Gesundheit

Gefährliche Legionellen in Mannheim: Zeitweise Duschverbot in 400 Wohnungen

Darf man jetzt duschen oder nicht? In zwei Hochhäusern im Mannheimer Stadtteil Vogelstang sind 2022 sehr hohe Legionellenwerte gemessen worden. Die Hausverwaltung sagt, das Problem sei längst gelöst. Ein Zettel sagt etwas anderes

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Martin Geiger
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In diesem Hochhaus im Freiberger Ring und in einem benachbarten im Geraer Ring sind vergangenes Jahr sehr hohe Werte von Legionellen festgestellt worden – die Krankheiten auslösen können. © Thomas Tröster

Mannheim. Die Antwort der Stadtverwaltung klingt besorgniserregend: „Legionellen können beim Menschen zwei unterschiedliche Krankheitsbilder auslösen“, schreibt eine Sprecherin. Nämlich die Legionärskrankheit und das Pontiac-Fieber.

„Die Legionärskrankheit ist eine Form der Lungenentzündung“, heißt es weiter. „Sie kann sich durch Husten, Schüttelfrost, Kopfschmerzen, schweres Krankheitsgefühl und hohes Fieber äußern. Dabei kann es auch zu Durchfall oder Verwirrtheitszuständen kommen.“ Das Pontiac-Fieber äußere sich in „grippeähnlichen Beschwerden wie Fieber, Unwohlsein, Kopf- und Gliederschmerzen“.

Hohe Legionellenwerte auf der Vogelstang

Besonders interessant dürften diese Angaben für Hunderte Menschen auf der Vogelstang sein. Denn in zwei Hochhäusern dort mit insgesamt rund 400 Wohnungen sind im vergangenen Jahr sehr hohe Legionellenwerte festgestellt worden - die zeitweise sogar zu einem Duschverbot geführt haben.

Eine Mitarbeiterin hält in einem Speziallabor eine Petrischale mit Proben von Legionellen. © Federico Gambarini/dpa

Im Geraer Ring 2 in der Nähe des Vogelstang-Centers war im August 2022 die extrem hohe Kontamination mit Legionellen entdeckt worden. Das teilte die Berliner Hausverwaltung Grand City Property (GCP) auf Anfrage mit. In der Nachbarschaft im Freiberger Ring 3 sei bei einer Routinekontrolle im Herbst 2022 ebenfalls eine erhöhte Konzentration der Bakterien aufgefallen.

„Dusche als Ansteckungsquelle“

Man sei „direkt aktiv geworden“ und habe eine Reihe von Maßnahmen umgesetzt, berichtet eine Sprecherin des Unternehmens: „Die Bewohner:innen wurden unmittelbar über die Überschreitung des Legionellenwerts informiert und das weitere Vorgehen eng mit dem Gesundheitsamt abgestimmt. In den betroffenen Wohnungen wurden die Leitungen gespült, die Mischbatterien ausgewechselt sowie sterile Duschfilter installiert.“ Auch sei ein „Wassersicherheitssystem“ eingebaut worden, um ein hygienisches Temperaturniveau zu gewährleisten.

Tipps gegen Legionellen

  • Ist die Warmwasserversorgung im Haus zu niedrig eingestellt, droht eine Ausbreitung von Legionellen.
  • Damit es dazu nicht kommt, sollte die Temperatur in Warmwasserspeichern bei mindestens 60 Grad liegen, rät die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein. An den Entnahmestellen ist man mit einer Einstellung von mindestens 55 Grad auf der sicheren Seite.
  • Legionellen sind Umweltkeime, die in geringer Anzahl im Grund- und Oberflächenwasser vorkommen. Sie gelangen so auch in die Wasseranlagen im Haus. Vermehren sie sich dort stark, kann das zu Erkrankungen führen. Zum Beispiel dann, wenn wir die Erreger mit dem zerstäubten, vernebeltem Wasser beim Duschen oder Händewaschen einatmen.
  • Gerade für immungeschwächte Menschen kann das zur Gefahr werden, heißt es von der Verbraucherzentrale. Es kann zu Infekten mit grippeähnlichen Symptomen kommen oder zu schweren Lungenentzündungen. (dpa)

So habe das zeitweise in beiden Hochhäusern verhängte und ab einem gewissen Wert gesetzlich vorgeschriebene Duschverbot im Geraer Ring im September und im Freiberger Ring „nach wenigen Tagen“ wieder aufgehoben werden können, teilt die GCP-Sprecherin weiter mit.

Keine Übertragung von Mensch zu Mensch

Warum solch ein Verbot in gewissen Fällen überhaupt ausgesprochen wird, verdeutlichen die Erläuterungen der Stadtverwaltung. Sie erklärt zwar auf Anfrage, dass sie aus Gründen des Datenschutzes zu konkreten Einzelfällen keine Fragen beantworten dürfe. Allgemeine Informationen kann sie jedoch erteilen.

Und demnach ist Duschen bei sehr hohen Legionellenwerten ein Problem: „Die Erreger werden durch zerstäubtes, vernebeltes Wasser übertragen“, erklärt eine Sprecherin. „Die erregerhaltigen Tröpfchen können sich in der Luft verbreiten und eingeatmet werden. Mögliche Ansteckungsquellen sind beispielsweise Duschen, Whirlpools, Luftbefeuchter oder Wasserhähne.“

Gefahr für eine Ansteckung mit Legionellen besteht besonders beim Duschen. © Hauke-Christian Dittrich/dpa

Sie betont aber auch, dass Legionellen nicht von Mensch zu Mensch übertragen werden. Und dass beim Trinken des Wassers nur „in seltenen Fällen“ eine Ansteckung möglich sei.

Ist die Gefahr noch akut?

Eine Bewohnerin des Hochhauses im Freiberger Ring, die lieber anonym bleiben möchte, beruhigt das jedoch nicht - zumal bei ihr die ganze Geschichte deutlich anders klingt: Mehrfach habe sie im Herbst des vergangenen Jahres bei der Hausverwaltung versucht, sich über den Legionellenwert zu informieren. „Da kam keine Reaktion.“

Erst als sie sich Ende Februar dieses Jahres ans städtische Gesundheitsamt gewandt habe, um dort Auskunft zu erhalten, sei wenige Tage später ein Zettel in der Eingangshalle aufgehängt worden: mit einer auf Rot stehenden Ampel drauf, drüber der Satz: „Für dieses Objekt besteht bis auf weiteres ein Duschverbot.“ Die Erklärung folgt einige Zeilen darunter: Experten hätten das Trinkwasser auf Legionellen untersucht: „Das Ergebnis hat eine extrem hohe Kontamination ergeben.“

Ab einem Wert von 100 sogenannten koloniebildenden Einheiten pro 100 Milliliter Wasser muss das Gesundheitsamt informiert werden, erklärt auf Anfrage Experte Dennis Albert von der Hockenheimer Laborgesellschaft für Bauanalytik, die unter anderem solche Untersuchungen durchführt.

Ab 1000 Einheiten sei die zweite Stufe überschritten. Ab 10 000 Einheiten werde ein Duschverbot verhängt. Denn, so Albert: „Umso höher der Wert, umso gefährlicher ist es auch.“ Im Freiberger Ring waren 48 900 Einheiten gemessen worden.

„Umso höher, umso gefährlicher“

Der Zettel, auf dem dieser Wert steht und mit dem das Duschverbot ausgesprochen wurde, hängt am Donnerstag dieser Woche noch immer im Foyer - obwohl laut GCP das Duschverbot ja schon längst aufgehoben worden ist. Warum der Aushang also fast ein Jahr länger als nötig im Schaukasten der Hausverwaltung blieb und nicht durch eine Entwarnung ersetzt wurde, ließ sich zunächst nicht klären. Und wenn die Schilderung der Anwohnerin stimmen sollte: Warum wurde er Anfang März überhaupt noch aufgehängt, wenn das Problem doch „nach wenigen Tagen“ gelöst gewesen sein soll?

Die Anwohner scheinen von den Aushängen ohnehin kaum Notiz zu nehmen. Das Ergebnis von etwa einem halben Dutzend Gesprächen mit zufällig ausgewählten Bewohnerinnen und Bewohnern vor dem Haus lautet: Etwa die Hälfte weiß nichts von dem Zettel mit dem Duschverbot - und die andere ignoriert ihn. Dass das Verbot nach wenigen Tagen wieder aufgehoben worden sei, weiß keiner der Gefragten.

Redaktion Reporter für das Ressort "Mannheim".

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