Bildung

Für mehr als tausend Jugendliche beginnt in Mannheim das Abitur

Es wird ernst: An diesem Mittwoch starten an den allgemeinbildenden Gymnasien die schriftlichen Abiturprüfungen. Ist es einfacher als früher, ein Einser-Abitur zu bekommen? Dazu gibt es unterschiedliche Ansichten

Von 
Bertram Bähr
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Bis zu den Abi-Feiern dauert es noch zweieinhalb Monate – jetzt müssen die Schülerinnen und Schüler zunächst einmal den Prüfungsmarathon bewältigen. © dpa

Mannheim. Die Nervosität wächst bei den 1008 Abiturientinnen und Abiturienten, die in Mannheim allgemeinbildende Gymnasien besuchen. Denn mit den Klausuren im Fach Biologie starten an diesem Mittwoch die schriftlichen Prüfungen. „Die Fleißigsten und Engagiertesten sind am nervösesten“, schmunzelt Roland Haaß. Er ist als geschäftsführender Leiter Sprecher der Mannheimer Gymnasien und zugleich Chef des Johanna-Geissmar-Gymnasiums (JGG) auf der Schönau.

Dass die etwas Schwächeren, die sich eigentlich mehr Gedanken machen müssten, eher cool auftreten, ist für ihn ebenfalls nichts Neues, eigentlich so wie immer, „wie in normalen Jahren“.

Abiprüfungen 20 und 21 unter Corona-Bedingungen

Dabei war in den vergangenen Jahren nichts wie immer, wenig normal. Corona drückte auch den Abiturprüfungen zumindest 2020 und 2021 seinen Stempel auf. Erst im vergangenen Jahr ging es dann deutlich lockerer zu. Keine Tests, keine Maskenpflicht – auch wenn so manche Schülerinnen und Schüler den Mund-Nasen-Schutz noch freiwillig trugen oder sich in den den letzten Tagen vor den Prüfungen in die selbstgewählte Isolation begaben.

Abiturprüfungen

  • Das schriftliche Abitur in Baden-Württemberg startet an diesem Mittwoch an allgemeinbildenden Gymnasien. Insgesamt 11 473 Jugendliche treten in Nordbaden an.
  • Die beruflichen Gymnasien legen am Freitag los – 3721 Schülerinnen und Schüler sind gefordert. Die schriftlichen Prüfungen enden am 5. Mai.
  • In Mannheim treten in den allgemeinen Gymnasien 1008 (Vorjahr 1044) und in den beruflichen 281 (273) Prüflinge an.
  • Die mündlichen Prüfungen finden zwischen 26. Juni und 7. Juli statt. 

Die Abschottung und der Wegfall sozialer Kontakte, das Fehlen von außerunterrichtlichen Aktivitäten und Studienfahrten vor allem 2020 und 2021 hatte bei allen negativen Begleiterscheinungen einen Vorteil: Die Prüflinge bekamen für die Abi-Vorbereitung einen zeitlichen Puffer. Inwieweit das ursächlich für bessere Noten war, ist unklar. Eine Statistik der Kultusministerkonferenz, die im Februar veröffentlicht wurde, kommt jedenfalls zum Schluss, dass die Spitzennoten seit der Pandemie deutlich zugenommen haben.

Über alle Bundesländer hinweg lag der Anteil derer, die als Endnote eine glatte 1,0 verzeichneten, vor der Pandemie (2019) zwischen 0,9 (Schleswig-Holstein) und 2,9 Prozent (Thüringen) – mit 1,7 Prozent in Baden-Württemberg. 2022 dagegen lag das Niveau mit 2,0 (Schleswig-Holstein) bis 4,8 (Thüringen) deutlich höher.

Zahlen des Landes fehlen

Baden-Württemberg hat für 2022 noch immer keine Zahlen veröffentlicht, bedauert ein Sprecher des Kultusministeriums. Das Statistische Landesamt könne leider erst in den nächsten Wochen liefern. Der Trend geht dennoch nach oben, wenn man die Zahlen von 2021 als Maßstab nimmt: Damals freuten sich mit 3,7 Prozent mehr als doppelt so viele Schülerinnen und Schüler über eine 1,0 als im Jahr 2019.

Vergleichbare Aussagen gelten für das Einser-Abitur insgesamt, also den Anteil der Schülerinnen und Schüler, die eine Endnote zwischen 1,0 und 1,9 verzeichnen. In Baden-Württemberg lag er 2019 bei 25, im Jahr 2021 bei 36 Prozent. Auch hier fehlen die Zahlen für 2022. Kritiker sprechen vor diesem Hintergrund von einer „Inflation beim Einser-Abitur“ – und davon, dass das Abi nicht mehr so viel wert sei wie früher. Und sie führen das vor allem auf die Erleichterungen im Zuge der Corona-Pandemie zurück.

JGG-Leiter Roland Haaß sieht eine andere Ursache dafür, dass die Unis vermehrt Vorbereitungskurse auf das Studium anbieten müssten. Durch die Einführung des achtjährigen Gymnasiums seien die Schülerinnen und Schüler einfach jünger als früher, wenn sie ihre Kurswahl treffen müssten. Damals, in den elften Klassen, hätten die Jugendlichen in der Regel schon eine recht genaue Vorstellung davon gehabt, in welche Richtung sie gehen wollten. „Jetzt, in den zehnten Klassen, sind sie viel unsicherer.“ Außerdem gingen die wenigsten direkt nach dem Abi an die Uni. Der Abstand zum Erlernten steige also: „Klar, das macht sich dann bemerkbar“, meint Haaß.

Rahmenbedingungen schlechter

Im Übrigen kann er zumindest für seine Schule eine „Einser-Inflation“ in keiner Weise bestätigen. 2020 habe es ebenso wie 2022 am JGG eine Person mit 1,0 gegeben, 2021 waren es zwei. Und das „Einser-Abitur“ zwischen 1,0 und 1,9 schafften vor drei Jahren 15, vor zwei Jahren elf und vor einem Jahr 20 Schülerinnen und Schüler. Einen Trend kann Haaß da nicht erkennen. Auch von anderen Schulen in der Stadt sind ihm „keine signifikanten Überraschungen bekannt“. Ohnehin liege Mannheim „im Vergleich zum Landesmittel eher etwas schlechter“, weil viele Schülerinnen und Schüler hier „nicht die besten Rahmenbedingungen haben“.

Neben den 1008 Mannheimer Schülern an allgemeinbildenden starten weitere 281 an beruflichen Gymnasien. Sie haben aber etwas mehr Zeit. Das schriftliche Abi beginnt erst am Freitag – mit Spanisch. Für alle wird es am 24. April ernst, wenn die Prüfungen in den Profilfächern folgen. Deutsch-Klausuren sind flächendeckend am 26. April, Mathematik steht am 3. Mai an.

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim. Schwerpunkte: Schulen und Kitas

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