Nachdem sich Bund und Länder darauf verständigt haben, dass aus der Ukraine Geflüchtete „Hartz IV“ beantragen können, stellt die Stadt Zuständigkeiten um. Für registrierte Geflüchtete, die bislang Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten haben, ist künftig das Jobcenter zuständig, teilt die Stadt am Freitag mit. Zwischen 25. Mai und 3. Juni richtet das Jobcenter in der Ifflandstraße 2-6 eine Stelle ein, um für „kurzfristige Antragsbearbeitung und -beratung einen reibungslosen Übergang sicherzustellen“.
Die Abgabe und Bearbeitung der Anträge erfolgen montags bis freitags zwischen 8 und 12 Uhr sowie von 13 bis 17 Uhr. „In diesem Zeitraum wird die Schwerpunktarbeit in der Bearbeitung der Anträge der Geflüchteten liegen.“ Bund und Länder schreiben vor, dass Geflüchtete registriert sein und über eine Fiktionsbescheinigung verfügen müssen, um Hartz IV zu beantragen. Bislang sind in Mannheim laut Verwaltung etwa 3200 Geflüchtete registriert.
Mannheimer Haushalte, die Geflüchtete aufgenommen haben, hatten Anfang Mai kritisiert, dass die Bearbeitung von Anträgen viel Zeit in Anspruch nähme. So käme es zu langen Wartezeiten, etwa bis eine Fiktionsbescheinigung ausgestellt werde. Die Stadt hatte darauf verwiesen, dass die Bearbeitungszeit inzwischen „erheblich beschleunigt“ werden konnte (wir berichteten).
Für die Beantragung der Grundsicherung bittet die Stadt nun, unter anderem Fiktionsbescheinigung, ein Ausweisdokument, eine Meldebescheinigung, ein Kontoeröffnungsschreiben oder eine Kopie der Bankkarte und, falls möglich, eine Bescheinigung der Krankenkasse nebst Rentenversicherungsnummer mitzubringen. Über die Webseite des Jobcenters kann ein Antrag heruntergeladen werden, der ausgefüllt werden muss.
„Die Liste der Unterlagen ist lang, und gerade die Bescheide der Stadt über die bisherigen Leistungen wurden den meisten ukrainischen Gästen bisher noch nicht ausgehändigt“, kritisiert die Vorsitzende der FDP/MfM-Fraktion im Gemeinderat, Birgit Reinemund. Sie könne sich „nicht vorstellen“, wie in wenigen Tagen Anträge von etwa 3000 Menschen bearbeitet werden sollen. „Am Ende entstehen lange Übergangsfristen, in denen die Geflüchteten mittellos sind und Gastgeberfamilien erneut auf eigene Kosten neben den Wohnungskosten auch noch die Lebensmittelversorgung finanzieren müssen.“
Auch Gerhard Fontagnier, Sprecher der Grünen-Fraktion für Geflüchtete und Wohnen, und Chris Rihm, sozialpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, mahnen in einer Stellungnahme, dass die Umstellung der Zuständigkeiten „nicht zu Lasten der Menschen, die vor dem Krieg geflüchtet sind, und auch nicht zu Lasten der Gastfamilien“ gehen dürfe. Viele Familien seien bereits über Gebühr finanziell belastet, weil sie Geflüchtete aufgenommen haben und viele Kosten tragen, erklären Fontagnier und Rihm. Sie „bitten die Verwaltung“, dass auch bei Verzögerungen sichergestellt sei, „dass Geflüchtete pünktlich zum 1. Juni über die Geldleistungen verfügen können“, die ihnen zustehen.
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