Energieversorgung - Im Umweltausschuss präsentieren Vulcan und MVV den aktuellen Stand ihrer Projekte – und treffen auf aufgeschlossene Stadträte

Geothermie-Anlagen in Mannheim? Das sagt die Politik dazu

Von 
Timo Schmidhuber
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In Insheim bei Landau gibt es bereits seit mehr als zehn Jahren eine Geothermie-Anlage: Ende 2021 hat Vulcan sie von den Pfalzwerken gekauft. © Klaus Venus

Sie gilt als wichtiger Baustein für eine CO2-freie Energieversorgung. Gleichzeitig löst sie bei vielen Bürgerinnen und Bürgern Ängste aus, weil ihre Gewinnung in der Vergangenheit Erdbeben und Schäden an Gebäuden verursacht hat. Die Rede ist von Geothermie, also Erdwärme. In Mannheim und Umgebung könnten in den nächsten Jahren mehrere Anlagen entstehen, die MVV und die Karlsruher Firma Vulcan planen jeweils unterschiedliche Projekte.

Vertreter der beiden Unternehmen präsentierten den Mannheimer Stadträtinnen und Stadträten kürzlich im Umweltausschuss den aktuellen Stand ihrer Vorhaben. Die Reaktion der Politiker: grundsätzlich positiv. Sie hatten allerdings noch eine Reihe von Fragen - und mahnen vor allem eine umfassende Bürgerbeteiligung an.

Untersuchungen noch dieses Jahr

Wie berichtet, will Vulcan aus Thermalwasser den Batterie-Rohstoff Lithium gewinnen - die Wärme des Wassers lässt sich dabei auch für die Energieversorgung nutzen. Vulcan plant, in den nächsten vier Jahren bis zu drei solche Anlagen im Bereich Mannheim zu bauen, wie Geschäftsführer Horst Kreuter im Ausschuss erklärte. Der Bereich reicht vom Rhein im Westen bis nach Schriesheim und Hirschberg im Osten. Um die am Ende geeignetsten Standorte zu finden, muss Vulcan dem Geschäftsführer zufolge den Untergrund in einer Art Ultraschalluntersuchung prüfen. Das soll noch dieses Jahr passieren. Für die Wärme, die gewonnen wird, hat Vulcan bereits einen Abnahmevertrag mit der MVV geschlossen. Der Energieversorger sieht die Wärme als wichtigen Beitrag, um nach der vorgesehenen Abschaltung des Mannheimer Steinkohle-Großkraftwerks (GKM) im Jahr 2038 die Fernwärmeversorgung zu sichern.

Auch die MVV selbst plant - mit dem Energieunternehmen EnBW - wie berichtet ebenfalls bis zu drei Erdwärme-Heizwerke. Allerdings ohne Lithium-Förderung. Sie sollen in einem Feld entstehen, das vom Mannheimer Süden bis nach Reilingen reicht. Auch hier sind im Laufe dieses Jahres entsprechende Untersuchungen vorgesehen, auf deren Grundlage dann bis Mitte 2023 über die genauen Standorte entschieden wird, wie Matthias Wolf von der MVV Umwelt im Ausschuss erklärte.

Die Stadträtinnen und Stadträte betonten in der eineinhalbstündigen Debatte das große Potenzial der Geothermie für die Energiewende. So auch CDU-Vertreter Thomas Hornung: „Wichtig ist allerdings, dass das Verfahren transparent und mit intensiver Bürgerbeteiligung läuft.“ Er verwies außerdem darauf, dass es bei Geothermie-Projekten immer wieder auch „zu nicht unerheblichen seismischen Auswirkungen“ gekommen sei. „Was haben Sie daraus für die Zukunft gelernt?“, wollte Hornung von den beiden Experten wissen. Für Deniz Gedik (Grüne) hat die Geothermie in den letzten Jahren Fortschritte gemacht. „Sie hat aus ihren Fehlern gelernt und ist sicherer geworden.“ Auch für Gedik ist wie auch für Reinhold Götz (SPD) Bürgerbeteiligung wichtig. „Es geht darum, frühzeitig zu informieren und so Akzeptanz zu schaffen“, sagte Gedik.

„Umschulung“ für GKM-Leute?

Vulcan-Geschäftsführer Kreuter erklärte, man habe in den vergangenen Jahren viel Zeit gehabt zu lernen. Das Thema Erdbeben „haben wir inzwischen im Griff“. Im Vergleich zu anderen Fällen werde jetzt nicht in Granit, sondern in Buntsandstein gebohrt. Das, so Kreuter, sei ein sehr weiches Gestein, der Druck im Boden sei dadurch viel geringer. Auch eine veränderte Vorgehensweise bei den Bohrungen gewährleiste, dass weniger Druck im Boden entstehe. „Mit unserem Verfahren werden wir Schäden vermeiden.“ Christopher Probst (Freie Wähler/Mannheimer Liste) wollte dennoch wissen: Wer haftet, „wenn es nach zehn Jahren doch mal Erdbeben gibt“? Kreuter antwortete, sein Unternehmen habe eine Versicherung - die sei vorgeschrieben.

Beim Blick auf die Karte fehlte SPD-Vertreterin Claudia Schöning-Kalender nach eigenen Angaben „die Fantasie“, wo zum Beispiel in Feudenheim und Umgebung solch eine Geothermie-Anlage entstehen könnte. „Da ist bewohntes Gebiet, da ist der Bürgerpark, da sind Umgehungsstraßen.“ Vulcan-Chef Kreuter erklärte, auch mit Blick auf die überschaubare Größe einer Geothermie-Anlage: „Vor bebautem Gebiet scheuen wir uns nicht. Wir haben zum Beispiel schon sechs Bohrungen mitten in München gemacht und auch eine auf dem Uni-Gelände in Aachen.“ Je näher man an der Stadt sei, desto kürzer sei die Leitung, um diese zu versorgen.

Ein weiteres Thema in der Debatte waren die Arbeitsplätze. Wie viele Jobs entstehen in einer Geothermie-Anlage? Und könnten die rund 500 Großkraftwerk-Mitarbeiter dafür „umgeschult“ werden? Das wollten Reinhold Götz (SPD) und Dennis Ulas (LI.PAR.Tie) wissen. Horst Kreuter und Matthais Wolf erklärten, dass für eine Geothermie-Anlage lediglich drei bis vier Personen nötig seien. Speziell in einer Lithium-Extraktionsanlage werden laut Kreuter um die 30 Mitarbeiter benötigt. In der von Vulkan geplanten Raffinerie für den Rohstoff in Frankfurt werden es 300 bis 400 sein. Inwieweit hier konkret GKM-Mitarbeiter einsteigen können, blieb in der Diskussion am Ende allerdings offen.

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Redaktion Stellvertr. Leiter der Lokalredaktion Mannheim

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