Gesundheit

Gesundheitsminister Lucha: Genug Kinderärzte in Mannheim

Gesundheitsminister Manne Lucha sieht die kinderärztliche Versorgung in Mannheim nicht gefährdet. Der Mannheimer SPD-Landtagsabgeordnete Boris Weirauch übt Kritik.

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Simone Kiß
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Gerade mit einem kranken Kind sind kurze Wege zur nächsten Kinderarztpraxis wichtig. © picture alliance/dpa/Westend61

Mannheim. Der baden-württembergische Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) sieht die kinderärztliche Versorgung in Mannheim nicht gefährdet. Das schreibt er in seiner Antwort auf eine Anfrage des Mannheimer SPD-Landtagsabgeordneten Boris Weirauch zur Ablehnung von Sonderbedarfszulassungen für Kinderärzte in der Stadt.

Der Stadtkreis Mannheim weise für die kinderärztliche Versorgung laut der letzten Erhebung vom Juli 2025 einen Versorgungsgrad von 131,9 Prozent auf. Liege ein Planungsbereich über einem Versorgungsgrad von 110 Prozent, werde er für Neuzulassungen gesperrt. So wie aktuell in Mannheim. Dies werde regelmäßig von der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) überprüft, die im Land den Sicherstellungsauftrag für die vertragsärztliche Versorgung innehabe, so der Gesundheitsminister.

Antrag auf Sonderbedarfszulassung auf der Mannheimer Hochstätt abgelehnt

Um insbesondere die kinderärztliche Versorgung auch langfristig stabil zu halten, setze sich sein Ministerium aber schon lange beim Bundesgesetzgeber für eine Reform der vertragsärztlichen Bedarfsplanung ein, schreibt Lucha: „Ihre aus den 90er-Jahren stammende Systematik ist inzwischen veraltet. Der steigende Altersdurchschnitt in der Ärzteschaft und der Trend zu mehr Anstellung und Teilzeit lassen sich nicht bedarfsgerecht in der Bedarfsplanung abbilden.“

Ausgelöst worden ist die Kinderarzt-Debatte durch den Antrag von Stefanie Schwarz-Gutknecht auf Sonderbedarfszulassung. Die Mannheimer Kinderärztin betreibt eine Praxis am Wasserturm und wollte mit einem zusätzlichen halben Sitz, also 20 Stunden in der Woche, noch die Hochstätt mitversorgen. Dieser sozialstrukturell auffällige Stadtteil ist komplett ohne kinderärztliche Versorgung, was zu Impflücken und fehlenden Vorsorgeuntersuchungen führt. Beispielsweise nimmt hier nur gut die Hälfte aller Mädchen und Jungen an der Vorsorgeuntersuchung U8 teil, die im Alter von etwa vier Jahren durchgeführt wird. Gerade diese Vorsorge ist wichtig, damit Förderbedarfe mit Blick auf die Einschulung rechtzeitig festgestellt werden können.

Allerdings hatte der Zulassungsausschuss – ein Gremium, das zu gleichen Teilen aus Vertretern der Ärzteschaft und der Krankenkassen besteht – diesem Vorhaben Ende September eine Absage erteilt. In der gleichen Sitzung ist einem weiteren Mannheimer Kinderarzt ein Sonderbedarf nicht genehmigt worden.

Auf der Hochstätt macht sich die fehlende kinderärztliche Versorgung unter anderem durch Impflücken bemerkbar. © picture alliance/dpa/dpa Themendienst

Denn obwohl das Stadtgebiet auf dem Papier als formal überversorgt gilt: Die Realität sieht anders aus. Eltern klagen immer wieder, dass sie lange auf einen Termin warten müssen – wenn sie überhaupt einen bekommen. Andere müssen lange Anfahrten mit Bus oder Bahn in Kauf nehmen, was mit einem kranken Kind nicht immer einfach ist. Das liegt unter anderem auch an einer Ungleichverteilung der Praxen über die Stadt hinweg.

Für Boris Weirauch ein unhaltbarer Zustand: „Es kann nicht sein, dass der Wohnort eines Kindes darüber entscheidet, ob es medizinisch gut versorgt wird“, sagt der Landtagsabgeordnete, selbst Vater von vier Kindern, im Gespräch mit dieser Redaktion: „Wir brauchen eine Bedarfsplanung, die sich an der Lebensrealität orientiert und nicht an pauschalen Rechenmodellen.“ Es helfe niemandem, wenn Mannheim auf dem Papier als überversorgt gelte, während Familien in Stadtteilen wie Hochstätt oder ganzen Stadtbezirken wie Schönau oder der Neckarstadt-West keine einzige Kinderarztpraxis in unmittelbarer Nähe finden würden.

Ausbau von Weiterbildungsstellen als mögliche Verbesserung

Weirauch übt auch Kritik an der Ablehnung der Anträge auf Sonderbedarf. Es könne nicht sein, dass „engagierte Ärztinnen und Ärzte“, die in unterversorgten Stadtteilen helfen wollten, durch gesetzliche und administrative Hürden ausgebremst werden würden. „Wenn einer Kinderärztin, die in Hochstätt regelmäßig eine Sprechstunde anbieten wollte, die Sonderbedarfszulassung verweigert wird, obwohl Praxisräume und Bedarf längst vorhanden sind, dann läuft etwas grundsätzlich schief“, so der Landtagsabgeordnete.

Gesundheitsminister Lucha verweist in seinem Schreiben allerdings darauf, dass die Sozialstruktur eines Bezirkes „kein bedarfsplanerischer Faktor“ zur Beurteilung der kinderärztlichen Versorgung sei. „Nicht nachvollziehbar“, findet das Boris Weirauch: „In einer Stadt wie Mannheim mit sehr unterschiedlichen sozialen Strukturen und Lebensrealitäten darf es keine Rolle spielen, in welchem Viertel ein Kind aufwächst. Wir brauchen endlich eine kleinräumige, realitätsnahe und sozial gerechte Bedarfsplanung, die sicherstellt, dass in jedem Mannheimer Stadtbezirk mindestens eine Kinderarztpraxis vorhanden ist.“

Eine mögliche Lösung zur Verbesserung der Situation sieht er unter anderem im Ausbau von geförderten Weiterbildungsstellen in der ambulanten Kinderheilkunde. Diesen Punkt teilt auch Manne Lucha. Die Landesregierung habe darum erfolgreich einen Antrag in den Bundesrat eingebracht mit dem Ziel, dass die Bundesregierung die Deckelung für die zur Verfügung stehenden geförderten Weiterbildungsstellen der Kassenärztlichen Vereinigungen in der Kinder- und Jugendmedizin aufheben möge. Nun sei der Bund am Zug, die Vorschriften entsprechend zu ändern.

Redaktion Reporterin Team Mannheim

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