Mannheim. Dass die deutsche Nationalmannschaft am Mittwochabend bei ihrem zweiten EM-Spiel mit 2:0 gegen Ungarn gewonnen hat, zumindest das merkte man auf Mannheims Straßen.
Fans mit Deutschland-Trikots, schwarz-rot-goldenen Blumenketten und Hüten sind unterwegs, einzelne Autos fahren ausgestattet mit Deutschland-Flaggen rund um den Wasserturm. Es wird lauthals gehupt – auch in vielen Autos, die auf Fanartikel verzichten.
Große Fußball-Party bleibt in Mannheim aus
Deutschland ist mit diesem zweiten Sieg bei seiner Heim-EM als allererste Mannschaft des Turniers vorzeitig ins Achtelfinale eingezogen. Dass das ein triftiger Grund ist, um ausgelassen zu feiern, das bewiesen die Mannheimer Deutschland-Fans in der Innenstadt am Mittwochabend aber nicht.
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Die große Party bleibt aus – und das, obwohl noch am Abend zuvor die Fans der türkischen Nationalmannschaft keinerlei Grenzen kannten, um auf dem Marktplatz und am Wasserturm mit Pyrotechnik, Trommeln und Tröten ihren Sieg im ersten Auftaktspiel des Turniers zu feiern. Fast zwei Stunden lang fuhr am Dienstagabend ein lauter Autokorso mit türkischen Fans rund um die Mannheimer Quadrate und behinderte den Verkehr teils erheblich.
Gruppen mit Deutschland-Flaggen rund um den Mannheimer Wasserturm
Am Mittwochabend bildeten sich eine Stunde nach Abpfiff des Deutschland-Spiels gegen 21 Uhr erstmals größere Massen an Fans rund um den Wasserturm. Doch auch diese blieben im Wesentlichen überschaubar. Mehrere Gruppen mit riesigen Deutschland-Flaggen zeigten Präsenz, eine Gruppe Jugendlicher mit Deutschland-Schals und Tröten eskalierte kurzzeitig in Feierlaune.
Die Polizei hatte Mühe, den Verkehr zu regeln, pochte auch inmitten des Hupkonzerts auf die Einhaltung aller Verkehrsregeln. Denn nach nahezu keinen Verkehrsbeeinträchtigungen bildeten sich doch noch kurzzeitig Staus um den Wasserturm, weil so einige Deutschland-Fans gleichzeitig mit Autos anfuhren. Immer wieder gefolgt von zeitlichen Löchern, in denen kein Hupen ertönte.
Auch Fans von Albanien bei Autokorso in Mannheim dabei
Doch was in all der Zwischenzeit nach dem Abpfiff die gesamte Innenstadt hindurch weit und breit nicht zu vernehmen war, das waren laute Sprechchöre. „Völlig losgelöst“ waren die Mannheimer nicht. Damit ist die Stadt bisher – vielleicht auch dadurch, dass es kein offizielles Public Viewing gibt – trotz Heim-EM-Feeling vom Sommermärchen 2006 weit entfernt. Schlagzeilen aus Berlin, dass die Deutschland-Fans auf ihren Fan-Meilen nach dem Sieg am Mittwochabend riesige EM-Partys feierten, müssen zumindest für Mannheim dementiert werden.
Und es waren nicht nur Deutschland-Fans, die sich nach 20 Uhr am Hupkonzert am Wasserturm beteiligten. Dass auch Albanien am Mittwoch spielte, war aufgrund der vielen Fahrzeuge mit albanischen Flaggen schwer zu übersehen. „Wir sind die wahren Gewinner“, schreien drei Mädchen scherzhaft auf den Planken und wedeln ihre Albanien-Flagge hoch. Und das, obwohl sich Kroatien und Albanien an diesem Tag nur mit 2:2 voneinander trennten.
Mannheimer Restaurantbetreiber profitiert noch nicht von EM
Es gab nicht den einen Anziehungspunkt, an dem sich alle Mannheimer Deutschland-Fans trafen, nicht die eine Leinwand, vor der alle dem Sieg entgegenfieberten. Doch in der Neckarstadt war einer dieser Anziehungspunkte sicherlich der Alte Meßplatz vor der Alten Feuerwache: Rund 400 Fußballfans begaben sich nach Schätzungen der Betreiber dort zum Public Viewing im Außenbereich des Malzwerk im Platzhaus. Zu den 200 Sitzplätzen kamen Stehtische hinzu und immer mehr Fans, die sich fast sogartig rund um die Bildschirme auch außerhalb des eingezäunten Restaurant-Bereichs versammelten.
Schreit das nicht nach einem Abend mit gutem Umsatz für das Restaurant? Davon will Betreiber Florian Eberherr nichts wissen. „Die Ausgaben sind deutlich höher. Es wird sich prozentual ungefähr die Wiege halten“, verweist er auf Kosten für Fernseher und Gema. Eberherr hat beobachtet, dass das EM-Fieber der Deutschen erst nach und nach entfacht: Zum Auftaktspiel gegen Schottland sei beim Public Viewing in seinem Restaurant noch weniger los gewesen als nun am Mittwoch. Dass er Public Viewing aber anbieten möchte, das sei relativ schnell klar gewesen: „Als deutsches Brauhaus, bei der Heim-EM in Deutschland“, beteilige man sich selbstverständlich daran.
Voll und ganz im EM-Fieber waren aber mit Sicherheit diejenigen Fans, die im Malzwerk das 2:0 von İlkay Gündoğan in der 67. Minute bejubelten. „Sensationell! Besser geht’s nicht!“, sind sich vier junge Männer im Deutschland-Trikot sicher: Tom Heydn, Robert Timmermeister, Mats Grupe und Lars Thomas. Timmermeister zeigt sich absolut zufrieden: „Man muss ja nicht immer fünf Tore schießen. Solange wir gewinnen!“
Für den ein oder anderen unter den Vieren gehört selbstverständlich auch ein Bier zu diesem spektakulären Sieg dazu: „Muss nicht sein, aber jeder wie er will“, weiß der eine. „Immer!“, sagt der andere. „Heut‘ ist ja auch super Wetter!“, freuen sie sich an der Abendsonne.
„Wenn die EM im eigenen Land ist, hat man schon nochmal ein anderes Feeling als die letzten Male“, weiß auch Lili Hofmann. Dass Ungarn ein etwas stärkerer Gegner sei als Schottland, das habe die junge Frau gemerkt. Aber Grund zur Sorge war das für ihre Stimmung nicht: Die sei im Restaurant schon von Anfang an sehr locker gewesen. „Ich glaub‘, jeder dachte, da kommt noch eins“, kommentiert sie im Nachhinein das zweite Tor, das dann nach dem 1:0 wohl ganz wie erwartet eintrat. Auch sie und ihre Freundin Anna-Katharina Klein hat das EM-Fieber gepackt. Lachend stellen die beiden klar: „Wir haben extra noch Flaggen besorgt und alles!“
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Warum Deutschland wieder ein seriöser Kandidat auf den EM-Titel ist