach dem Abriss des Eisstadions, stattfinden könne, weiß Rick gar nicht. „Da fällt mir auf Anhieb nichts ein“, bedauert er. „Platz für 5000 bis 10 000 Leute, überdacht und damit regensicher, umgrenzt und gut zu betreiben – das war ideal“, sagt er. „Vielleicht in der Multihalle, wenn die mal saniert ist“, überlegt er. Der geplante Abriss mache ihn jedenfalls „sehr traurig, denn da geht ein wichtiges Stück Mannheimer Vergangenheit verloren.“
Die Serie
- Der Friedrichspark, jahrzehntelang Heimat des MERC und der Adler sowie Veranstaltungsort vieler Konzerte, ist bald Geschichte. Voraussichtlich ab Sommer wird das Gebäude abgerissen. Die Grünfläche östlich des Schlosses soll neu gestaltet werden, und die Uni will im nördlichen Bereich drei Gebäude errichten.
- In einer Serie präsentieren wir in loser Folge Erinnerungen, die Leserinnen und Leser, aber auch Redakteurinnen und Redakteure mit dem alten Eisstadion verbinden.
Er erinnert sich noch, wie er als Kind mit dem Opa zu Eishockey-Spielen des MERC ins Eisstadion gegangen ist, dass er dann als Jugendlicher mit Freunden kam und wie er hier Konzerte erlebte. Da sei es für ihn „wirklich doppelt schön und eine große Ehre gewesen“, dass Eichbaum ihm damals zunächst die Bewirtung der Fans übertrug und ihm schließlich die Stadt die Ausrichtung des Public Viewing anvertraute. Er habe das „mit einem ganz tollen Team“ gemacht, mit dem er heute noch – etwa beim auch von ihm veranstalteten Märchenwald – prima zusammenarbeite: „Es war einfach eine wunderbare Zeit, die ich nicht missen möchte.“ Was ihm besonders auffiel: „Es kamen nicht nur Fußballfans.“ Einmal seien zu den Übertragungen der Spiele viele Eishockey-Freunde gekommen, „die einfach noch mal diese tolle Atmosphäre im Friedrichspark erleben wollten, obwohl sie Fußball gar nicht interessiert“, andererseits seien auch Menschen ganz ohne Sportinteresse geströmt: „Auch die einfach wegen der Atmosphäre, wegen der Stimmung“. Das habe zu einem hohen Frauenanteil geführt, und zwei mal gab es sogar öffentliche Heiratsanträge oder Verlobungen. „Einmal hat Juwelier Troncone die Ringe gespendet“, weiß Rick noch. Und einmal sei der Andrang vor den Toren so groß gewesen, dass die Polizei ihn anwies, mehr als die erlaubten 5000 Menschen einzulassen – weil es immer noch besser sei, dass sie sich im Eisstadion verteilen als vorm Eingang unzufrieden drängeln.
„Unvergessen für alle“
Der Vorteil im Vergleich zu anderen Großleinwänden in Biergärten von Gastronomen sei eben gewesen, dass das alte Eisstadion überdacht war. „Nie zu heiß, nie zu kalt, nie nass, das war einfach ideal“, bedauert Rick, dass es diese Möglichkeit nicht mehr geben wird. „Es war einfach gigantisch, diese Massen, diese Menge an Menschen, der Jubel, als Deutschland 2014 Weltmeister wurde – diese Momente werde ich nie vergessen, ich habe nie mehr so viele glückliche, gut gelaunte Menschen auf so engem Raum gesehen“, denkt er gerne zurück und bekommt wieder Gänsehaut. „Schade, dass man das nie mehr erleben kann“, meint er traurig.
Besonders gerne denkt Rick an den 2020 verstorbenen Adler-Stadionsprecher Udo Scholz zurück, der die Liveübertragungen moderierte. „Ein Mannheimer Urgestein, einfach toll, er konnte mit der Menge so gut umgehen“, so Rick. Zusammen mit dieser Friedrichspark-Legende saß Feuerio-Vizepräsident Stefan Hoock am Moderatoren-Platz – damals seine Premiere und erfolgreiche Feuertaufe für inzwischen viele weitere Rollen als Moderator.
Die gute, freundschaftliche Unterstützung von Udo Scholz sei „einfach klasse“, die Menschenmassen im Eisstadion enorm beeindruckend gewesen. Ganz besondere Erlebnisse seien für ihn der deutsche Titelgewinn der WM 2014 und zuvor im Halbfinale der ganz besondere 7:1- Erfolg Deutschlands gegen Brasilien gewesen. „Das ist einfach unvergessen für alle, die es im Friedrichspark miterleben durften“, so Hoock.
Info: Fotostrecke unter mannheimer-morgen.de/mannheim
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