Mannheim. Im Prozess gegen mutmaßliche IS-Sympathisanten, die im vergangenen Winter einen Anschlag auf „Ungläubige“ geplant haben sollen, hat am Montagmorgen die Hauptverhandlung am Landgericht Mannheim begonnen. Doch bevor es richtig losgeht, ist schon wieder Schluss – zumindest für die Öffentlichkeit und die angereisten Medienvertreter: Noch vor dem Verlesen der Anklageschrift schließt der Vorsitzende Richter die Öffentlichkeit für alle weiteren 13 Verhandlungstage inklusive der Urteilsverkündung, die am 19. November erwartet wird, aus.
Den Brüdern Issa und Ibrahim E. wird laut Anklageschrift eine Verabredung zum Mord mit der Verabredung zum Erwerb einer Kriegswaffe vorgeworfen. Ihrem Unterstützer Yahya E. werden insbesondere der Erwerb und das Sich-Bereiterklären zum Überlassen einer Kriegswaffe samt zugehöriger Munition zur Last gelegt.
Laut Staatsanwaltschaft Karlsruhe und dem Landeskriminalamt Baden-Württemberg stehen die beiden deutsch-libanesischen Brüder aus Mannheim im Alter von 15 und 20 Jahren im Verdacht, mit der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) zu sympathisieren und konkrete Vorbereitungen für einen Anschlag auf sogenannte „Ungläubige“ getroffen zu haben. Sie sollen vereinbart haben, sich über den 22-jährigen Deutsch-Türken Yahya E. ein Sturmgewehr mit zugehöriger Munition zu beschaffen. Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe hat vor der Jugendkammer des Landgerichts Mannheim Anklage gegen die drei jungen Männer erhoben.
Die Männer wurden nach intensiven polizeilichen Maßnahmen in enger länderübergreifender Kooperation unter Einbeziehung von Spezialkräften am 8. Dezember 2024 in ihren jeweiligen Wohnungen festgenommen. Bei den Durchsuchungen der Wohnräume der Brüder fanden die Einsatzkräfte unter anderem IS-Propagandamaterial, in der Wohnung des 22-Jährigen fanden die Ermittler Waffen, darunter ein Sturmgewehr samt zugehöriger Munition. Alle drei Tatverdächtigen befinden sich seither in Untersuchungshaft.
Verteidiger befürchtet Traumatisierung und Stigmatisierung des 15-Jährigen
Breit lächelnd, mit einem fröhlichen „Guten Morgen“ zum Richtertisch, betritt zunächst der jetzt 23-jährige Yahya E. den Sitzungssaal und nimmt zwischen seinen zwei Verteidigern Platz. Es folgen der inzwischen 21-jährige Ibrahim E. und sein 15-jähriger Bruder Issa, die ebenfalls jeweils zwei Verteidiger an ihrer Seite haben. Issas Anwalt ist es dann, der einen Ausschluss der Öffentlichkeit beantragt. Es sei damit zu rechnen, dass in der Verhandlung familiäre Details sowie Informationen zur Radikalisierung zur Sprache kämen; eine öffentliche Verhandlung würde eine Traumatisierung und Stigmatisierung seines jugendlichen Mandanten zur Folge haben. Der Ausschluss diene dem Schutz des Jugendlichen und der Wahrheitsfindung. Alle sechs Verteidiger schließen sich dem Antrag an.
Das Gericht folgt dem Antrag. Unabhängig davon, ob den Angeklagten eine Bloßstellung drohe, würden Zuhörer die jugendgerichtliche Atmosphäre stören. Es gehe um ein ernsthaftes, freies und offenes Gespräch ohne beispielsweise Imponiergehabe, bei dem auch die vorhandene oder nicht mehr vorhandene ideologische Ausrichtung erörtert werden soll. „Das überwiegt das öffentliche Interesse erheblich“, sagte der Vorsitzende Richter.
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