Reiss-Engelhorn-Museen - Fançois dePorter schenkt eine wertvolle Sammlung mit Stücken von Wedgwood und Leeds – darunter die weltweit älteste Terrine aus der Zeit um 1765

Geschenk für Reiss-Engelhorn-Museen: Geschirr der Könige kommt nach Mannheim

Von 
Peter W. Ragge
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Sammlungsleiterin Irmgard Siede (v.l.), Direktor Christoph Lind und Sammler François dePoorter halten eine ovale Wedgwood-Platte mit grünem Dekor von 1764-1768, links in der Vitrine die weltweit älteste Wedgwood-Terrine. © REM/Maria Schumann

Schloss Windsor in London und das Museum Zeughaus haben jetzt etwas gemeinsam – nämlich edles Geschirr aus dem Hause Wedgwood. Queen Elisabeth speist von solch exquisiten Tellern, trinkt aus Tassen der berühmten Manufaktur ihren Tee. Nun erhielten die Reiss-Engelhorn-Museen als Schenkung einige wertvolle Stücke von Sammler François dePoorter, darunter die weltweit älteste Wedgwood-Terrine, die aus der Zeit um 1765 stammt.

„Sehr glücklich“ äußert sich Irmgard Siede, Sammlungsleiterin für die Angewandte Kunst im Zeughaus, über die Schenkung. Das Zeughaus verfüge bereits über in Europa hochberühmte Keramiksammlungen sowie eine der bedeutendsten Bestände von Frankenthaler Porzellan überhaupt. „Nun dürfen wir einen weiteren Superlativ unser Eigen nennen“, freut sie sich.

Ganz besonderes Stück

Schließlich habe das Museum mit der von David Rhodes signierten, um 1765 zu datierenden großen Suppenterrine nicht nur ein ganz frühes Stück aus Wedgwood, „sondern sogar die weltweit älteste bekannte Wedgwood-Terrine überhaupt“ erhalten. Die Terrine der Manufaktur Wedgwood des Metropolitan Museums in New York, ein Geschenk des Wedgwood-Museums, galt zwar lange als älteste Terrine dieser Manufaktur – aber sie datiere erst 1780, erläutert Siede.

„Es ist die älteste Terrine von Wedgwood, die es gibt“, bekräftigt François dePoorter, der Sammler. Der Mannheimer hat „vor etwa 50 Jahren angefangen, Porzellan zu sammeln“, wie er sich erinnert. Er sei seit den 1970er Jahren oft in England gewesen, habe seine Liebe zu den alten Stücken entdeckt und sie nach und nach erworben, wobei er sich auf Arbeiten aus dem 18. Jahrhundert spezialisierte. Dazu arbeitete er sich auch in das Fachgebiet ein: „Ich habe viele alte Kataloge aus dem 18. Jahrhundert und viel Literatur, ich kenne mich aus“, sagt dePoorter.

Leider habe er in seiner Wohnung aber nicht mehr so viel Platz und deshalb beschlossen, sich von der Sammlung zu trennen. „Ich hätte sie auch verkaufen können“, sagt dePoorter. Ihren hohen Wert kennt er schließlich, weil er sich stets über die Marktentwicklung informierte. „Aber ich habe mich entschieden, sie den Reiss-Engelhorn-Museen zu schenken“, erklärt er. Schließlich sei er auch im Verein „Wir in Collini“ für die Allgemeinheit engagiert, und im Museum hätten alle Menschen auf Dauer etwas von den wertvollen Stücken – und er kann sie auch weiter besuchen. François dePoorter hat sich sogar bereiterklärt, Führungen zu machen. Unter dem Motto „Speisen wie die Queen“ präsentieren die Reiss-Engelhorn-Museen das exquisite Geschirr im zweiten Obergeschoss des Zeughauses, seit die Sammlungspräsentation nun nach dem Ende der Tutanchamun-Schau neu gestaltet und wieder eröffnet wurde. Es sei „eine Schenkung, die unsere Sammlungen gezielt und einzigartig erweitert“, so Christoph Lind, Direktor für Kunst- und Kulturgeschichte der Reiss-Engelhorn-Museen. Sie passe auch genau in die Sammlungsprofile des Museums und zwischen die Ausstellungen „Kunst für Kurfürsten“ und der „Belle Époque“ im Zeughaus, ergänzt Irmgard Siede.

Die Sammlung umfasst 76 Stück überwiegend englischen Feinsteinzeugs „höchster Qualität“, so die Kuratorin, sowie interessante Teller der Manufaktur Creil mit historischen Ansichten von Paris und einer seltenen Ansicht des Heidelberger Schlosses. Vertreten seien beim englischen Feinsteinzeug die Manufakturen Wedgwood und Leeds, „beides die qualitativ hochwertigsten der englischen Fayencewerkstätten“, wie sie erläutert. „Mit seinem dünnwandigen, cremefarbenen Steingut, das elegant und haltbar war, wurde Wedgwood stilbildend“, so Siede. Die Firma sei zwar Hoflieferant des englischen Königshauses, aber exportierte ihre Ware nach ganz Europa.

Muster für Frankenthal

Auch die in den Sammlungen des Museums ebenso hochkarätig vertretene, einst auf Initiative des Mannheimer Kurfürsten Carl Theodor gegründete Porzellanmanufaktur Frankenthal eiferte diesem Vorbild nach. Sie habe „stets versucht, auf der Höhe der Zeit zu sein, und bestellte in den 70er Jahren des 18. Jahrhunderts Mustersendungen aus Wedgwood als Anregung für die eigene Produktion“, weiß Siede. So entstanden in Frankenthal weiße Porzellane, inspiriert von englischem Feinsteinzeug. Der Kerzenleuchter mit Greifen von 1780 der Sammlung François dePoorter zeigt etwa diese Referenz ebenso wie umgekehrt die Öllampe aus Frankenthal in den Zeughaus-Beständen.

„Außerdem wurde aufgrund der hohen Qualität ab dem späten 18. Jahrhundert das englische Feinsteinzeug in der Rhein-Neckar-Region sehr beliebt“, so Siede. So habe im 19. und 20. Jahrhundert das Bürgertum hierzulande oft solche Geschirre besessen, die nun auch in der Sammlung François dePoorter vertreten seien.

Damit lohne die Ausstellung dieser Sammlung nicht nur aufgrund der „hohen ästhetischen Qualität“, wie sie hervorhebt, sondern zugleich wegen vieler Bezüge zur Region.

Redaktion Chefreporter

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